Rz. 189
Sofern in einem Grab nicht nur die Bestattung eines Familienangehörigen, sondern z.B. mehrerer Familienangehöriger erfolgen soll oder eine längere Benutzungsdauer als die übliche Ruhenszeit gewünscht wird, sind die Berechtigten darauf angewiesen, auf ein Wahl-/(Sonder-)Grab zurückzugreifen. Solche Sondergrabstellen sind durch eine besondere Größe und Lage gekennzeichnet und unterscheiden sich somit deutlich von Reihengräbern. Sie bieten auch oft die Möglichkeit, andere oder zumindest größere Grabdenkmäler zu errichten, als dies bei Reihengräbern vorgesehen ist. Die Überlassung eines solchen Wahl-/(Sonder-)Grabes begründet damit regelmäßig ein über das normale Nutzungsrecht hinausgehendes Sondernutzungsrecht, das allerdings auch an besondere Voraussetzungen oder Anforderungen geknüpft werden darf. Es liegt allerdings im Ermessen des Friedhofsträgers, ob er zur Erfüllung des Friedhofszwecks nur Reihengräber oder auch Wahlgräber zur Verfügung stellt. Auch die konkrete Ausgestaltung der Bedingungen der Nutzung der Wahlgräber liegt im Ermessen des Friedhofsträgers. Er hat nach "Maßgabe des Leistungsvermögens" und nach "pflichtgemäßem Abwägen aller Umstände" darüber zu entscheiden, ob er Wahl-/(Sonder-)Grabstellen zur Verfügung stellen will. Eine Rechtspflicht, Wahlgräber bereit zu halten, besteht nicht.
Rz. 190
Stellt der Friedhofsträger solche Wahlgräber zu Verfügung, so erhält der Berechtigte ein subjektiv-öffentliches Recht auf ausschließliche Benutzung der ausgewählten Grabstelle durch sich und seine Angehörigen bzw. Rechtsnachfolger. Wie bei den Reihengräbern wird allerdings auch bei den Wahlgräbern lediglich eine (umfangreichere) zeitlich beschränkte Nutzung eingeräumt, der Friedhofsträger behält auch bei Wahlgräbern das Eigentum.
Rz. 191
Wahlgräber werden für eine längere Benutzungsdauer von 40 bis 60 Jahre zur Verfügung gestellt. In dieser längeren Benutzungszeit besteht "der Wesenskern des Sondergrabs", der nicht beeinträchtigt werden darf. Daraus folgt, dass die Nutzungsdauer nicht auf die Dauer der Ruhezeit von Reihengräbern beschränkt werden darf, sondern wesentlich länger bemessen werden muss.
Rz. 192
Auch wenn die Friedhofssatzung regelt, welcher Personenkreis in der Wahlgrabstätte bestattet werden darf, so muss die Entscheidung im Einzelfall dem Nutzugsberechtigten überlassen sein.
Rz. 193
Praxishinweis
Nach § 15 (Wahlgrabstätten) der Leitfassung des Deutschen Städtetages für eine Friedhofssatzung werden Wahlgrabstätten unterschieden nach ein- und mehrstelligen Grabstätten als Einfach- oder Tiefgräber. In einem Tiefgrab sind bei gleichzeitig laufenden Ruhezeiten mindestens zwei Beisetzungen übereinander zulässig. Eine Beisetzung darf nur stattfinden, wenn die Ruhezeit die Nutzungszeit nicht übersteigt oder ein Nutzungsrecht mindestens für die Zeit bis zum Ablauf der Ruhezeit wieder erworben worden ist.
Rz. 194
Umstritten ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Friedhofsträger die Vergabe von Wahlgräbern an ein bestimmtes Alter anknüpfen. Die Einführung einer solchen Altersgrenze für den Erwerb von Wahlgräbern soll dazu dienen, "eine Vorratshaltung hinsichtlich des Nutzungsrechts ohne begründeten Anlass auszuschließen". Gegen die Einführung einer generellen Altersgrenze bestehen daher keine Bedenken. Für die Festsetzung einer Altersgrenze müssen aber stets sachliche Gesichtspunkte vorliegen. Ein sachlicher Gesichtspunkt wurde in dem Fall bejaht, dass der Friedhof nur über eine beschränkte Kapazität verfügt. Nicht beanstandet wurde auch die Regelung, dass die Vergabe eines Wahlgrabes als Doppelgrab an den Ehepartner des Verstorbenen davon abhängig gemacht wurde, dass dieser beim Ableben des Ehepartners 60 Jahre alt ist, um so die beabsichtigte Schließung des Friedhofs nicht zu verzögern.
Rz. 195
Die Bestimmungen der Friedhofsordnungen sehen meist vor, dass das Nutzungsrecht an einem Sondergrab mit Ablauf der Ruhenszeit gegen Entrichtung einer Gebühr verlängert werden kann. Ein Rechtsanspruch hierauf besteht allerdings nicht. Hat der Friedhofsträger jedoch diese Möglichkeit vorgesehen, besteht ein Anspruch gem. Art. 3 GG auf gleichmäßige Handhabung durch den Friedhofsträger. Dies beinhaltet, dass der Friedhofsträger die Nutzungsberechtigten rechtzeitig vor Ablauf der Nutzungszeit von der Verlängerungsmöglichkeit in Kenntnis setzt.