Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 809
Komplementär- und Kommanditbeteiligungen an gewerblich tätigen KGs werden (ebenso wie Betriebsvermögen von Einzelunternehmen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften über 25 %) unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit.
Rz. 810
Die nunmehr in den §§ 13a–13c, 19a, 28, 28a ErbStG geregelte Verschonung betrieblicher Vermögenswerte hat sich zu einer rechtstechnisch sehr komplizierten Sondermaterie entwickelt. Die richtige Steuerung der zahlreichen für die Steuerverschonung maßgeblichen Parameter ist insbesondere für den (zeitlich nicht vorhersehbaren) Erbfall kaum möglich, so dass die vorweggenommene Erbfolge nochmals deutlich an Gewicht gewinnt.
Rz. 811
Das geltende Erbschaftsteuerrecht bezeichnet die Vermögenswerte, für die eine Steuerverschonung nach den §§ 13a ff. ErbStG in Betracht kommt, zunächst als begünstigungsfähiges Vermögen. Aus diesem Vermögen wird im zweiten Schritt das sog. Verwaltungsvermögen ausgesondert.
Zum Verwaltungsvermögen zählen nach § 13b Abs. 4 ErbStG insb.:
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fremdvermietete Grundstücke; Ausnahmen gelten auch für Fälle der Betriebsaufspaltung, Betriebsverpachtung sowie für Nutzungsüberlassung innerhalb eines Konzerns. |
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Anteile an Kapitalgesellschaften bei unmittelbarerer Beteiligung bis zu 25 %; |
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Wertpapiere und vergleichbaren Forderungen sowie |
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Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, Yachten etc., wenn die Herstellung mit diesen Gegenständen oder deren Verarbeitung oder Vermietung nicht Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist. |
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Finanzmittel, die jedoch vorab mit Schulden zu verrechnen und um einen unschädlichen "Sockelbetrag" (15 % des gemeinen Wertes des Betriebsvermögens) zu verringern sind. |
Unter Umständen kann über die sog. Investitionsklausel des § 13b Abs. 5 ErbStG auch noch nach dem Erbfall Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen umgeschichtet werden, wofür die gesetzlichen Anforderungen allerdings recht streng sind.
Rz. 812
Ferner werden – und zwar in mehrstufigen Strukturen für jede Beteiligungsebene gesondert – so genannte "Töpfe" für das sog. "junge Verwaltungsvermögen" und "junge Finanzmittel" gebildet, bezüglich derer insbesondere eine Schuldenverrechnung ausgeschlossen ist. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass im Hinblick auf eine anstehende Betriebsübergabe private Vermögenswerte kurzfristig in das Betriebsvermögen hineinverschoben werden.
Die Schulden des Betriebes werden dann anteilig auf das Verwaltungsvermögen und das begünstigte Vermögen verteilt. Das nach Abzug der anteiligen Schulden verbleibende Verwaltungsvermögen wird zu einem Anteil von 10 % als "unschädlich" behandelt und daher mit begünstigt. Das verbleibende Netto-Verwaltungsvermögen sowie das junge Verwaltungsvermögen und die jungen Finanzmittel werden insgesamt nicht begünstigt und unterliegen der normalen Erbschaftsteuer.
Rz. 813
Das nach Abzug dieser Posten verbleibende begünstigte Vermögen wird zunächst bei sog. Familienunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen um bis zu 30 % im Wert reduziert (§ 13b Abs. 9 ErbStG). Der verbleibende Wert unterliegt dem sog. Verschonungsabschlag von 85 % (Regelverschonung) bzw. 100 % (Optionsverschonung). Die Optionsverschonung kommt nach § 13a Abs. 10 ErbStG nur in Frage, wenn der Betrieb einen gesondert ermittelten Anteil des Verwaltungsvermögens nicht übersteigt. Zwischen der Regelverschonung und der Verschonungsoption besteht eine Wahlmöglichkeit. Wird keine entsprechende Erklärung abgegeben, kommt die Regelverschonung zur Anwendung. Die Erklärung kann bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung, also z.B. auch noch während eines finanzgerichtlichen Verfahrens abgegeben werden; ein Widerruf ist jedoch nicht möglich. Ist unsicher, ob die strengen Voraussetzungen für die Optionsverschonung erfüllt werden, sollte daher zunächst keine Option erklärt werden und die weitere Entwicklung während des Besteuerungsverfahrens (das Jahre dauern kann) beobachtet werden.
Rz. 814
Für sog. Großerwerbe mit einem begünstigten Vermögen ab 26 Mio. EUR ist das vorgenannte Verschonungsmodell nicht mehr anwendbar. Anstelle dessen entsteht für den Steuerpflichtigen ein weiteres Wahlrecht:
Er kann das sog. Abschmelzungsmodell wählen (§ 13c ErbStG), bei dem der prozentuale Verschonungsabschlag bei einem Erwerb über 26 Mio. EUR stufenweise reduziert wird und ab 90 Mio. EUR komplett versagt wird (wobei das Modell bereits bei einem begünstigten Vermögen ab ca. 51 Mio. EUR für den Steuerpflichtigen uninteressant ist). Alternativ kann er das Erlassmodell nach § 28a ErbStG wählen, wonach die Steuer erlassen wird, soweit sie nicht aus dem "verfügbaren Vermögen" bezahlt werden kann. Als verfügbares Vermögen gilt die Hälfte des Privatvermögens des Erben und des nicht begünstigten (Verwaltungs-)vermögens, bezogen auf das Vermögen des Erben zur Zeit des Erbfalles, auf das mit dem Erbfall übergegangene Vermögen und auf Erwerbe innerhalb von 10 Jahren nach dem Erbfall.
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