Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
1. Anwendbares Recht
Rz. 648
Für die KG gilt in erster Linie das im HGB geregelte Recht der KG (§§ 161 ff. HGB), das Recht der OHG (§§ 161 Abs. 2, 105 ff. HGB) und hilfsweise das Recht der GbR (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, §§ 705 ff. BGB).
Rz. 649
Das Recht der Personengesellschaften wurde mit dem zum 1.1.2024 in Kraft tretenden MoPeG, v.a. bzgl. des Innenverhältnisses der Gesellschaften, umfassend reformiert und an die wirtschaftlichen Realitäten und Bedürfnisse angepasst. Bei den Regelungen über das Innenverhältnis handelt es sich jedoch um dispositives Recht, welches an die individuellen Bedürfnisse der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter anzupassen ist (§§ 163, 108 HGB, § 708 BGB).
Rz. 650
Handelsrechtliche Vorschriften über die Buchführung und den Jahresabschluss einer (gewerblich tätigen) KG finden sich in den §§ 238 ff. HGB.
Rz. 651
Eine weitere, wichtige Quelle des Rechts, die bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages, insb. einer gewerblich tätigen KG, zu beachten ist, stellt das Steuerrecht dar. Steuerrechtlich bedeutsam ist insb., ob der Gesellschafter einer gewerblich tätigen KG "Mitunternehmer" i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist und ob das Steuerrecht die handelsrechtliche Ergebnisverteilung unter den Gesellschaftern anerkennt. Diese Fragen spielen vorwiegend in der Familien-KG eine Rolle, u.a. wenn Eltern ihre minderjährigen oder nicht mitarbeitenden Kinder im Wege einer Schenkung in eine KG aufnehmen.
Rz. 652
Eine Zusammenfassung der Verwaltungsauffassung und der bei der Abfassung eines KG-Gesellschaftsvertrages für eine gewerblich tätige KG zu beachtenden Entscheidungen des BFH findet sich in den Abschnitten R 15.8 und R 15.9 bzw. H 15.8 und H 15.9 EStR 2012.
Rz. 653
Neben dem Einkommensteuerrecht ist bei der Gestaltung der Nachfolge in die Gesellschafterstellung einer gewerblich tätigen KG die Kenntnis des Erbschaftsteuerrechts erforderlich (s. hierzu Rdn 803 ff.).
2. Rechtsnatur
Rz. 654
Der Gesellschaftsvertrag einer KG ist seiner Rechtsnatur nach sowohl Schuldvertrag als auch gemeinschaftsbegründender personenrechtlicher Vertrag.
Rz. 655
Voraussetzung für die Entstehung einer KG ist ein Gesellschaftsvertrag i.S.v. § 705 BGB.
Rz. 656
Während die Bestimmungen des Außenverhältnisses, insbesondere bzgl. der Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, durch die Gesellschaft nicht beeinflusst werden können, besteht im Innenverhältnis weitgehende Gestaltungsfreiheit. Typisch für Gesellschaftsverträge sind Regelungen über Gesellschafterkonten, Gewinnverteilung und Tätigkeitsvergütungen, Entnahmerechte, Zustimmungserfordernisse für Geschäftsführungsmaßnahmen, Regelungen zur Übertragbarkeit/Vererblichkeit von Anteilen.
3. Praktische Hinweise
Rz. 657
Der Gesellschaftsvertrag einer KG ist an die individuellen Gegebenheiten anzupassen. Es ist daher vor der unkritischen Rezeption von Formularen zu warnen.
Wesentlich für die individuelle Gestaltung des Gesellschaftsvertrages sind u.a.:
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die Beteiligungshöhe des beratenen Gesellschafters (Mehrheitsgesellschafter oder Minderheitsgesellschafter); |
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die Zahl der anderen Gesellschafter und die Höhe und Relation von deren Einlagen; |
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die Art des Unternehmens (mittelständisches Unternehmen, Familiengesellschaft, Großunternehmen); |
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die Beziehungen der Gesellschafter untereinander (Familiengesellschafter, Personen, die nicht miteinander verwandt sind); |
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die Struktur der Gesellschaft (wenige Gesellschafter mit persönlichen Beziehungen, viele Gesellschafter mit einer kapitalistischen Struktur) sowie |
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die Mitarbeit einzelner oder sämtlicher Gesellschafter in der Gesellschaft. |
4. Inhalte
Rz. 658
Die notwendigen Inhalte des Gesellschaftsvertrages ergeben sich unmittelbar aus den §§ 161, 105, 107 HGB.
Rz. 659
Notwendige Inhalte des Gesellschaftsvertrages sind somit
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Zweck bzw. Gegenstand der KG; |
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Firma; |
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Bezeichnung des/der Kommanditisten; |
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Bezeichnung des/der Komplementäre sowie |
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Haftsumme der Kommanditisten. |
Über diesen Mindestinhalt hinaus enthalten moderne Gesellschaftsverträge einer KG eine Vielzahl weiterer Bestimmungen, für die sich in der Praxis ein Bedürfnis herausgebildet hat (s. hierzu Rdn 672 ff.).
a) Zweck/Gegenstand
Rz. 660
Der Zweck einer (gewerblich tätigen) KG wird vom Gesetz vorgegeben (s.o. Rdn 624). Für den Gesellschaftsvertrag ist der Gegenstand des Unternehmens wichtig. Der Gegenstand des Unternehmens beschreibt die konkrete Tätigkeit im Einzelfall. Der konkrete Gegenstand der Tätigkeit ist aus mehreren Gründen wichtig: Der Gegenstand des Unternehmens bestimmt den Umfang der Geschäftsführungsbefugnis des Komplementärs (§§ 161 Abs. 2, 116 Abs. 2 HGB). Gem. § 116 Abs. 2 HGB erstreckt sich die Befugnis zur Geschäftsführung auf alle Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt. Zur Vornahme von Handlungen, die darüber...