Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1409
Mitglieder einer Vereinigung können Gesellschaften i.S.d. heutigen Art. 54 Abs. 2 AEUV sein. In Deutschland kämen also bspw. auch Partnerschaftsgesellschaften als Mitglieder einer EWIV in Betracht. Diesen Gesellschaften gleichgestellt sind andere juristische Einheiten des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts.
Beispiele
Gemeinnützige Unternehmen, die keinen Erwerbszweck verfolgen, Idealvereine oder Anstalten des öffentlichen Rechts.
Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden sein und ihren satzungsmäßigen oder gesetzlichen Sitz und ihre Hauptverwaltung in der Gemeinschaft haben müssen. Mitglieder einer Vereinigung können weiterhin natürliche Personen sein, die eine gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche, landwirtschaftliche oder freiberufliche Tätigkeit in der Gemeinschaft ausüben oder dort andere Dienstleistungen erbringen (Art. 4 Abs. 1 EWIV-VO). Bei diesen natürlichen Personen könnte es sich auch z.B. um mehrere Familienmitglieder handeln. Diese natürlichen Personen müssen zwar nicht Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates, jedoch in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sein. Alle diese mitgliedsfähigen Personen genießen die europaweite Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit.
Rz. 1410
Eine Vereinigung muss aus mindestens zwei solchen Mitgliedern bestehen. Zudem müssen im Kreise der Mitglieder mindestens zwei verschiedene Mitgliedstaaten repräsentiert sein (obligatorische Mehrstaatlichkeit). D.h., die Vereinigung muss entweder aus mindestens zwei solchen Gesellschaften oder anderen juristischen Einheiten bestehen, die ihre jeweiligen Hauptverwaltungen in verschiedenen Mitgliedstaaten haben. Ferner kann sie auch aus mindestens zwei solchen natürlichen Personen bestehen, die ihre jeweiligen Haupttätigkeiten in verschiedenen Mitgliedstaaten ausüben. Schließlich kann die Vereinigung aus mindestens einer solchen Gesellschaft oder einer solchen anderen juristischen Einheit und einer solchen natürlichen Person bestehen, wobei die Gesellschaft oder die andere juristische Einheit ihre Hauptverwaltung in einem Mitgliedstaat hat und die natürliche Person ihre Haupttätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt (Art. 4 Abs. 2 EWIV-VO).
Da es für die obligatorische Mehrstaatlichkeit auf den tatsächlichen Verwaltungssitz ankommt, könnte auch z.B. eine aus Italien nach Spanien gezogene Gesellschaft, die in Italien im dortigen Gesellschaftsregister eingetragen bleibt, mit einer in Italien ansässigen Gesellschaft zusammen eine EWIV bilden. Beide Gesellschaften wären zwar in Italien gegründet und blieben dort auch eingetragen, hätten ihren jeweiligen tatsächlichen Verwaltungssitz jedoch in zwei verschiedenen Staaten, nämlich in Italien und in Spanien.
Rz. 1411
Personen oder Institutionen aus Drittstaaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums können als sog. "assoziierte" Mitglieder in eine EWIV aufgenommen werden, werden als solche aber nicht in das Handelsregister eingetragen, haften nicht im Außenverhältnis und besitzen kein förmliches Stimmrecht. Sie können allerdings im Innenverhältnis eine Haftung übernehmen und auf den Mitgliederversammlungen sprechen, informieren und Meinungen bilden. Sie können sich natürlich auch über eine in einem EU-Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft an einer EWIV beteiligen.
Rz. 1412
Ein Mitgliedstaat kann vorsehen, dass die in seinen nationalen Registern eingetragenen Vereinigungen nicht mehr als 20 Mitglieder haben dürfen. Zu diesem Zweck kann der Mitgliedstaat vorsehen, dass in Übereinstimmung mit seinen Rechtsvorschriften jedes Mitglied einer nach seinen Rechtsvorschriften gebildeten rechtlichen Einheit, die keine eingetragene Gesellschaft ist, als Einzelmitglied der Vereinigung behandelt wird (Art. 4 Abs. 3 EWIV-VO).
Rz. 1413
Jeder Mitgliedstaat ist ermächtigt, bestimmte Gruppen von natürlichen Personen, Gesellschaften und anderen juristischen Einheiten aus Gründen seines öffentlichen Interesses von der Beteiligung an einer Vereinigung auszuschließen oder diese Beteiligung Einschränkungen zu unterwerfen (Art. 4 Abs. 4 EWIV-VO).
Beispiele
Staatlich besonders beaufsichtigte Unternehmen wie Banken und Versicherungsunternehmen.
Die Übertragung der Mitgliedschaft sowie die Neuaufnahme von Mitgliedern bedarf der Zustimmung der übrigen Mitglieder (Art. 22 und 26 EWIV-VO).
Hinweis
Die EWIV wird somit nur von solchen Personen als Rechtsform in Betracht gezogen werden, die als solche Mitglieder einer EWIV sein können, und die in ihrer Gesamtheit in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind. Eine genuin supranationale europäische Rechtsform wird nur für Personen mit einem echten europäischen Vorhaben interessant sein. Der Kreis der Mitglieder ist persönlich geprägt. Die Rechtsform eignet sich also für persönliche Arbeitsgemeinschaften, die von der Gemeinschaft der Mitglieder getragen werden. Zumindest die Gründungsmitglieder einer EWIV sollten sich vor der Gründung besser schon eine Zeit lang gekannt haben. Dieses personengesellsch...