Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 13
Kaum eine Frage im Gesellschaftsrecht war derart umstritten wie die nach der Rechtsfähigkeit der GbR. Die dogmatische Herausforderung dieser Frage beruhte auf dem Umstand, dass der historische Gesetzgeber des BGB dem Leitbild der GbR als nicht rechtsfähige Innengesellschaft folgte. Ihre praktische Relevanz resultierte aus Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens, denen das gesetzliche Leitbild seit geraumer Zeit nicht mehr gerecht wurde. Die Diskrepanz zwischen gesetzlicher Konzeption und Rechtswirklichkeit führte schließlich dazu, dass der BGH mit Urt. v. 29.1.2001 im Wege der höchstrichterlichen Rechtsfortbildung der Außen-GbR die Rechtsfähigkeit zuerkannt hat. Dieses Urteil hat nicht nur einen Sturm in der rechtswissenschaftlichen Literatur ausgelöst, es hat vielmehr zu einem weitgehenden Umdenken bei der Behandlung der GbR geführt und den Gesetzgeber durch die entsprechende Einführung der Bestimmungen zur Behandlung der GbR im Grundstücksrecht zum Nachziehen gezwungen. Entgegen früheren Forderungen von Karsten Schmidt hat sich der BGH nicht dafür entschieden, nur die unternehmenstragenden Außen-GbR, sondern schlicht alle Außengesellschaften als rechtsfähig zu behandeln.
Rz. 14
Für die praktische Handhabung der GbR galt damit bereits vor Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024, dass sie im Rechtsverkehr grds. jede Rechtsposition einnehmen konnte, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften dem entgegenstanden. Die GbR war damit u.a.:
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prozessfähig, |
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markenrechtsfähig, |
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mitgliedschaftsfähig bei einer Kapitalgesellschaft, einer KG, wohl auch als Komplementär oder persönlich haftender Gesellschafter einer OHG, eines Vereins, und auch wiederum einer GbR, |
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insolvenzfähig nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO, |
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wechsel- und scheckfähig, |
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besitzfähig, |
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(verkehrs-)steuerfähig, |
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arbeitgeberfähig, |
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grundrechtsfähig. |
Rz. 15
Ein lange und kontrovers diskutiertes Thema war die Grundbuchfähigkeit der GbR, d.h. deren Fähigkeit, nur unter eigenem Namen im Grundbuch als Träger von Rechten und Pflichten verzeichnet zu werden. Im Anschluss an die Grundsatzentscheidung des II. Zivilsenats des BGH zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR entschied der V. Zivilsenat des BGH mit Beschluss v. 4.12.2008, dass abweichend von der bisherigen Grundbuchpraxis nicht mehr die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, sondern die Gesellschaft selbst als Berechtigte im Grundbuch einzutragen sei. Als Folge dieser Entscheidung konnte die Gesellschaft nur unter ihrem Namen (ggf. unter einer reinen Phantasiebezeichnung) in das mit öffentlichem Glauben ausgestattete Grundbuch eingetragen werden, ohne dass aus einem anderen öffentlichen Register verlässliche Angaben zu dieser Gesellschaft zu entnehmen waren. Existenz, Identität und ordnungsgemäße Vertretung der nur unter ihrem Namen eingetragenen GbR ließen sich wegen der fehlenden Publizität eines Gesellschaftsregisters für die GbR regelmäßig nicht in der Form des § 29 GBO nachweisen. Der Gesetzgeber hatte die durch die Rspr. des BGH hervorgerufenen Probleme bekanntlich durch eine Ergänzung der GBO und des BGB dergestalt geregelt, dass nach § 47 Abs. 2 Satz 1 GBO a.F. bei Eintragung einer GbR in das Grundbuch zwingend auch deren Gesellschafter einzutragen sind, und nach § 899a BGB a.F. dem gutgläubigen Erwerber ggü. vermutet wird, dass die so Eingetragenen auch die alleinigen Gesellschafter sind. In Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstorganschaft und dem gesetzlichen Regelfall der Gesamtvertretung durch alle Gesellschafter nach § 709 Abs. 1, § 714 BGB a.F. wurde auf diese Weise der vom Gesetzgeber intendierte Verkehrsschutz hergestellt. Wegen des Zusammenspiels von § 899a Satz 2 BGB a.F., § 892 Abs. 1 BGB und § 709 Abs. 1, § 714 BGB a.F. konnte sich der Rechtsverkehr darauf verlassen, dass die GbR bei Verfügungsgeschäften über ein für sie eingetragenes Grundstücksrecht durch die in ihrem Namen handelnden Personen, die als ihre Gesellschafter im Grundbuch verlautbart waren, wirksam vertreten wurde. Abweichende gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen waren für den Umfang des durch § 899a BGB a.F. gewährleisteten Rechtsscheins hinsichtlich der Vertretungsmacht unerheblich.
Rz. 16
Das mit den Regelungen von § 47 Abs. 2 GBO a.F., § 899a BGB a.F. verfolgte Regelungsziel, bei Grundstücksgeschäften unter Beteiligung einer GbR die mit der fehlenden Publizität des Gesellschafterbestands – und des Kreises der gesetzlichen Gesamtvertreter – zusammenhängenden (Nachweis-)Probleme rechtssicher zu lösen, konnte jedoch nicht erreicht werden. Schon bald nach Einführung der Neuregelungen wurde verbreitet vertreten, dass sich § 899a BGB a.F. ausschließlich auf das dingliche Geschäft, hingegen nicht auch auf die schuldrechtlichen Vereinbarungen erstreckt. Zuzugeben ist dieser Auffassung, dass der Gesetzgeber durch die Verortung im Sachenrecht systematisch die rein dingliche Kompetenz betont hat. Allerdings fü...