Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
aa) Allgemeines
Rz. 285
Von einer Kodifizierung eines Beschlussmängelrechts nach dem aktienrechtlichen Anfechtungsmodell (§§ 241 ff. AktG) hat der Gesetzgeber des MoPeG für die GbR entgegen dem Vorschlag der Kommission (§§ 714a ff. BGB-E) abgesehen. Stattdessen geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Gesellschafter der GbR durch entsprechende Vereinbarung die §§ 110–115 HGB n.F., welche das Beschlussmängelrecht erstmals für die Personenhandelsgesellschaften kodifizieren, für anwendbar erklären können (Opt-in-Lösung). Andernfalls bleibt es beim bisherigen Feststellungsmodell, d.h. Gesellschafterbeschlüsse sind entweder nichtig oder wirksam. Jeder Fehler des Beschlusses führt zu dessen Nichtigkeit. Die Unwirksamkeit muss im Wege der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend gemacht werden. Eine gesetzliche Klagefrist besteht nicht.
bb) Arten von Mängeln
Rz. 286
Ein Beschluss kann aus drei Gründen unwirksam sein:
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Der Mangel kann darin bestehen, dass in der Stimmabgabe eines oder mehrerer Gesellschafter ein Fehler unterlaufen ist, insb. dann, wenn die Willenserklärung nach den allgemeinen Regeln des BGB unwirksam oder anfechtbar wäre. BeispieleMängel in der Geschäftsfähigkeit, geheime Vorbehalte (§ 116 BGB), Irrtümer (§ 119 BGB), Übermittlungsfehler (§ 120 BGB). Er kann allerdings auch wegen eines Stimmrechtsausschlusses aufgrund Interessenkollisionen oder wegen unzulässiger Rechtsausübung mangelbehaftet sein. Die Rechtsfolge einer solchen mangelhaften Stimmabgabe ergibt sich aus den Regeln des BGB. Ob dies dann auf den Beschluss durchschlägt, hängt davon ab, wie die Beschlusssituation i.Ü. aussieht. Haben bei einem Mehrheitsbeschluss genügend andere Gesellschafter mitgestimmt, ist der Beschluss trotz der Unwirksamkeit der einzelnen Stimmabgabe gleichwohl wirksam; ist dies nicht der Fall, führt es zur Gesamtnichtigkeit. |
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Strenger sind Verfahrensfehler hinsichtlich ihrer Unwirksamkeitsfolgen zu behandeln. Wird ein Gesellschafter fehlerhaft nicht zu einer Gesellschafterversammlung geladen, so führt dies, auch wenn das Abstimmungsergebnis auch ohne die Stimme des Gesellschafters zu einem wirksamen Beschluss geführt hätte, dann zur Nichtigkeit, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Ergebnis auf dem Mangel beruht. Die mangelnde Ladung führt damit praktisch immer zur Unwirksamkeit, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Gesellschafter die Mitgesellschafter von einem anderen Stimmverhalten hätte überzeugen können. |
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Schließlich kommt eine Unwirksamkeit auch wegen inhaltlicher Mängel des Beschlusses in Betracht. Führt der Beschluss zu einer Gesetzesverletzung, ist dieser, gleich ob er i.Ü. ordnungsgemäß gefasst wurde, allein schon aufgrund dieser Tatsache unwirksam. BeispielVerstoß gegen das Verbot der Gleichbehandlung der Gesellschafter oder Verstoß gegen Verbotsgesetze. |
cc) Rechtsfolgen und Heilung
Rz. 287
Fehlerhafte Beschlüsse bei der GbR sind grds. nichtig. Zur Anfechtbarkeit führen fehlerhafte Beschlüsse bei der GbR nur, wenn die Gesellschafter durch entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die §§ 110–115 HGB n.F. für anwendbar erklärt haben (Opt-in-Lösung). Betrifft ein solch unwirksamer Beschluss die Gesellschaftsorganisation, tritt allerdings nicht die Nichtigkeitsfolge ein, es werden vielmehr die Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft angewendet. Geheilt werden kann ein Beschlussmangel dadurch, dass er von den Gesellschaftern ausdrücklich oder konkludent bestätigt wird. Dies kann auch dadurch erfolgen, dass ein Mangel trotz Kenntnis nicht geltend gemacht wird.
Von einigen Stimmen in der Literatur wird angenommen, dass ein Mangel nur innerhalb angemessener Frist geltend gemacht werden kann. Zu enge zeitliche Grenzen scheinen hier allerdings nicht angemessen zu sein. Es empfiehlt sich angesichts dieser Unsicherheiten, im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung aufzunehmen.
dd) Geltendmachung von Mängeln
Rz. 288
Sofern nicht die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag für die Anwendung der §§ 110–115 HGB n.F. über die Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen optiert haben, bedarf es zur Geltendmachung der Nichtigkeit grd...