Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 919
Von dem originären Erwerb eines Gesellschaftsanteils durch Beitritt zu unterscheiden ist der derivative Erwerb einer bestehenden Beteiligung im Wege der Abtretung. Eine solche ist im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen unmittelbar möglich. Verpflichtungs- und Übertragungsvertrag werden nur zwischen dem Veräußerer (bisheriger Gesellschafter) und Erwerber (neuer Gesellschafter) ohne Beteiligung der anderen Gesellschafter oder der KG geschlossen.
Rz. 920
Die Übertragung bedarf zu ihrer Wirksamkeit – vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung – der Zustimmung aller anderen Gesellschafter. Die Teilabtretung von Gesellschaftsanteilen bedarf einer ausdrücklichen Zulassung im Gesellschaftsvertrag.
Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft bedarf hingegen grds. nicht der Zustimmung der anderen Gesellschafter.
Rz. 921
Die Zustimmung kann bereits im Voraus im Gesellschaftsvertrag für alle oder bestimmte Übertragungen (z.B. an Mitgesellschafter, Angehörige etc.) oder im Einzelfall durch Gesellschafterbeschluss (auch durch Mehrheitsbeschluss, sofern ausdrücklich gesellschaftsvertraglich geregelt) erteilt werden.
Rz. 922
Sowohl der dingliche als auch der schuldrechtliche Übertragungsvertrag sind grds. form- und genehmigungsfrei. Wenn die Gesellschaft ein Erwerbsgeschäft betreibt, bedarf die Übertragung eines Kommanditanteils an einen Minderjährigen auch dann der familiengerichtlichen Genehmigung, wenn der Anteil voll einbezahlt und/oder die Übertragung unentgeltlich ist, so nunmehr die ausdrückliche gesetzliche Regelung in § 1852 Nr. 1 lit. b) BGB (beim Handeln der Eltern i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB; beim Handeln eines Ergänzungspflegers i.V.m. § 1813 BGB; beim Handeln eines Vormunds i.V.m. § 1799 Abs. 1 BGB).
Rz. 923
Inhaltlich sollten in den Veräußerungs- und Übertragungsvertrag v.a. Regelungen über den Zeitpunkt der dinglichen und schuldrechtlichen Übertragung, die Ergebnisbeteiligung für das laufende Geschäftsjahr, den Kaufpreis, die Gewährleistung und Haftung des Veräußerers sowie die Kosten der Handelsregisteranmeldung getroffen werden.
Rz. 924
Bei der Übertragung des Gesellschafteranteils gehen alle Rechte und Pflichten des veräußernden Gesellschafters auf den neuen Gesellschafter über. Dazu gehören zwingend die nicht abspaltbaren Mitgliedschaftsrechte und -pflichten wie Stimmrecht, Informationsrechte etc. Über Vermögensrechte, die selbstständig übertragen werden können, können die Parteien etwas anderes vereinbaren. Der Erwerber erlangt also die Rechtsstellung, die auch der Veräußerer hatte, allerdings nicht diesem zustehende höchstpersönliche Rechte.
Der Anteil am Jahresergebnis bei Anteilsübertragung während des laufenden Geschäftsjahres gebührt dem Veräußerer und dem Erwerber mangels anderweitiger Vereinbarung zeitanteilig (§ 101 Nr. 2 BGB). Der Anspruch ggü. der Gesellschaft auf Auszahlung entsteht jedoch erst mit dem Feststellungsbeschluss über den Jahresabschluss. Da dieser regelmäßig erst nach Anteilsübertragung gefasst wird, sollten vertragliche Bestimmungen zur Erstattung eines entsprechenden Gewinnanteils vom Käufer an den Veräußerer (bzw. Minderung des Kaufpreises bei Verlust) getroffen werden. Steuerrechtlich wird das Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres i.d.R. zeitanteilig zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber geteilt.
Rz. 925
Den Übergang der Forderungen des bisherigen Gesellschafters gegen die KG aus dem Gesellschaftsverhältnis (Sozialverbindlichkeiten) können die Parteien frei vereinbaren. Mangels einer solchen Vereinbarung gehen im Zweifel nur diejenigen Sozialverbindlichkeiten über, die beim Vertragsschluss aus dem Rechenwerk der KG erkennbar sind.
Rz. 926
Der veräußernde Gesellschafter haftet nach Maßgabe und innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 137 HGB (fünf Jahre ab Eintragung des Ausscheidens) für die zur Zeit der Mitgliedschaftsübertragung (das muss nicht der Eintragungszeitpunkt sein) bereits begründeten Verbindlichkeiten nach § 126 HGB (Komplementär) bzw. §§ 171, 172 HGB (Kommanditist) weiter. Im Innenverhältnis kann eine Freistellungsverpflichtung durch den Erwerber vereinbart werden. Die Nachhaftung für Schadensersatzansprüche wurde durch das MoPeG begrenzt auf den Fall, dass die anspruchsbegründende Pflichtverletzung vor dem Ausscheiden des Gesellschafters eingetreten sein muss (es reicht also nicht aus, dass das Rechtsverhältnis, in dem die Pflichtverletzung begangen wurde, vor dem Ausscheiden begründet war).
Rz. 927
Der Gesellschafterwechsel ist beim Handelsregister anmelde- und eintragungspflichtig, bei Übertragung einer Kommanditbeteiligung mit dem sog. Nachfolgevermerk. I.Ü. wird auf die Ausführungen zur Handelsregisteranmeldung und -eintragung bei Gründung der Gesellschaft und Eintritt neuer Gesellschafter verwiesen (Rdn 641 ff., 911).