I. Bestattungszwang
Rz. 96
Die Bestattung ist die mit "religiösen oder weltanschaulichen Gebräuchen verbundene Übergabe des menschlichen Leichnams an die Elemente". In der Bundesrepublik besteht grundsätzlich ein Bestattungszwang, dieser besteht für alle menschlichen Leichen und totgeborene oder in der Geburt verstorbene Kinder (Leibesfrüchte). Dieser Bestattungszwang ist in allen Bestattungsgesetzen der Länder geregelt. Eine Lebendgeburt, also eine menschliche Leiche, liegt vor, wenn bei einem Kind nach der Trennung vom Mutterleib entweder das Herz geschlagen, die Nabelschnur pulsiert oder die natürliche Lungenatmung eingesetzt hat. Als totgeborenes oder in der Geburt verstorbenes Kind gilt ein Kind, wenn sein Gewicht mindestens 500 Gramm beträgt, es aber nicht die Merkmale einer Lebendgeburt aufweist. Totgeborene oder in der Geburt verstorbene Kinder mit einem Gewicht von weniger als 500 Gramm, bei denen sich kein Merkmal des Lebens gezeigt hat, gelten als Fehlgeburten und unterliegen grundsätzlich nicht dem Bestattungszwang. Wünschen die Eltern die Bestattung, auch wenn das totgeborene Kind weniger als 500 Gramm wiegt, so kann die Friedhofsbehörde nach freiem Ermessen die Bestattung zulassen. Haustiere dürfen nur auf behördlich zugelassenen Tierfriedhöfen begraben werden, ansonsten sind sie entweder in eine Tierkörperbeseitigungsanstalt zu bringen oder im Krematorium eines Tierschutzvereins zu verbrennen. Dem Bestattungszwang entspricht der Beisetzungszwang für Aschenreste, nicht jedoch für zu Diamanten gepresster Asche.
II. Erdbestattung
Rz. 97
Die Erdbestattung (Begräbnis) dürfte auch heute noch der Regelfall sein, wobei es eine zunehmende Tendenz zu Feuerbestattungen gibt. Mit der Erdbestattung wird der menschliche Leichnam der Erde übergeben. Erdbestattungen wie auch Feuerbestattungen müssen grundsätzlich auf einem gemeindlichen (kommunalen) oder kirchlichen Friedhof durchgeführt werden (sog. Friedhofszwang). Wird die Erdbestattung auf einem privaten Bestattungsplatz durchgeführt, ist dies nur dann zulässig, wenn die Unterhaltung des privaten Bestattungsplatzes behördlich genehmigt worden ist. Dies ist in einigen Bestattungsgesetzen der Länder ausdrücklich vorgesehen; hierfür ist vorab ein entsprechender Genehmigungsantrag, auf den aber kein Rechtsanspruch besteht, zu stellen. Hierdurch soll eine Beisetzung auf Anstaltsfriedhöfen oder in Klostergärten ermöglicht werden, sofern ein wichtiger Grund dies rechtfertigt, der Bestattungsplatz den für Friedhöfen geltenden Anforderungen entspricht und überwiegende Belange Dritter nicht entgegenstehen.
Rz. 98
Der Friedhofszwang ist durch legitime "öffentliche Interessen und überragende Gründe des Gemeinwohls" gerechtfertigt. Auch wenn der Friedhofszwang nach allgemeiner Auffassung in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit eingreift, stellen die betreffenden Vorschriften nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte einen Teil der verfassungsmäßigen Ordnung i.S.d. Art. 2 Abs. 1 GG dar und sind somit zu akzeptieren. Eine Ausnahme vom Friedhofszwang kann allerdings aus "Glaubens-, Gewissens- oder Bekenntnisgründen" nach Art. 4 GG begründet sein. Hierfür ist allerdings eine schwere innere Belastung erforderlich. Der Hinweis, der Antragsteller fühle sich mit seinem Grundstück mehr verbunden als mit dem kommunalen Friedhof, reiche hierfür freilich nicht aus. Von Bedeutung ist hier auch die Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2018, der eine Monopolstellung bei kommunalen Friedhöfen, hier in Bezug auf die Aufbewahrung von Urnen, für europarechtlich unbedenklich ansieht.
Rz. 99
Der Friedhofszwang darf allerdings nicht dazu führen, dass nunmehr die ausschließliche Benutzung eines bestimmten Friedhofs durch die Gemeindesatzung vorgeschrieben wird. Vielmehr muss es dem Betroffenen oder dem Totenfürsorgeberechtigten freistehen, darüber zu entscheiden, ob die Beisetzung auf einem kommunalen oder einem kirchlichen Friedhof erfolgen soll, sofern in der Gemeinde beide Friedhofsarten zur Auswahl stehen. Gaedke hält es aber für zulässig, wenn die Gemeinde im Rahmen der Ausübung ihres pflichtgemäßen Ermessens eine Regelung für die Benutzung der verschiedenen kommunalen Friedhöfe trifft. So begegnet denn auch die übliche Regelung, dass bestimmte kommunale Friedhöfe bestimmten Stadtteilen zugeordnet werden, keinen grundsätzlichen Bedenken, sofern Ausnahmen hiervon genehmigt werden können.
Rz. 100
Praxishinweis
Insofern sieht auch § 3 (Bestattungsbezirke) der Leitfassung des Deutschen Städtetages für eine Friedhofssatzun...