Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
1. Allgemeines
Rz. 584
Das Ausscheiden der OHG aus dem Rechtsverkehr vollzieht sich auch nach den Änderungen durch das MoPeG in verschiedenen Phasen (Auflösung, Liquidation und Erlöschen), die streng voneinander zu unterscheiden sind.
Die Auflösung setzt zunächst einen Auflösungsbeschluss der Gesellschafter oder das Vorliegen einer der übrigen in § 138 Abs. 1 HGB genannten gesetzlichen Auflösungsgründe voraus. Damit ist die OHG aber noch nicht erloschen. So müssen zunächst schwebende Geschäfte abgewickelt und das Gesellschaftsvermögen verteilt werden. Einhergehend hiermit tritt eine Zweckänderung der Gesellschaft ein. Nach § 143 Abs. 1 HGB ist die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf eine werbende Tätigkeit, sondern auf eine Abwicklung der Gesellschaft gerichtet. In diesem Zeitraum der Liquidation besteht die OHG noch fort, aber lediglich zu dem Zweck der Abwicklung und der Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern. Erst mit dem Abschluss der Liquidation ist die Gesellschaft erloschen und damit rechtlich nicht mehr existent.
2. Gründe für die Auflösung der OHG (§§ 138 ff. HGB)
Rz. 585
Die Gründe, die zu einer Auflösung der OHG führen können, sind in § 138 Abs. 1 und Abs. 2 HGB gesetzlich geregelt. Nach § 131 Abs. 1 HGB wird die OHG durch
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Zeitablauf (Nr. 1), |
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Auflösungsbeschluss der Gesellschafter (Nr. 4), |
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Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Nr. 2) oder |
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gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf Auflösung (Nr. 3) |
aufgelöst.
Weitere Auflösungsgründe, die insb. bei der GmbH & Co. KG zum Tragen kommen, ergeben sich aus § 138 Abs. 2 HGB. Darüber hinaus kann auch der Gesellschaftsvertrag weitere Auflösungsgründe vorsehen. Letzteres ist jedoch eher selten der Fall, da solche i.d.R. nicht vorhersehbar sind. Dagegen stellt die Erreichung des Gesellschaftszwecks – anders als bei der GbR – keinen Auflösungsgrund dar. Dies gilt auch dann, wenn die Erreichung desselben unmöglich wird. Die Bestimmung des § 729 Abs. 2 BGB findet insoweit auf die OHG keine Anwendung. Liegt ein entsprechender Fall bei der OHG vor, müssen die Gesellschafter die Auflösung beschließen.
a) Auflösung durch Zeitablauf (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 HGB)
Rz. 586
Die Dauer der Gesellschaft kann im Gesellschaftsvertrag festgesetzt werden. Auch wenn dies bei einer OHG eher selten der Fall sein dürfte, sieht § 138 Abs. 1 Nr. 1 HGB insoweit vor, dass die OHG nach Ablauf der Zeit, für die sie eingegangen worden ist, aufgelöst wird.
b) Auflösung durch Gesellschafterbeschluss (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 HGB)
Rz. 587
Für die Praxis von weitaus größerer Bedeutung ist die Auflösung der OHG durch Gesellschafterbeschluss (§ 138Abs. 1 Nr. 4 HGB).
Hinweis
Ein Beschluss betreffend die Auflösung der Gesellschaft muss grds. einstimmig gefasst werden. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn der Gesellschaftsvertrag abweichend hiervon eine Mehrheitsentscheidung vorsieht. Der Auflösungsbeschluss bedarf dabei keiner besonderen Form. Die Auflösung muss aber in notarieller Form zum Handelsregister angemeldet werden, und zwar durch alle Gesellschafter (§ 141 Abs. 1 HGB). Soweit sich ein Gesellschafter weigert bei einer entsprechenden Anmeldung mitzuwirken, muss er von den anderen Gesellschaftern verklagt werden.
c) Auflösung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 138Abs. 1 Nr. 2 HGB)
Rz. 588
Auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft löst die OHG auf (§ 138 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Demgegenüber führt die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 26 InsO) nur dann zu einer Auflösung, wenn kein Fall des § 138 Abs. 2 Nr. 1 HGB vorliegt, also kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
d) Auflösung durch gerichtliche Entscheidung (§ 138 Abs. 1 Nr. 3HGB)
Rz. 589
Darüber hinaus kann die OHG gem. § 138 Abs. 1 Nr. 3HGB durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst werden. So kann nach § 139 HGB auf Antrag eines Gesellschafters die Auflösung der OHG ohne Kündigung durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden. Gem. § 139Abs. 1 Satz 2 HGB liegt ein solcher Grund insb. dann vor, wenn
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ein anderer Gesellschafter eine wesentliche Vertragspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt oder |
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wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. |
In diesem Zusammenhang kann weitgehend auf die Ausführungen zum wichtigen Grund i.S.d. § 725 Abs. 1 BGB (vormals § 723 BGB a.F.) verwiesen werden. (Dabei gilt es zu beachten, dass das Auflösungsrecht eines Gesellschafters ggü. anderen Rechtsbehelfen wegen der damit einhergehenden Auflösung der Gesellschaft nur subsidiär gilt. So hat z.B. die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters Vorrang vor einer Auflösung der Gesellschaft.
Andererseits gilt es zu beachten, dass Vereinbarungen, durch welche das Auflösungsrecht eines Gesellschafters ausgeschlossen oder unangemessen beschränkt wird, auch weiterhin nach § 139 Abs. 3 HGB nichtig sind. Zulässig sind grds. nur Erweiterungen, wie z.B. die Ersetzung der Klage durch eine Kündigungserklärung.