Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 157
Voraussetzung der Haftung der Gesellschafter einer GbR ist zunächst, dass eine wirksame Verbindlichkeit der Gesellschaft selbst besteht. Spätestens seit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR ist zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und deren Gesellschaftern zu unterscheiden. Der durch das MoPeG eingeführte § 713 BGB n.F. weist nunmehr die für die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten explizit dem Vermögen der Gesellschaft zu (Einzelheiten s.o. Rdn 48). Dabei spielt es zunächst keine Rolle, wer Gläubiger der Gesellschaftsverbindlichkeit ist. So ist es insb. auch möglich, dass durch Rechtsgeschäft oder auf gesetzlicher Grundlage ein Mitgesellschafter Gläubiger der Gesellschaft und damit auch der anderen Gesellschafter wird.
Zu differenzieren ist hier zwischen Drittansprüchen und Sozialansprüchen. Bei Ersteren tritt der Mitgesellschafter der Gesellschaft wie ein fremder Dritter ggü.; bei Letzteren handelt es sich um Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis selbst. Für diese letztgenannten Ansprüche greift nicht die akzessorische Gesellschafterhaftung, diese sind allein durch das Innenrecht der Gesellschaft bestimmt. Daraus ergibt sich zwingend die Antwort auf die Frage, warum über die Anwendung akzessorischer Gesellschafterhaftung bei Innengesellschaften nicht nachgedacht werden muss und kann. Gesellschaften, die keine Außenbeziehungen zu Dritten entwickeln, können keine eigenen Gesellschaftsverbindlichkeiten begründen.
Rz. 158
Um eine Gesellschaftsverbindlichkeit handelt es sich ferner dann nicht, wenn sich der Gesellschafter aufgrund eigenen Versprechens einem Gesellschaftsgläubiger ggü. verpflichtet hat, sei es auch für Verbindlichkeiten, für die auch die Gesellschaft einzustehen hat. Verbürgt sich bspw. ein Gesellschafter für eine Gesellschaftsschuld, so hat die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft mit seiner Gesellschafterhaftung nichts zu tun. Dies kann im Einzelfall zu einer Vervielfältigung etwaiger Haftungsansprüche gegen die Gesellschafter führen, insb. dann, wenn ein Gesellschafter entweder durch rechtsgeschäftliche Sonderverpflichtung oder durch persönliches Verschulden Schuldner einer auch gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung wird.
Rz. 159
Dass die Gesellschaft für rechtsgeschäftlich in ihrem Namen begründete Verbindlichkeiten einzustehen hat, versteht sich praktisch von selbst. Problematisch ist die Haftung der Gesellschaft für sonstige Verbindlichkeiten, die die (geschäftsführenden) Gesellschafter im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft auslösen. Leistungsstörungsansprüche der Gläubiger der Gesellschaft lassen sich aufgrund der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft (§§ 705 Abs. 2 Alt. 1, 713 BGB n.F.) unproblematisch entweder aus § 278 BGB oder entsprechender Anwendung des § 31 BGB herleiten.
Schwieriger ist die Zurechnung einer i.R.d. Tätigwerdens für die Gesellschaft entstandenen Anspruchs aus unerlaubter Handlung. Die GbR als solche ist selbstverständlich nicht deliktfähig, handeln kann sie nur durch ihre Organe. Das Verhalten solcher natürlicher Personen ist ihr aber nach § 31 BGB analog zuzurechnen.
Ist die Gesellschaft selbst ungerechtfertigt bereichert, sind die Zuwendungen also in das Gesellschaftsvermögen direkt geflossen, dann haftet diese auch für die etwaige Forderung des Entreicherten. Gleiches gilt für sozialversicherungsrechtliche Verbindlichkeiten, da die rechtsfähige Gesellschaft möglicher Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Sinne ist. Schließlich kommt auch eine Haftung aus Gefährdungshaftung und Halterhaftung nach dem StVG in Betracht, da mit der Rechtsfähigkeit der GbR auch deren Haltereigenschaft nicht mehr infrage gestellt werden kann.