Rz. 158
Nach § 74 SGB XII sind die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger zu übernehmen, soweit dem hierzu Verpflichteten die Kostentragung nicht zugemutet werden kann. Anspruchsberechtigter nach § 74 SGB XII ist derjenige, der rechtlich zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet ist. Verpflichteter i.S.d. § 74 SGB XII ist aber nur, wer der Kostenlast von vornherein nicht ausweichen kann, weil sie ihn rechtlich notwendig trifft. Verpflichteter ist nach diesem Urteil des BVerwG nicht, wer als Bestattungsberechtigter Kostenverpflichtungen eingeht, sondern nur, wer rechtlich (erbrechtlich, familienrechtlich, landesrechtlich) zur Kostentragung verpflichtet ist. Dies ist zunächst der Erbe. Die Vorschrift des § 74 SGB XII stellt ihm einen sozialhilferechtlichen Anspruch eigener Art zur Verfügung, dem auch nicht entgegensteht, dass die Bestattung bereits vor Unterrichtung des Sozialhilfeträgers durchgeführt worden ist und die Kosten vor seiner Entscheidung beglichen worden sind. Neben dem Erben kommt jedoch auch eine Anspruchsberechtigung der nach dem Bestattungsrecht öffentlich-rechtlich zur Vornahme der Bestattung verpflichteten Angehörigen in Betracht, wenn diese den Bestattungsauftrag erteilt haben, hieraus nach den §§ 631 ff. BGB dem Bestattungsunternehmer das vereinbarte Entgelt schulden und ihrerseits von keinem anderen zivilrechtlich vorrangig Verpflichteten Ersatz oder Freistellung erlangen können. Jedenfalls ist nach bereits durchgeführter Bestattung der Hilfesuchende darauf zu verweisen, dass vor Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen Ersatzansprüche gegen Miterben durchzusetzen oder nachzuweisen sind.
Rz. 159
Ein Heimträger, der aufgrund Heimvertrages zur Bestattung eines Heiminsassens berechtigt ist, den insoweit aber weder eine landesrechtliche Bestattungspflicht noch eine vertragliche Kostenverpflichtung trifft, ist nicht "Verpflichteter" i.S.d. § 74 SGB XII. Anders hatte zuvor das OVG Lüneburg entschieden. Danach besteht für den Fall, dass ein Heimbewohner im Heimvertrag vereinbart hat, dass der Heimträger für die Bestattung sorgen soll, wenn Angehörige nicht rechtzeitig erreicht werden können, ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Übernahme der erforderlichen, durch Leistungen anderer nicht gedeckter Kosten besteht. Wer allerdings die Durchführung oder Bestattung lediglich aus dem Gefühl sittlicher Verpflichtung, aber ohne Rechtspflicht übernimmt, ist nicht "Verpflichteter" i.S.d. § 74 SGB XII.
Rz. 160
Unzumutbar ist die Kostentragung für die Verpflichteten, wenn die Kosten der Bestattung aus dem Nachlass nicht gedeckt sind. Dabei sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Verpflichteten zu berücksichtigen. Ist ein, auch erst nachrangiger, Angehöriger sehr wohlhabend, so kann ihm i.d.R. die Übernahme der Kosten zugemutet werden. Ist noch offen, ob der Erbe überhaupt die Erbschaft annimmt, muss der Sozialhilfeträger ggf. in Vorleistung treten.
Rz. 161
Verpflichtet zur Kostenübernahme ist gem. § 98 Abs. 3 SGB XII der örtliche Sozialhilfeträger, der bis zum Tod des Verstorbenen diesem Sozialhilfe gewährte. Hat der Verstorbene zu Lebzeiten keine Sozialhilfe erhalten, steht dies dem Anspruch gem. § 74 SGB XII nicht entgegen. Auch in diesem Fall ist der örtliche Sozialhilfeträger (kreisfreie Städte und Landkreise), in dessen Bereich der Ort der Bestattung (Erd- oder Feuerbestattung) liegt, zur Kostenübernahme verpflichtet.
Rz. 162
Die Verpflichtung zur Kostenübernahme bedeutet nicht, dass nunmehr der Sozialhilfeträger die Bestattung auszurichten hat. Dies bleibt Aufgabe und Verpflichtung der Totenfürsorgeberechtigten.