Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 58
Weitere Grundentscheidungen im MoPeG sind die Gestaltungsfreiheit des Gesellschaftsvertrags (§ 708 BGB n.F.) und der (dispositive) Einstimmigkeitsgrundsatz, wonach Gesellschafterbeschlüsse der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter bedürfen (§ 714 BGB n.F.). Zwar ist eine Gesellschafterversammlung als Organ der GbR vom Gesetz weiterhin nicht als Regelfall vorgesehen, doch können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag festlegen, dass Beschlüsse in Gesellschafterversammlungen – und zwar auch im virtuellen Format – gefasst werden. Mehrheitsklauseln sind zulässig, ihre Reichweite sollte allerdings im Gesellschaftsvertrag klar geregelt sein. Die noch im Mauracher Entwurf enthaltene Regelung, wonach im Zweifel anzunehmen sein sollte, dass Mehrheitsklauseln für alle Beschlüsse gelten (§ 714 Satz 2 BGB-E) ist nämlich nicht Gesetz geworden. Die Stimmkraft und der Anteil am Gewinn richten sich nicht mehr nach Köpfen, sondern vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen (§ 709 Abs. 3 BGB n.F.). Auf eine allgemeine Regelung eines Stimmverbots hat der Gesetzgeber des MoPeG bewusst verzichtet. Von einer Kodifizierung eines Beschlussmängelrechts nach dem aktienrechtlichen Anfechtungsmodell hat der Gesetzgeber des MoPeG für die GbR entgegen dem Vorschlag der Kommission (§§ 714a ff. BGB-E) ebenfalls abgesehen. Stattdessen geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Gesellschafter der GbR durch entsprechende Vereinbarung die §§ 110–115 HGB n.F. für anwendbar erklären können (Opt-in-Lösung). Andernfalls bleibt es beim bisherigen Feststellungsmodell, d.h. Gesellschafterbeschlüsse sind entweder nichtig oder wirksam. Jeder Fehler des Beschlusses führt zu dessen Nichtigkeit. Die Unwirksamkeit muss im Wege der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO geltend gemacht werden. Eine gesetzliche Klagefrist besteht nicht.
Rz. 59
Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils bedarf gem. § 711 Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. der Zustimmung der anderen Gesellschafter. Die Zustimmung (§ 182 BGB) kann entweder bereits im Gesellschaftsvertrag enthalten sein oder erst anlässlich einer Anteilsübertragung vorab als Einwilligung (§ 183 BGB) oder nachträglich als Genehmigung (§ 184 BGB) erteilt werden. Die Gesellschaft kann eigene Anteile nicht erwerben; dies stellt § 711 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. im Einklang mit der bislang h.M. klar.
Rz. 60
Die bislang zur Auflösung der Gesellschaft führenden Gründe der Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Gesellschafter (§§ 723, 724 BGB a.F.) oder der Kündigung durch einen Pfändungspfandgläubiger (§ 725 BGB a.F.), des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB a.F.) sowie der Eröffnung des Insolvenzerfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (§ 728 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.) sind nach dem MoPeG entsprechend den Regelungen für die Personenhandelsgesellschaften in Gründe für das Ausscheiden des Gesellschafters umgewandelt (§ 723 Abs. 1 BGB n.F.). Auch die Ausschließung aus wichtigem Grund ist in dem gesetzlichen Katalog des § 723 Abs. 1 BGB n.F. für das Ausscheiden eines Gesellschafters enthalten. Ein Gesellschafter kann durch Beschluss der anderen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, wenn in seiner Person ein wichtiger Grund eintritt (§ 727 Satz 1 BGB n.F.). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat oder wenn ihm die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird (§ 727 Satz 2 BGB n.F.). Dem Beschluss steht nicht entgegen, dass nach der Ausschließung nur ein Gesellschafter verbleibt (§ 727 Satz 3 BGB n.F.). Gem. § 723 Abs. 3 BGB n.F. können im Gesellschaftsvertrag weitere Gründe für das Ausscheiden des Gesellschafters vereinbart werden. Die Regelung der Ansprüche des ausgeschiedenen Gesellschafters in § 728 Abs. 1 BGB n.F. beruht weiter auf dem Grundgedanken, die Stellung des Ausgeschiedenen derjenigen bei der Liquidation soweit wie möglich anzugleichen. Abfindungsklauseln unterliegen weiterhin einer Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 BGB. Sind Verbindlichkeiten der Gesellschaft noch nicht fällig, kann die Gesellschaft dem Ausgeschiedenen Sicherheit leisten, statt ihn von der Haftung nach § 721 BGB n.F. zu befreien (§ 728 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.). Wert des Gesellschaftsanteils ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln (§ 728 Abs. 2 BGB n.F.).
Rz. 61
Entsprechend dem Leitbildwandel "von der Personen- zur Verbandskontinuität" wird die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst, sondern führt zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.). Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass im Fall des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit seinem Erben fortgesetzt werden soll (einfache Nachfolgeklausel), geht der Anteil auf den Erben über (§ 711 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.). Sind mehre...