Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
I. Überlegungen zur Rechtsformwahl (Zivil- und Steuerrecht)
Rz. 600
Bei der Entscheidung über die künftige Rechtsform eines Unternehmens sind insb. wirtschaftliche, gesellschaftsrechtliche, ertragsteuerliche und erbschaftsteuerliche Aspekte zu beachten.
Generell lässt sich Folgendes festhalten: Das finanzielle "Handling" einer Personengesellschaft ist einfacher als das einer Kapitalgesellschaft. Existenzgründer sind mit der in einer GmbH erforderlichen Trennung der Vermögenssphären zwischen Gesellschaft und Gesellschafter nicht selten überfordert; dies gilt in noch größerem Maße für die AG.
1. Gesellschaftsrechtliche/erbrechtliche Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften
Rz. 601
Kapitalgesellschaften erfordern ein gesetzliches Mindestkapital. Das Mindestkapital beträgt bei der klassischen GmbH 25.000,00 EUR (§ 5 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Beträgt das Stammkapital weniger als 25.000 EUR, muss die Gesellschaft als "Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)" firmieren (§ 5a GmbHG). Bei der AG beträgt das Stammkapital mindestens 50.000,00 EUR (§ 7 AktG), bei der SE mindestens 120.000,00 EUR (Art. 4 Abs. 2 SE-VO).
Bei einer Personengesellschaft gibt es kein gesetzliches Mindestkapital. Das Kommanditkapital einer KG kann von den Gesellschaftern frei bestimmt werden, wobei sie u.a. den Kapitalbedarf der Gesellschaft und die Möglichkeit der sofortigen steuerlichen Nutzung von anteiligen Verlusten unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 15a EStG beachten sollten (s.u. Rdn 614).
Kapitalgesellschaften unterliegen wesentlich strengeren formalen Anforderungen als Personengesellschaften. So bedarf bei der GmbH und AG die Errichtung und Änderung des Gesellschaftsvertrages einer notariellen Beurkundung bzw. Protokollierung; gleiches gilt für die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen. Für die Personengesellschaft gibt es nahezu keine formalen Anforderungen für diese Vorgänge, wobei allerdings die Gesellschafter aus Haftungsgründen in vielen Fällen für eine unverzügliche Handelsregistereintragung sorgen müssen.
Rz. 602
Auch die Haftung für Gesellschaftsschulden ist unterschiedlich ausgestaltet. Bei einer Kapitalgesellschaft haftet für Verbindlichkeiten der Gesellschaft grds. nur das Gesellschaftsvermögen (§ 13 Abs. 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 Satz 2 AktG). Der Gesellschafter haftet nur gegenüber der Gesellschaft für die Einzahlung seines Kapitalanteils (bei der GmbH ggf. auch für ausstehende Einlagen anderer Gesellschafter), jedoch – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht unmittelbar gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Bei einer KG haftet der sog. Komplementär unbeschränkt, unabhängig davon, ob er seine Einlage geleistet hat oder nicht, und unmittelbar gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Kommanditisten haften grds. nur mit der vereinbarten Haftsumme, haben sie jedoch eine Einlage i.H.d. Haftsumme in die KG geleistet und ist diese nicht wieder zurückgezahlt worden, haben sie kein gesellschaftsrechtliches Haftungsrisiko in Bezug auf Schulden der Gesellschaft mehr.
Rz. 603
Bei einer Kapitalgesellschaft ist die Organstellung als Vorstand bzw. Geschäftsführer unabhängig von einer Gesellschafterstellung. Die Personengesellschaft hingegen beruht auf dem Grundsatz der Selbstorganschaft, d.h. die Geschäftsführung und Vertretung obliegt den bzw. einzelnen Gesellschaftern. Nur mittelbar, insbesondere über eine GmbH & Co. KG, lässt sich hier ein Fremdgeschäftsführer installieren.
Rz. 604
Soll einer Person oder mehreren Personen die Möglichkeit gegeben werden, eine Gesellschaft zu beherrschen, obwohl sie nicht über die Mehrheit des Kapitals verfügen, ist die KG bzw. GmbH & Co. KG die richtige Rechtsform. Der Komplementär einer KG ist nach dem Gesetz keinen Weisungen der anderen Gesellschafter oder der Gesellschafterversammlung unterworfen (§ 164 HGB), es sei denn, dies wird ausdrücklich im KG-Gesellschaftsvertrag vereinbart. Er bedarf auch lediglich für Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der KG hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Ferner kann er – mangels abweichender Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag – nicht durch Beschluss abberufen werden. Die Rechtsform der KG wird daher dann gewählt, wenn das Haftungsrisiko gering ist und wenn dem geschäftsführenden Gesellschafter eine starke Rechtsposition eingeräumt werden soll.
Bei einer GmbH hingegen kann die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer Weisungen erteilen. Bei einer AG steht ein solches Weisungsrecht weder der Hauptversammlung noch dem Aufsichtsrat zu. Der Mehrheitsaktionär einer AG übt seinen Einfluss auf den Vorstand jedoch durch die Bestellung des Aufsichtsrates aus, der wiederum den Vorstand bestellt und überwacht.
Rz. 605
Die Art der möglichen Einlagen ist bei Personengesellschaften wesentlich weiter als bei Kapitalgesellschaften. Einlagefähig sind bei Personengesellschaften einmalige oder wiederkehrende Leistungen, Geld, Sachen, Rechte, Erfindungen, Gebrauchsüberlassun...