Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 293
Nach der Bestimmung des § 717 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. steht jedem Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft das Recht zu, die Unterlagen der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen Auszüge anzufertigen. Nach § 717 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. kann er ergänzend von der Gesellschaft Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen. Das Recht richtet sich dabei grds. auf persönliche Einsichtnahme, nicht jedoch darauf, dass die geschäftsführenden Gesellschafter aktiv an der Verwirklichung der Kontrollrechte mitwirken müssten. Eine solche Mitwirkungspflicht wird nur in den Fällen angenommen, in denen sich aus den Unterlagen keine klaren Erkenntnisse über die Angelegenheiten der Gesellschaft gewinnen lassen.
Rz. 294
Der Begriff der Gesellschaftsangelegenheiten ist sehr weit zu verstehen. Er umfasst dabei nicht nur den Stand der laufenden Geschäfte der Gesellschaft, sondern darüber hinaus auch Informationen, die bspw. die Reputation, die Beziehungen der Gesellschaft, den etwa vorhandenen Goodwill o.Ä. berühren. Dazu gehören auch Informationen, die einzelne Gesellschafter betreffen, wenn diese für die Gesellschaft von Bedeutung sind. So können Qualifikationen eines geschäftsführenden Gesellschafters ebenso von Interesse sein wie etwaige Bezüge, die ein geschäftsführender Gesellschafter aktuell erhält oder die ihm versprochen sind. Leichter als einen Positivkatalog lässt sich die Abgrenzung dahingehend negativ treffen, dass nur solche Angelegenheiten vom Informations- und Auskunftsanspruch ausgenommen sind, die ausschließlich persönliche Angelegenheiten der Mitgesellschafter betreffen. Dass dies im Einzelfall sehr weitgehend sein kann, zeigt sich schon daran, dass bspw. ehevertragliche Vereinbarungen eines Gesellschafters im Hinblick auf die Unterwerfung des Gesellschaftsanteils unter den Zugewinnausgleich für die Mitgesellschafter nicht unerhebliche Bedeutung haben können.
Rz. 295
Umstritten ist, inwieweit Informationsrechte bei konzernmäßig verbundenen Personengesellschaften bestehen. Die dazu vorliegende Rspr. des BGH ist unergiebig. Da ein direkter Anspruch gegen die konzernmäßig verbundenen Gesellschaften nicht besteht, kommt ein entsprechender Anspruch nur gegen die Gesellschaft selbst in Betracht, sodass Gegenstand etwaiger Auskunftsrechte nur dasjenige sein kann, was die Gesellschaft selbst i.R.d. ihr etwa aus der konzernmäßigen Verbindung zustehenden Auskunftsanspruchs erfahren kann.
Rz. 296
Die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher ist hinsichtlich der Art und Weise sowie der zeitlichen und örtlichen Voraussetzungen nach den Verhältnissen der Gesellschaft zu bestimmen. Hat die Gesellschaft einen Geschäftsbetrieb mit eingerichteten Geschäftsräumen, so hat sie während der Geschäftszeiten in den Geschäftsräumen zu erfolgen. Liegen solche Voraussetzungen nicht vor, bestimmen sich die entsprechenden Voraussetzungen anhand der tatsächlichen Verhältnisse. Einen Anspruch, sämtliche Unterlagen übersandt zu bekommen, hat der Gesellschafter nicht. Soweit es die Angelegenheiten aufgrund ihres Schwierigkeitsgrades erfordern, besteht für den Gesellschafter die Möglichkeit, einen sachverständigen Dritten hinzuzuziehen, wobei in der Person des Sachverständigen die Gewährleistung dafür gegeben sein muss, dass etwaige Verschwiegenheitserfordernisse erfüllt werden. Eine vollständige Übertragung des Einsichtsrechts auf Dritte kommt allerdings nicht in Betracht, sodass der hinzugezogene Berater immer nur Hilfsperson sein darf.
Rz. 297
Besondere Gründe für die Einsichtnahme muss der Gesellschafter nicht vortragen. Gesichtspunkte von Treu und Glauben können nur ganz ausnahmsweise zur Verweigerung der Einsichtnahme führen. Dies kann dann der Fall sein, wenn sie zeitlich nicht opportun ist, z.B. gleichzeitig eine Außenprüfung des Finanzamts läuft oder erhebliche Bedenken in der Person des Gesellschafters dagegen sprechen, bspw. ein Wettbewerbsverstoß droht. Ein vollständiger Ausschluss des Kontrollrechts ist damit allerdings nicht verbunden, allenfalls eine Einschränkung auf nicht sensible Gegenstände bzw. Verweisung auf einen zeitlich anderen Termin. Die fortwährende Geltendmachung der Kontrollrechte kann allerdings unzulässige Rechtsausübung i.S.v. Schikane sein, sodass auch insoweit eine Einschränkung der Rechte aus § 717 Abs. 1 BGB n.F. in Betracht kommt.