Rz. 19

§ 59 FamFG knüpft bei der Frage der Beschwerdeberechtigung inhaltlich an § 20 Abs. 1 FGG an. Nach altem wie neuem Recht steht die Beschwerde jedem zu, dessen Recht durch die gerichtliche Maßnahme beeinträchtigt ist.[50] Allein daraus, dass ein Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung hat, folgt noch kein subjektives Recht, aus dem sich eine Beschwerdeberechtigung ergibt.[51] Unerheblich ist hierbei die Beteiligtenstellung in erster Instanz, d.h. ob der Beschwerdeberechtigte tatsächlich Beteiligter war oder mit Blick auf seine Rechtsbetroffenheit hätte hinzugezogen werden müssen. Im umgekehrten Fall bedeutet dies aber auch, dass ein Beteiligter des erstinstanzlichen Verfahrens nicht beschwerdeberechtigt ist, wenn ihn die Entscheidung in seiner materiellen Rechtsstellung nicht betrifft. Abzuheben ist auf die materielle Beteiligtenstellung im Sinn des § 7 Abs. 2 FamFG. Dies lässt sich wie folgt konkretisieren:

 

Rz. 20

Ein Elternteil, in dessen Sorgerecht zumindest teilweise eingegriffen wurde, ist stets beschwerdeberechtigt. Dies gilt auch, wenn für ein in einer Pflegefamilie lebendes Kind, dessen Elternteil sorgeberechtigt ist, eine Verbleibensanordnung erlassen wurde und das Umgangsrecht des Kindes mit einem Dritten geregelt wurde.[52] Gleiches gilt für einen nichtsorgeberechtigten Elternteil, wenn er für den Fall eines zu Lasten des Sorgeberechtigten erfolgenden Sorgerechtseingriff in die sorgerechtliche Verantwortung kommen kann; dies betrifft die Fälle des § 1680 Abs. 3 i.V.m. 2 Abs. BGB.[53] Anders im umgekehrten Fall, in dem lediglich zulasten des Sorgeberechtigten bestehende Einschränkungen aufgehoben werden.[54] Ebenso, wenn die mütterliche, aufgrund von § 1626a Abs. 3 BGB bestehende elterliche Sorge ruht, weil diese der Adoption des Kindes zugestimmt hat (§ 1751 Abs. 1 BGB, dazu § 1 Rdn 165).[55]

 

Rz. 21

Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, ob ein nichtsorgeberechtigter Elternteil auch gegen eine Entscheidung beschwerdebefugt ist, in der Maßnahmen nach § 1666 BGB gegen den anderen Elternteil abgelehnt werden. Der BGH hat dies früher verneint,[56] aber danach ausdrücklich mit Blick auf zwischenzeitlich vorliegende Rechtsprechung des EuGHMR[57] offen gelassen.[58] Die Beschwerdebefugnis ist zu bejahen.[59] Dabei bedarf es seit der vom BVerfG[60] zu § 1626a und § 1672 BGB a.F. erlassenen Übergangsregelung (siehe dazu § 1 Rdn 36; jetzt § 1671 Abs. 2 BGB) keiner unmittelbar verfassungsrechtlichen Herleitung aus dem Elternrecht des in die Sorge strebenden Elternteils aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG mehr und ist auch nicht mehr von Belang, dass im Verfahren nach § 1666 BGB im Falle eines Sorgerechtentzugs Pflegschaft bzw. Vormundschaft anzuordnen ist und bei der Auswahl des Pflegers oder Vormunds Familienangehörige des Kindes vorrangig zu berücksichtigen sind (zu Letzterem eingehend § 1 Rdn 219 ff.).[61] Vielmehr folgt die Beschwerdeberechtigung nunmehr direkt aus § 1671 Abs. 2 BGB n.F. – insoweit steht eine Beschwerdeberechtigung außer Frage[62] – aus denselben Erwägungen wie den zu § 1680 BGB soeben dargestellten. Gleiches gilt, wenn dem anderen Elternteil, dem die elterliche Sorge entzogen worden war, die Sorge wieder rückübertragen wird; auch dann hat der nicht sorgeberechtigte Elternteil vor dem Hintergrund des in § 1680 Abs. 3 BGB niedergelegten allgemeinen Rechtsgedanken ein Beschwerderecht.[63]

Ein nicht sorgeberechtigter Elternteil hat aber keine Beschwerdeberechtigung, wenn dem anderen Elternteil ein Umgangsrecht mit dem fremduntergebrachten Kind eingeräumt wird,[64] solange dadurch nicht in das gerichtlich bereits geregelte Umgangsrecht jenes Elternteils eingegriffen wird. Gleiches gilt, wenn das Kind aufgrund freiwilliger Entscheidung des sorgeberechtigten Elternteils derzeit beim nicht sorgeberechtigten Elternteil wohnt, auch wenn dies freilich erfordert, dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil sich auf das Umgangsrecht einstellt. Denn hierbei handelt es sich[65] lediglich um eine Reflexwirkung der Rechtsstellung des Sorgeberechtigten.[66]

 

Rz. 22

Ein Elternteil, der infolge einer früheren Maßnahme nach §§ 1666 f. BGB nicht mehr sorgeberechtigt ist, ist beschwerdeberechtigt, wenn in der Nachfolge das Sorgerecht vom Amtsvormund auf den anderen Elternteil übertragen wird.[67] Denn Maßnahmen nach § 1666 BGB sind mit erheblichen Eingriffen in das durch Art. 6 Abs. 2 und 3 GG geschützte Elternrecht verbunden. Daher müssen sie zur Abwehr der Gefahr für das Kindeswohl geeignet, erforderliche und verhältnismäßig im engeren Sinne sein.[68] Solche Maßnahmen sind daher grundsätzlich nur als vorübergehend anzusehen und erwachsen nur in formelle, nicht jedoch in materielle Rechtskraft.[69] Letzteres zeigt § 1696 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift müssen die Maßnahmen von Amts wegen aufgehoben werden, wenn eine Gefahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht oder die Erforderlichkeit der Maßnahme entfallen ist. Die Vorschrift bringt damit den im Rechtsstaatsprinzip des Art...

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