Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 538
Die Struktur der OHG, die gesamthänderische Bindung des Gesellschaftsvermögens und die Anknüpfung an die Mitgliedschaft der Gesellschafter, entspricht weitestgehend denen bei der GbR. Das bedeutet, die Gesellschafter der OHG können nicht über ihren "Anteil" am Gesellschaftsvermögen verfügen oder Gesellschafterrechte übertragen. Ebenso wenig kann der Kapitalanteil der einzelnen OHG-Gesellschafter an einen Dritten abgetreten oder verpfändet werden, da er keine Forderung an die OHG darstellt. Über den Gesellschaftsanteil, d.h. über die Mitgliedschaft insgesamt, kann der Gesellschafter jedoch mit Zustimmung aller übrigen Gesellschafter gem. §§ 413, 398 BGB (auch teilweise) verfügen. Bei der Übertragung tritt der Erwerber an die Stelle des vormaligen Gesellschafters und nimmt dessen Rechte, außer die höchstpersönlichen (z.B. Geschäftsführungsbefugnis), in eigener Person wahr.
Hinweis
Die Belastung der Mitgliedschaft, z.B. durch Verpfändung oder Nießbrauch ist mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter ebenfalls möglich. Des Weiteren ist auch die treuhänderische Wahrnehmung der Gesellschafterstellung möglich.
1. Verkauf von Gesellschaftsanteilen
Rz. 539
Die vom Kaufvertrag zu unterscheidende Übertragung des Gesellschaftsanteils gem. §§ 413, 398 BGB führt zu einer Änderung im Gesellschafterkreis. Als Grundlagengeschäft bedarf sie der Zustimmung aller Mitglieder oder muss bereits im Gesellschaftsvertrag zugelassen sein. Dabei ist zu beachten, dass die Zustimmung zur Übertragung nicht auch die Teilübertragung erfasst, denn dadurch erhöht sich die Anzahl der Gesellschafter. Bis zur erteilten Zustimmung ist die Übertragung schwebend unwirksam mit der Konsequenz, dass der ursprüngliche Gesellschafter in seiner Gesellschafterstellung mit allen Rechten und Pflichten verbleibt.
Rz. 540
Bei Grundstücksgesellschaften, selbst wenn das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus einem Grundstück besteht, fällt die Pflicht zur Anteilsübertragung nicht unter § 311b Abs. 1 BGB. Die Wirksamkeit der Übertragung kann im Gesellschaftsvertrag an weitere Voraussetzungen, etwa an die Anmeldung zum Handelsregister, geknüpft werden.
Rz. 541
Mit der vollzogenen Übertragung der Mitgliedschaft tritt der Erwerber in alle Rechte und Pflichten des früheren Gesellschafters ein. Etwas anderes gilt für höchstpersönliche Rechte. Die Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht wird einem Gesellschafter häufig wegen seiner besonderen persönlichen Eigenschaften übertragen oder verweigert. Daher ist der neue Gesellschafter entweder persönlich in die betreffende Rechtsstellung zu bringen oder er erhält sie automatisch, etwa wenn bisher keine speziellen Vertretungsregelungen getroffen wurden. Ein Ausschluss des bisherigen Gesellschafters von der Vertretungsmacht wirkt demgemäß auch nicht ohne Weiteres gegen den Erwerber fort. Erwerber und alter Gesellschafter können immer auch etwas anderes vereinbaren, nie jedoch zulasten eines Dritten. Daher haften sie nach außen regelmäßig unabänderbar als Gesamtschuldner. Bei einer Teilübertragung stehen die Verwaltungsrechte beiden vollständig zu. Dem Zweck der Teilübertragung nach werden die Vermögensrechte und -pflichten anteilig wahrgenommen.
Rz. 542
Der Kauf eines Gesellschaftsanteils ist Rechtskauf. Daher haftet der Verkäufer nur für die Rechtsmängel, nicht auch für die Mängel des Unternehmens. Anders ist jedoch der Verkauf aller oder nahezu aller Gesellschaftsanteile zu bewerten. Wirtschaftlich betrachtet wird damit der Wert des Unternehmens übertragen. Folglich gilt in diesem Fall, wie beim Unternehmenskauf, die Sachmängelhaftung. Die genaue Grenze ist jedoch offen. Solche Konstellationen geben stets Anlass, die Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen in Betracht zu ziehen, bspw. bei der unterbliebenen Aufklärung über Geschäftsschulden.
2. Treuhänderische Wahrnehmung von Gesellschafterrechten
Rz. 543
Die treuhänderische Wahrnehmung der Gesellschafterstellung eines Treuhänders für einen dritten Treugeber berührt die Mitgesellschafter und die OHG nicht unmittelbar. Der Treuhänder nimmt i.d.R. fremdnützig die Gesellschafterrechte meistens auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrages (§§ 675 Abs. 1, 611 BGB) mit dem Treugeber wahr. Er tritt durch Übertragung der Mitgliedschaft in den Kreis der Gesellschafter ein, die dazu ihre Zustimmung geben müssen. Die verdeckte Treuhand kann u.U. gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht des treuhänderisch tätigen Gesellschafters verstoßen, sodass als Konsequenz daraus eine Haftung entstehen kann oder ein wichtiger Grund für die Entziehung der Vertretungsmacht bzw. der Geschäftsführungsbefugnis bis h...