I. Allgemeines
Rz. 45
Die Bestattungspflicht regelt die Frage, wer in dem Zeitraum vom Augenblick des Todes an bis zur Beendigung der Bestattung für den Leichnam verantwortlich ist. Es soll zum einen verhindert werden, dass ein pietätloser Umgang mit der Leiche erfolgt, zum anderen muss auch der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleistet werden. Die Bestattungspflicht ist öffentlich-rechtlicher Natur. Hieraus resultiert auch die Bestattungspflicht Minderjähriger. Die Bestattungsgesetze der Länder regeln meist ausdrücklich die Bestattungspflicht, ihren Umfang und die hierfür verantwortlichen Personen. Der Umstand, dass jemand Erbe ist, führt für sich alleine genommen noch zu keiner Bestattungspflicht, und die Ausschlagung der Erbschaft führt somit folgerichtig bei einem nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften Bestattungspflichtigen auch nicht zum Wegfall seiner Bestattungspflicht.
Rz. 46
Mit der Bestattungspflicht geht i.d.R. das Recht der Totenfürsorge einher, nämlich die Einzelheiten der Bestattung (Art und Ort der Bestattung) zu bestimmen und diese entsprechend den Vorgaben der Bestattungsgesetze durchzuführen. Das Recht der Totenfürsorge erstreckt sich somit von der sicheren Verwahrung der Leiche über die Vorbereitungshandlungen für die Bestattung bis hin zur Durchführung der eigentlichen Bestattung einschließlich der Bestattungsfeier und die Auswahl des Grabsteins, der Grabgestaltung und der Grabpflege.
Rz. 47
Bestattungspflicht und das Recht zur Totenfürsorge können allerdings dann auseinanderfallen, wenn sich die Totenfürsorgeberechtigten nicht um die Bestattung der menschlichen Leiche kümmern oder wenn sie gar nicht bekannt sind (z.B. bei dem Fund einer unbekannten Leiche). In diesen Fällen ist die Gemeinde im Wege der Ersatzvornahme verpflichtet, zunächst für die Bestattung zu sorgen. Hinsichtlich der Kosten kann sie später die Erben durch Leistungsbescheid in Regress nehmen. Bestattungspflicht und das Recht zur Totenfürsorge können auch auseinanderfallen, wenn der Erblasser einem nicht Bestattungspflichtigen die Totenfürsorge übertragen hat, z.B. einem nichtehelichen Lebensgefährten.
Rz. 48
Das Recht der Totenfürsorge stellt ein sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB dar und gibt dem Totenfürsorgeberechtigten einen Abwehranspruch gegen unberechtigte Beeinträchtigungen. Wird das Recht der Totenfürsorge verletzt, bestehen zugunsten des Berechtigten Schadensersatzansprüche gem. §§ 823 Abs. 1, 249 BGB bzw. Beseitigungs- sowie Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB analog.
Rz. 49
Beispiel
Die Witwe eines Verstorbenen hat gegen ihre Schwiegereltern einen Anspruch auf Zustimmung zur Rückumbettung der sterblichen Überreste, sofern diese mehrere Jahre nach dem Tod des Ehemannes auf Veranlassung der Schwiegereltern ohne Wissen der Witwe in den Heimatort der Eltern umgebettet wurden. Dies gelte auch dann, wenn die Ehegatten im Zeitpunkt des Todesfalls bereits getrennt gelebt haben. Denn durch die Umbettung hätten die Schwiegereltern das der Witwe allein zustehende Totenfürsorgerecht als sonstiges Recht i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB zumindest fahrlässig verletzt. Auch ein etwa anhängig gewesenes Scheidungsverfahren würde nicht zum Ausschluss der Witwe als Totenfürsorgeberechtigte in analoger Anwendung von § 1933 BGB führen.
II. Totenfürsorgeberechtigte
1. Vorrang der Anordnungen des Verstorbenen
a) Allgemeines
Rz. 50
Vorrangig steht es dem Verstorbenen zu, sowohl den Ort der Bestattung festzulegen als auch die näheren Einzelheiten der Bestattung selbst (Lage der Grabstelle, Ausschmückung, Gestaltung und Inschrift des Grabdenkmals). Dieses Recht ist Ausfluss des Persönlichkeitsrechts und eine Ausprägung der natürlichen Handlungsfreiheit, denn die Vorsorge des Lebenden für die Zeit nach seinem Tod gehört zu dieser natürlichen Handlungsfreiheit. Dieses Recht ist jedoch nur in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, der Gesetzgeber hat bei der Regelung der mit der Bestattung Verstorbener zusammenhängender Fragen einen weiten Gestaltungsspielraum.
Rz. 51
Ob der Verstorbene diesen Willen in einer letztwilligen Verfügung, lediglich mündlich oder gar konkludent (z.B. durch den Erwerb einer Grabstelle oder den Abschluss eines Bestattungsvertrages) kundgetan hat, spielt keine Rolle. Vielmehr reicht es aus, dass aus einem bestimmten Verhalten oder Äußerungen des Verstorbenen auf einen bestimmten Willen des Verstorbenen hinsichtlich der Art und Weise seiner Bestattung geschlossen werden kann, bspw. aus häufigen Äußerungen im Familienkreis, eine Feuerbestattung zu wünschen. Ebenfalls als ausreichend wird angesehen, dass entsprechende Angaben in einem maschinengeschriebenen Abschiedsbrief enthalten sind. Es ist nicht erforderlich, dass die Angaben den formalen Anforderungen eines Testaments ent...