Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
aa) Gesellschaftsvermögen
Rz. 471
§ 35 InsO bestimmt, dass sämtliche dinglichen Berechtigungen und Rechte im weitesten Sinne, soweit sie i.S.d. ZPO pfändbar sind, dem Insolvenzbeschlag unterliegen. Dazu gehören neben allen beweglichen und unbeweglichen Sachen auch die Forderungen und sonstigen Rechte, insb. auch Immaterialgüterrechte, Patente, Lizenzen, Urheberrechte u.Ä., schließlich grds. auch der Name der Gesellschaft.
bb) Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis
Rz. 472
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt nicht dazu, dass gesellschaftsrechtliche Regelungen der Durchsetzbarkeit von Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis ausgehebelt würden. So hat auch die insolvenzbedingte Auflösung der Gesellschaft nicht zur Folge, dass von der grds. Durchsetzungssperre der wechselseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis abgewichen werden würde.
Hinweis
Zu beachten ist allerdings, dass mit der Insolvenz der Gesellschaft insoweit eine Sondersituation vorliegt, als eine Auszahlung von Überschüssen an die Gesellschafter zwar nicht denktheoretisch, dafür aber praktisch ausgeschlossen ist. Spiegelbildlich zum Recht der Gesellschafter, sicher feststehende positive Salden schon vor der Schlussabrechnung einzufordern, steht hier die Berechtigung des Insolvenzverwalters, sicher feststehende Forderungen aus dem Gesellschaftsverhältnis durchzusetzen. Das Recht, Nachschüsse nach § 737 BGB n.F. von den Gesellschaftern einzufordern, steht dem Insolvenzverwalter ebenso wenig zu, wie es den Liquidatoren zugestanden hätte.
cc) Recht der Gesellschafterleistungen
Rz. 473
Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (MoMiG) ist das sog. "Eigenkapitalersatzrecht", das bis dahin maßgeblich für die Behandlung von Gesellschafterleistungen gewesen ist, und dessen Anwendung auf Personengesellschaften umstritten war, abgeschafft worden. Die Neuregelung hat einen konzeptionellen Wechsel vom zweistufigen, gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitalersatzrecht, bestehend aus den Rspr.-Regeln und den gesetzlichen Novellenregelungen, zu einem rein insolvenz- und haftungsrechtlichen, rechtsformunabhängigen System mit Regeln zum Nachrang und zur (Insolvenz-)Anfechtung von Gesellschafterleistungen herbeigeführt (vgl. §§ 39, 44a, 135, 143 InsO und §§ 6, 6a AnfG).
dd) Durchsetzung der Gesellschafterhaftung nach § 93 InsO
Rz. 474
§ 93 InsO bestimmt, dass die akzessorische Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft im Gesellschaftsinsolvenzverfahren nicht durch den jeweiligen Gläubiger einzeln, sondern nur koordiniert durch den Insolvenzverwalter des Gesellschaftsverfahrens geltend gemacht werden kann. Während des laufenden Insolvenzverfahrens sind Maßnahmen der Gläubiger gegen die Gesellschafter damit ausgeschlossen. Nach bestrittener, aber herrschender Auffassung werden etwa bereits eingeleitete Haftungsprozesse durch die Eröffnung des Verfahrens unterbrochen. Die Durchsetzungskompetenz des Insolvenzverwalters erstreckt sich nach ebenfalls zu Recht bestrittener herrschender Auffassung nicht auf etwa bestehende Parallelsicherheiten wie Bürgschaften, Garantieerklärungen und Schuldbeitritte der Gesellschafter, die selbstständig durch die Gläubiger geltend gemacht werden können sollen. Der Auffassung ist schon deshalb zu widersprechen, weil sie dazu führten würde, dass die Regelung des § 93 InsO in der Praxis faktisch leer liefe. Kein bedeutender Gläubiger versäumt es, sich von den Gesellschaftern Bürgschaften für die Gesellschaftsverbindlichkeiten, für die diese aufgrund der akzessorischen Haftung ja ohnehin einzustehen haben, geben zu lassen.