Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1420
Die Verordnung sieht vor, dass das Ergebnis der Tätigkeit der Vereinigung nur bei den Mitgliedern zu besteuern ist (Art. 40 EWIV-VO). Der Verordnungsgeber hat sich also für das Transparenz- oder Mitunternehmerprinzip entschieden. Aus diesem Grund kann auf der Ebene der EWIV keine Körperschaftsteuer anfallen, wohl aber auf der Ebene der Mitglieder Einkommen- oder Körperschaftsteuer, je nachdem, ob es sich bei dem betreffenden Mitglied um eine natürliche oder um eine juristische Person handelt. I.R.d. Besteuerung der Mitglieder einer EWIV sind selbstverständlich die zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen.
Rz. 1421
Auf der Ebene der EWIV kann jedoch USt anfallen, denn der EWIV wird trotz fehlender Gewinnerzielungsabsicht grds. die Unternehmereigenschaft beigelegt. Dies gilt zumindest so lange, als die EWIV überhaupt entgeltliche Leistungen erbringt und ihre Kosten nicht nur im Umlageverfahren durch ihre Mitgliederbeiträge deckt. Stellt eine EWIV ihren Mitgliedern gegen die Zahlung von Aufnahmegebühren und monatlichen Mitgliedsbeiträgen ein Netzwerk zur Kontaktaufnahme mit den anderen Mitgliedern und zur Anbahnung von Geschäften untereinander zur Verfügung, stellt die Mitglieder außerdem auf ihrer Homepage zu Werbezwecken vor und führt Veranstaltungen durch, welche die Mitglieder zur Akquise eigener Kunden nutzen können, handelt es sich um einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Saarlouis im Saarland vergibt die Umsatzsteueridentifikationsnummern für "deutsche" EWIV.
Außerdem kann auf der Ebene der EWIV Gewerbesteuer anfallen, wenn die EWIV Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb und nicht etwa z.B. aus freiberuflicher Tätigkeit erzielt. Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der EWIV schließt die Gewerblichkeit ihrer Einkünfte nicht von vornherein aus. Die Umsatz- und die Gewerbesteuer werden zwar auf der Ebene der EWIV ermittelt, die insoweit als Steuersubjekt angesehen wird. Aufgrund des Transparenz- oder Mitunternehmerprinzips sind Steuerschuldner jedoch die Mitglieder der EWIV als Gesamtschuldner. Ein Gewerbesteuerbescheid etwa kann nur gegen die Mitglieder der EWIV erlassen werden. Nach Vorstellung der Finanzverwaltung soll das System der Besteuerung der EWIV dem der Besteuerung der steuerlich transparenten Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften und Personenhandelsgesellschaften) in Deutschland entsprechen. Dem sind das FG München und das FG Berlin-Brandenburg entgegengetreten. Sie sind der Auffassung, dass eine EWIV, die lediglich Hilfsfunktionen für die erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten ihrer Mitglieder übernimmt trotz handelsrechtlicher Einordnung als OHG steuerrechtlich keine Mitunternehmerschaft darstellt, da es ihr an der Gewinnerzielungsabsicht fehlt. Damit scheidet eine gesonderte Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO aus, es kommt allenfalls die Anwendung des § 180 Abs. 2 AO in Betracht.
Die EWIV führt für ihre Mitarbeiter Lohnsteuer ab, sofern sie Mitarbeiter hat. Die EWIV kann im eigenen Namen Immobilien erwerben und demzufolge zur Zahlung von Grunderwerbsteuer verpflichtet werden. Werden Anteile an einer EWIV verschenkt oder vererbt, kann Schenkung- oder Erbschaftsteuer anfallen.
Rz. 1422
I.Ü. ist das einzelstaatliche Steuerrecht anzuwenden, und zwar insb. in Bezug auf Gewinnverteilung, Steuerverfahren und alle Verpflichtungen, die durch die einzelstaatlichen Steuervorschriften auferlegt werden (aus den Erwägungsgründen). Die steuerliche Gewinnermittlung und die steuerliche Verlustberücksichtigung sind nicht gleichzusetzen mit der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustermittlung und unterliegen nur nationalem Recht.
Hinweis
Die weitestgehend fehlenden Anforderungen an die Rechnungslegung, deren Prüfung und deren Publizität halten den entsprechenden Verwaltungsaufwand und die entsprechenden Kosten gering. Insoweit dürfte die EWIV eine flexible und unbürokratische Rechtsform darstellen. Für die Verlustrisiken gilt dasselbe wie für die Haftungsrisiken: Sie dürften weder auf der Ebene der Vereinigung noch auf der Ebene der Mitglieder eine große Bedeutung erlangen. Aus eben demselben Grund dürfte auch die entsprechende Besteuerung der Gewinne bzw. die steuerliche Verlustberücksichtigung auf der Ebene der Mitglieder insoweit ebenfalls keine große Rolle spielen.