Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 382
Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer GbR zu dessen Lebzeiten kann strukturell zwei verschiedene Ursachen haben.
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Zum einen kann das Ausscheiden auf einer Auflösung der Gesellschaft insgesamt beruhen. |
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Zum anderen ist auch ein alleiniges Ausscheiden eines Gesellschafters denkbar. |
aa) Ausscheidungsvereinbarung
Rz. 383
Ebenso wie die Gesellschafter vertraglich die Aufnahme eines neuen Gesellschafters vereinbaren können, kann auch ein Vertrag über den Austritt geschlossen werden. Für eine entsprechende vertragliche Regelung gelten die allgemeinen Bestimmungen. In der Ausscheidungsvereinbarung sollten die Gesellschafter auch die Frage eines etwaigen Abfindungsentgelts klären, um insoweit keine Streitigkeiten aufkommen zu lassen.
Rechtsfolge des Ausscheidens ist die Anwachsung des Vermögensanteils des ausscheidenden Gesellschafters bei den übrigen Gesellschaftern (§ 712 Abs. 1 BGB n.F.). Hinsichtlich der Haftung gelten grds. die vorstehend dargestellten Regeln bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils (Rdn 351 f.). Allerdings steht es den Gesellschaftern untereinander frei, Haftungsfreistellungserklärungen u.Ä. zu vereinbaren.
bb) Gesellschaftsvertragliche Regelung über das Ausscheiden
Rz. 384
Bereits vor Inkrafttreten des MoPeG konnte im Gesellschaftsvertrag einer GbR geregelt werden, dass bei der Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Gesellschafter, der Insolvenz eines Gesellschafters und bei Tod nicht die nach den §§ 723–725, 727, 728 BGB a.F. vorgesehene Folge der Auflösung der Gesellschaft eintrat, sondern diese nur das Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters nach sich zog. Damit bei Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Gesellschafter oder der Insolvenz eines Gesellschafters diese nicht in das Liquidationsstadium wechselte, sondern entsprechend den Regelungen zu den Personenhandelsgesellschaften Konsequenzen nur beim betroffenen Gesellschafter eintraten, bedurfte es also einer gesellschaftsvertraglichen Regelung, die sich jedenfalls bei Dauergesellschaften dringend empfahl. Nach dem durch das MoPeG (s. unter Rdn 25 ff.) vollzogenen Leitbildwechsel von der Gelegenheitsgesellschaft zur Dauergesellschaft wurden die bislang zur Auflösung der Gesellschaft führenden Gründe der Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Gesellschafter (§§ 723, 724 BGB a.F.) oder durch einen Pfändungspfandgläubiger (§ 725 BGB a.F.), des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB a.F.) sowie der Eröffnung des Insolvenzerfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (§ 728 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.), in Gründe für das Ausscheiden des Gesellschafters umgewandelt (§ 723 Abs. 1 BGB n.F.).
Hinweis
Nach der Übergangsvorschrift in Art. 229 § 61 EGBGB sind die §§ 723–728 BGB in der vor dem 1.1.2024 geltenden Fassung mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarung weiter anzuwenden, wenn ein Gesellschafter bis zum 31.12.2024 die Anwendung dieser Vorschriften gegenüber der Gesellschaft schriftlich verlangt, bevor innerhalb dieser Frist ein zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters führender Grund eintritt. Das Verlangen kann durch einen Gesellschafterbeschluss zurückgewiesen werden.