Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
aa) Prinzip der Selbstorganschaft
Rz. 222
Im Recht der Personengesellschaften gilt das Prinzip der Selbstorganschaft, wonach nur Gesellschafter Geschäftsführer der Gesellschaft sein können und folgerichtig auch nur Gesellschafter zur gesetzlichen Vertretung ermächtigt sind. Einem Dritten können zwar rechtsgeschäftlich Vertretungsmacht- und Geschäftsführungsbefugnis übertragen werden, gleichwohl bleibt die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht auf die Gesellschafter beschränkt. Das MoPeG hält am Grundsatz der Selbstorganschaft für das gesamte Personengesellschaftsrecht fest.
Insoweit unterscheiden sich die Personengesellschaften wesentlich von den Kapitalgesellschaften, die Fremdgeschäftsführer kennen. Hat ein Dritter durch Vollmacht Geschäftsführungsbefugnisse übertragen bekommen, richten sich diese nicht nach den §§ 715 ff. BGB, sondern vielmehr nach dem Inhalt der rechtsgeschäftlich getroffenen Vereinbarungen. Vollmachtstypisch kann diese dem Fremdgeschäftsführer ohne eigenes Zutun entzogen werden. Legen die Gesellschafter Wert auf einen Fremdgeschäftsführer, kommt somit nur die Aufnahme einer GmbH in den Gesellschafterkreis in Betracht, der alsdann die Geschäftsführung übertragen wird. Anerkannt war auch bereits nach bislang geltendem Recht, dass entsprechend den Regelungen der Personenhandelsgesellschaften bei der GbR im Liquidationsstadium einem Gesellschaftsfremden die Aufgabe des Liquidators übertragen werden kann. Seit Inkrafttreten des MoPeG bestimmt § 736 Abs. 4 Satz 1 BGB n.F. ausdrücklich, dass durch Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss der Gesellschafter neben den Gesellschaftern auch andere Personen zu Liquidatoren berufen werden können. Allerdings bleibt gem. § 736 Abs. 4 Satz 2 BGB n.F. das Recht, einen solchen Liquidator nach § 736a Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. abzuberufen, unberührt.
bb) Umfang der Geschäftsführungsbefugnis
Rz. 223
Der Umfang der Geschäftsführungsbefugnis wird primär durch den Gesellschaftszweck bestimmt. Alle Maßnahmen, die nicht Grundlagengeschäft sind und der Zweckverwirklichung zu dienen geeignet sind, sind von der Geschäftsführungsbefugnis umfasst. I.d.R. wird es sich empfehlen, im Gesellschaftsvertrag der GbR ausdrücklich vorzusehen, welche Maßnahmen der Geschäftsführung unterfallen sollen, soweit sich dies aus dem Zweck der Gesellschaft nicht ohnehin ableiten lässt. Fragen können immer dann auftreten, wenn Geschäftsführungsaufgaben ausdrücklich genannt sind, sich diese allerdings nicht mit dem Gesellschaftszweck decken. Es muss dann geklärt werden, ob sich daraus eine Änderung des Zwecks oder aus dem Zweck eine Verpflichtung zur Änderung der genannten Geschäftsführungsaufgaben ergibt.
cc) Geschäftsführungsberechtigung und -verpflichtung
Rz. 224
Bei der GbR ergibt sich die Berechtigung und die korrespondierende Verpflichtung zur Geschäftsführung aus dem Gesellschaftsverhältnis selbst. Als originäre gesellschaftsrechtliche Berechtigung kann ein Ausschluss der Geschäftsführungsbefugnis nicht im Wege des Beschlusses, sondern grds. nur durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen geregelt werden. So sieht § 715 Abs. 5 BGB n.F. (vormals: § 712 Abs. 1 BGB a.F.) die Möglichkeit zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nur aus wichtigem Grund vor. Bei Minderjährigen wird die Befugnis durch den gesetzlichen Vertreter wahrgenommen. Mit der Berechtigung zur Geschäftsführung korrespondiert die entsprechende Verpflichtung. Dies stellt § 715 Abs. 1 BGB n.F. ausdrücklich klar, ergibt sich aber auch bereits daraus, dass gesetzlich eine Gesamtgeschäftsführung aller Gesellschafter vorgesehen ist (§ 715 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F., vormals: § 709 Abs. 1 BGB a.F.). Die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks wäre ausgeschlossen, ergäbe sich aus dem Gesellschaftsverhältnis nicht eine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Geschäftsführung. Auch insoweit ist allerdings eine abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung möglich.