Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
1. Allgemeines
Rz. 573
Bis zur Neufassung des HGB durch das Handelsrechtsreformgesetz wurde die OHG nach dem gesetzlichen Leitbild durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst (§ 131 Nr. 4 HGB a.F.). Mit Rücksicht darauf, dass diese Rechtsfolge grds. nicht den Bedürfnissen und Interessen der Gesellschafter entsprach, sahen die meisten Gesellschaftsverträge eine Fortsetzung der Gesellschaft mit den verbleibenden Gesellschaftern oder – in abgewandelter Form – mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters vor. Diesem Umstand Rechnung tragend sieht § 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB nunmehr vor, dass der Tod eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft führt, sofern der Gesellschaftsvertrag für diesen Fall nicht die Auflösung der Gesellschaft vorsieht. Der freiwerdende Gesellschaftsanteil des Erblassers fällt mithin nicht in den Nachlass, sondern wächst den anderen Gesellschaftern an (§ 105 Abs. 3 HGB). Soweit gesellschaftsvertraglich nichts anderes vereinbart ist, werden die Erben zum vollen Wert der Beteiligung des verstorbenen Gesellschafters abgefunden.
Hinweis
Damit verbleibt es auch nach der Neufassung des HGB bei der Regelung, dass der Gesellschaftsanteil nur vererblich ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich vorsieht. Vor diesem Hintergrund ist eine sorgfältige, den (auch steuerrechtlichen) Interessen der Gesellschafter Rechnung tragende Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages gerade auch in diesem Punkt von enormer Bedeutung.
Rz. 574
Es bestehen grds. folgende Gestaltungsmöglichkeiten:
▪ |
einfache Fortsetzungsklausel, |
▪ |
Eintrittsklausel, |
▪ |
einfache Nachfolgeklausel, |
▪ |
qualifizierte Nachfolgeklausel, |
▪ |
rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel. |
2. Fortsetzungsklausel
Rz. 575
Wie bereits kurz ausgeführt, wächst der Anteil eines verstorbenen Gesellschafters im gesetzlichen Regelfall bei den übrigen Gesellschaftern an. Einhergehend hiermit steht den Erben neben der Befreiung von der Haftung für Verbindlichkeiten nach § 135 i.V.m. 161 Abs. 2 HGB ein schuldrechtlicher Abfindungsanspruch. Die Abfindung muss angemessen sein (§ 135 Abs. 1 HGB; vgl. hierzu auch 728 Abs. 1 Satz 1 BGB bei der GbR). Da die Befriedigung derartiger Abfindungsansprüche den Fortbestand der Gesellschaft infrage stellen können, wird es im Interesse des Bestandsschutzes der Gesellschaft auch weiterhin als zulässig angesehen, wenn im Gesellschaftsvertrag – abweichend von § 135 HGB – eine Regelung aufgenommen wird, nach welcher Abfindungsansprüche gekürzt oder pauschaliert werden. So wollte der Gesetzgeber die Rechtslage in Bezug auf die Vereinbarung von Abfindungsklauseln nicht verschärfen. Das MoPeG hat insoweit auch in diesem Punkt zu keiner Veränderung der Rechtslage geführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll auch weiterhin an einer Inhalts- und Ausübungskontrolle festgehalten werden. Die von Rspr. und Lit. über die letzten Jahrzehnte hinweg herausgebildeten Leitlinien bleiben insoweit bestehen; bisher zulässige Klauseln zur Beschränkung der Abfindung werden durch die Reform nicht berührt. Es bleibt sicherlich abzuwarten, inwieweit sich künftig der Gestaltungsspielraum ändern wird. Vieles dürfte auch in der Zukunft von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängen.
3. Eintrittsklauseln
Rz. 576
Alternativ hierzu kann der Gesellschaftsvertrag auch künftig vorsehen, dass an die Stelle eines verstorbenen Gesellschafters eine bestimmte Person (bzw. auch bestimmte Personen, etwa die Erben) treten sollen (sog. Eintrittsklauseln). Ist im Gesellschaftsvertrag eine Eintrittsklausel enthalten, besteht die OHG beim Tod eines Gesellschafters zunächst unter den verbleibenden Gesellschaftern fort. Die vom verstorbenen Gesellschafter bestimmten Personen, häufig dessen Erben, haben in diesem Fall das Recht, nicht aber die Pflicht, in die Gesellschaft einzutreten. Der Eintritt in die Gesellschaft erfolgt mithin nicht automatisch, sondern vielmehr im Wege der Aufnahme der hierzu bestimmten Person oder Personen zu den konkreten Bedingungen des verstorbenen Gesellschafters. Dessen Anteil wächst den übrigen Gesellschaftern vorübergehend zu.
Hinweis
Mit Rücksicht darauf, dass die Erben grds. auch bei Bestehen einer Eintrittsklausel abgefunden werden müssen, macht diese nur dann Sinn, wenn die Erben selbst als Eintrittsberechtigte vorgesehen sind, der Erblasser den Eintrittsberechtigten zugleich den Abfindungsanspruch zugewendet hat oder dieser im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Wert der Beteiligung des Verstorbenen aus der Gesellschaft abfließt und der mit der Aufnahme einer Eintrittsklausel in den Gesellschaftsvertrag verbundene Zweck fehlschlägt.
Rz. 577
Muster in Ihr Textverarbeitungsprogramm übernehmen
Muster 9.21: Eintrittsklausel
Die Gesellschaft wird beim Tod eines Gesellschafters mit den danach verbleibenden Gesellschaftern fortgefüh...