Rz. 949

Der Gesellschaftsvertrag der KG kann selbstverständlich nachträglich geändert werden. Eine Vertragsänderung kann z.B. notwendig werden, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse oder Zielsetzungen der Gesellschaft ändern oder wenn sich Struktur und Gesellschafterbestand der KG wandeln.

 

Rz. 950

Die Änderung des Gesellschaftsvertrages bedarf grds. der Zustimmung aller Gesellschafter, also sowohl der Kommanditisten als auch der Komplementäre (§§ 161 Abs. 2, 109 Abs. 3 HGB). Die Änderung kann ausdrücklich oder konkludent vorgenommen werden.

Der Vertrag kann weiterhin geändert werden, indem sich die Gesellschafter über längere Zeit hindurch abweichend vom Gesellschaftsvertrag verhalten.[1291] Eine bestimmte Dauer der Übung, die zur Vertragsänderung führt, kann nicht festgesetzt werden. Dies hängt vom Einzelfall, insb. von der Bedeutung der betroffenen gesellschaftsvertraglichen Regelungen ab. Voraussetzung ist jedoch stets, dass alle Gesellschafter bei Abweichung vom Gesellschaftsvertrag einvernehmlich gehandelt haben.[1292] In der Praxis kann eine stillschweigende Vertragsänderung durch lang andauernde Übung insb. in Familiengesellschaften vorkommen, wenn die Familienmitglieder über lange Zeit anderes praktizieren, als sie es ursprünglich im Gesellschaftsvertrag vorgesehen hatten.[1293]

 

Rz. 951

Von dem gesetzlichen Einstimmigkeitserfordernis wird in Gesellschaftsverträgen von KGs regelmäßig abgewichen. Der Gesellschaftsvertrag kann vorsehen, dass eine Vertragsänderung durch Beschlussfassung der Gesellschafter mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit möglich ist. Hierfür ist zweierlei erforderlich:

Die Tatsache, dass die Änderung des Gesellschaftsvertrages aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses möglich sein soll, muss sich mit hinreichender Bestimmtheit aus dem Gesellschaftsvertrag entnehmen lassen.[1294] Zwar ist es nicht (mehr) erforderlich, dass eine Mehrheitsklausel alle von ihr betroffenen möglichen Beschlussgegenstände auflistet, aber aufgrund der einschneidenden Konsequenzen einer Mehrheitsklausel ist im Zweifel mit einer eher engen Auslegung zu rechnen. So hat das OLG Stuttgart eine Änderung der vertraglichen Ergebnisverwendung aufgrund einer einfachen Mehrheitsklausel für Vertragsänderungen im Gesellschaftsvertrag befürwortet, die Ausschlusskompetenz durch Mehrheitsentscheidung hingegen verneint.[1295] Soll die Möglichkeit der Änderung des Gesellschaftsvertrages durch Mehrheitsbeschluss vorgesehen werden, so empfiehlt es sich dringend, dies ausdrücklich so zu formulieren (vgl. zur Abgrenzung der Reichweite einer Mehrheitsklausel § 11 Abs. 2 und 3 des Vertragsmusters unter Rdn 972).

Auf einer zweiten Ebene prüft die Rspr. die mittels einer Mehrheitsklausel beschlossenen Änderungen des Gesellschaftsvertrages aber auch inhaltlich, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht und des Eingriffes in absolut oder relativ unentziehbare Rechte (z.B. Entziehung gesellschaftsvertraglicher Sonderrechte; Verstoß gegen das Mehrbelastungsverbot; Gleichbehandlungsgebot etc.).

Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Mehrheitsklausel für Vertragsänderungen, so kann im Einzelfall gleichwohl aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht eine Verpflichtung abgeleitet werden, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen.[1296]

 

Rz. 952

Ebenso wie der Abschluss des Gesellschaftsvertrages bedarf auch die Änderung grds. keiner Form oder Genehmigung.[1297] Formerfordernisse für die Vertragsänderung können sich jedoch aus besonderen gesetzlichen Bestimmungen ergeben (s. dazu Rdn 639). Auch der Gesellschaftsvertrag selbst kann ein Schriftformerfordernis vorsehen. Eine entsprechende Klausel befindet sich häufig am Ende eines Gesellschaftsvertrages (im Mustervertrag Rdn 972 bei den Schlussbestimmungen in § 27 Abs. 1).

 

Rz. 953

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Muster 9.54: Einfache Schriftformklausel

Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

 

Rz. 954

Dieser Schriftformklausel kommt jedoch in der Praxis lediglich Klarstellungsfunktion zu. Nach der Rspr. kann die Schriftformklausel ohne Einhaltung der vereinbarten Form konkludent mit der Vertragsänderung aufgehoben werden.[1298] Um das vertragliche Schriftformerfordernis gegen diese "automatische Aufhebung" abzusichern, wird häufig erwogen, Verträgen eine Sicherheitsklausel beizufügen.

 

Rz. 955

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Muster 9.55: Sicherheitsklausel

Dies gilt auch für die Aufhebung dieser Schriftformklausel.

Ob diese Bestimmung im Ergebnis dazu führt, dass das Schriftformerfordernis nicht konkludent aufgehoben werden kann und eine nicht in Schriftform erfolgte Vertragsänderung daher unwirksam ist, ist bislang ungeklärt.[1299]

 

Rz. 956

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist zu empfehlen, sowohl den Vertrag bei Abschluss als auch Vertragsänderungen schriftlich festzuhalten und eine konsolidierte Fassung des Gesellschaftsvertrages (einschließlich aller Änderungen) for...

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