Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
a) Allgemeines
Rz. 257
Die gesetzliche Grundregel des § 715 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F. (vormals: § 709 Abs. 1 BGB a.F.) sieht vor, dass Gesellschafter die Geschäfte der Gesellschaft gemeinschaftlich führen. Besonderen Raum für Regelungen zu Gesellschafterbeschlüssen hat das BGB folgerichtig nicht vorgesehen. Ein Beschluss über eine Geschäftsführungsmaßnahme, sonstige Gesellschaftsangelegenheiten oder Änderungen des Gesellschaftsvertrages müssen nach der gesetzlichen Grundregel schlicht von allen Gesellschaftern getragen werden, sodass, gleich wie, die Zustimmung aller herbeizuführen ist. Das MoPeG bringt gleichwohl einige Präzisierungen. Nach § 715 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. erstreckt sich die Befugnis zur Geschäftsführung auf alle Geschäfte, die die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr gewöhnlich mit sich bringt. Zur Vornahme von Geschäften, die darüber hinausgehen, ist nach § 715 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. ein Beschluss aller Gesellschafter erforderlich. Die Vorschrift regelt den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis vor dem Hintergrund ihrer Ausgestaltung als Einzel- oder Gesamtgeschäftsführungsbefugnis. Der Vorschrift liegt eine Zweiteilung in gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte zugrunde. Diese Unterscheidung dient dem Schutz derjenigen Gesellschafter, die abweichend vom gesetzlichen Regelfall von der Geschäftsführungsbefugnis ausgeschlossen sind. Es soll vermieden werden, dass das von ihrer Gesellschaft getragene Unternehmen ohne ihr Zutun in seinem Zuschnitt wesentlich verändert wird. Außergewöhnliche Geschäfte bedürfen deshalb der Zustimmung auch der nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschafter. § 714 BGB n.F. enthält erstmals eine Regelung zur Beschlussfassung. Danach bedürfen Gesellschafterbeschlüsse der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter. Damit statuiert das MoPeG den (dispositiven) Einstimmigkeitsgrundsatz. Weiteren Regelungen enthält sich das MoPeG. Insb. ist eine Gesellschafterversammlung als Organ der GbR vom Gesetz weiterhin nicht als Regelfall vorgesehen. Da das Binnenrecht der GbR dispositiv ist (§ 708 BGB n.F.), können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag selbstverständlich festlegen, dass Beschlüsse in Gesellschafterversammlungen – und zwar auch im virtuellen Format – gefasst werden. Auch auf eine allgemeine Regelung eines Stimmverbots hat der Gesetzgeber des MoPeG bewusst verzichtet.
b) Mehrheitsentscheidungen
Rz. 258
Die Frage nach besonderen Regelungen zu Gesellschafterbeschlüssen tritt folgerichtig v.a. in den Fällen auf, in denen unter den Gesellschaftern vereinbart wurde, über bestimmte Gegenstände gesellschaftlicher Angelegenheiten durch Beschluss einer bestimmten Mehrheit der Gesellschafter zu entscheiden. Diese Mehrheitsbeschlüsse sind es, die besonderer vertraglicher Regelung bedürfen. Mehrheitsklauseln sind nach dem MoPeG weiterhin zulässig. Die Regelung des § 714 BGB n.F., wonach Gesellschafterbeschlüsse der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter bedürfen, ist dispositiv (§ 708 BGB n.F.). Die Reichweite von Mehrheitsklauseln sollte allerdings im Gesellschaftsvertrag klar geregelt sein. Die noch im Mauracher Entwurf enthaltene Regelung, wonach im Zweifel anzunehmen sein sollte, dass Mehrheitsklauseln für alle Beschlüsse gelten (§ 714 Satz 2 BGB-E) ist nicht Gesetz geworden. Die Stimmkraft und der Anteil am Gewinn richten sich nicht mehr nach Köpfen, sondern vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen (§ 709 Abs 3 BGB n.F.).
c) Gegenstände gesellschaftsrechtlicher Beschlussfassung
Rz. 259
Bei der Frage danach, wie Gesellschafterbeschlüsse zu behandeln und ob sie überhaupt zulässig sind, ist nach ihrem jeweiligen Gegenstand zu unterscheiden. Es können dabei entsprechend der bisherigen Kautelarpraxis drei Kategorien von Entscheidungsgegenständen unterschieden werden.
aa) Geschäftsführungsangelegenheiten
Rz. 260
Beschlussfassungen in Geschäftsführungsangelegenheiten können sowohl dann zu fällen sein, wenn sich die Gesellschaft eine Gesamtgeschäftsführung mit Mehrheitsprinzip gegeben hat, als auch dann, wenn sie die Beschlussfassung über bestimmte, regelmäßig in besonderer Art hervorgehobene Geschäftsführungsangelegenheiten allen Gesellschaftern vorbehalten hat. Von letzterer Variante wird in Anlehnung an die Handelsgesellschaften oftmals dergestalt Gebrauch gemacht, dass bestimmte Kataloge von Geschäften, die sich durch ihre Art, ihre Dauerhaftigkeit oder ihren Wert im Einzelfall besonders herausheben, vor Vornahme der Zustimmung der einfachen oder qualifizierten Mehrheit der Gesellschafter bedürfen. Nach der disp...