Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
1. Allgemeines
Rz. 717
Das MoPeG hat im Recht der OHG, das insoweit gem. § 161 Abs. 2 HGB auch für die KG gilt, ein minimales Regelwerk für die Einberufung und Abhaltung von Gesellschafterversammlungen eingeführt (§ 109 HGB). Der Gesetzgeber konnte es hier bei einer sehr knappen Regelung belassen, da er davon ausgeht, dass im Regelfall Beschlüsse der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen (§ 109 Abs. 3 HGB). Mehrheitsbeschlüsse kommen daher nur zustande, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht, dann obliegt es auch dem Vertragsgestalter, die Regelungen des § 109 Abs. 2 und 4 HGB genauer und weniger streitanfällig auszugestalten. Der Gestaltungsrahmen ist hierbei weit.
Der Gesellschaftsvertrag sollte also Regelungen zur Gesellschafterversammlung treffen, insb.
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Einberufungsform; |
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Einberufungsfrist; |
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Einberufungskompetenz; |
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Ort der Gesellschafterversammlung; |
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Beschlussfähigkeit; |
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Vertretung und Beratung von Gesellschaftern; |
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Leitung der Versammlung und |
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Erstellung des Protokolls. |
Es könnte auch auf die entsprechenden Regelungen des GmbH-Rechts (§§ 46–51 GmbHG) oder die Grundsätze zur aktienrechtlichen Hauptversammlung verwiesen werden. In der Praxis ist es jedoch empfehlenswert, Vorschriften zur Gesellschafterversammlung in den Vertrag aufzunehmen. Dadurch sind die geltenden Bestimmungen für die Gesellschafter leichter nachzulesen. Zudem können Regelungen eingeführt werden, die das GmbH-Recht nicht ausdrücklich enthält, z.B. zur Beschlussfähigkeit, Vertretung, Erstellung eines Protokolls und zur Möglichkeit der Beschlussfassung außerhalb von Gesellschafterversammlungen. Der Ablauf der Versammlung kann im Wesentlichen frei geregelt werden. Allerdings muss den Gesellschaftern stets die ausreichende Möglichkeit erhalten bleiben, ihre Meinung darzulegen und ihr Informationsrecht auszuüben.
2. Gesellschafterversammlung
a) Einberufung und Ladung
Rz. 718
Mangels gesellschaftsvertraglicher Regelung zur Einberufung und Ladung herrscht grds. Formfreiheit (§ 109 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Neben dem grds. Einberufungsrecht des geschäftsführenden, persönlich haftenden Gesellschafters (§ 109 Abs. 2 Satz 1 HGB) kann einem Gesellschafter oder einer bestimmten Anzahl von Gesellschaftern das Recht eingeräumt werden, einen Antrag auf Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu stellen (in Anlehnung an das Minderheitsrecht von GmbH-Gesellschaftern nach § 50 GmbHG).
Rz. 719
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Muster 9.32: Antrag auf Einberufung einer Gesellschafterversammlung
Gesellschafter, die allein oder zusammen über mindestens 25 % aller in der Gesellschaft vorhandenen Stimmen verfügen, können jederzeit bei dem Komplementär den Antrag auf Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit einer bestimmten Tagesordnung stellen. Kommt der Komplementär diesem Verlangen nicht binnen zwei Wochen nach, können die Antragsteller selbst die Gesellschafterversammlung einberufen. Die Vorschriften über die Einberufung (§§ _________________________) gelten entsprechend.
b) Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung
Rz. 720
Regelungen über die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung dienen einerseits dazu, Gesellschafter vor Beschlüssen zu schützen, die ohne ihre Anwesenheit gefasst werden. Andererseits sollen Minderheitsgesellschafter die Fassung von Beschlüssen nicht verhindern können, indem sie der Gesellschafterversammlung fernbleiben. Daher enthalten Gesellschaftsverträge i.d.R. eine zweistufige Regelung: Wenn die erste Gesellschafterversammlung beschlussunfähig ist, ist eine zweite Gesellschafterversammlung mit derselben Tagesordnung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden bzw. vertretenen Gesellschafter beschlussfähig ist. Die Festlegung des Quorums für die Beschlussfähigkeit der (ersten) Gesellschafterversammlung hängt v.a. von der Gesellschaftsstruktur und der Anzahl der Gesellschafter bzw. vorhandenen Stimmen ab. Zu berücksichtigen sind dabei insb. die Interessen des bzw. der Minderheitsgesellschafter.
c) Vertretung in der Gesellschafterversammlung und Teilnahmerecht
Rz. 721
Mangels gesellschaftsvertraglicher Regelungen können nur Gesellschafter an den Versammlungen teilnehmen, und zwar auch dann, wenn sie durch Gesetz oder Vertrag vom Stimmrecht ausgeschlossen sind. Sollen generell auch Nichtgesellschafter bei Gesellschafterversammlungen teilnahmeberechtigt sein, empfiehlt es sich, entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. Ob und ggf. durch welche Personen sich ein Gesellschafter auf Gesellschafterversammlungen vertreten lassen kann, hängt von der jeweiligen Ausgestaltung der Gesellschaft ab. Als vertretungsberechtigte Personen kommen insb. andere Gesellschafter, Angehörige, zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Personen, Testamentsvollstrecker usw. in Betracht.
Insb. in Familiengesellschaften werden häufig keine anderen Vertreter als Gesellschafter, Abkömmlinge oder Ehegatten zugelassen. Der Gesellschaftsve...