1. Recht am Leichnam
Rz. 115
Leichnam ist der "entseelte menschliche Körper bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Zusammenhang zwischen den einzelnen Teilen durch den natürlichen Verwesungsprozess oder einem diese gleichzustellende Vernichtungsart (z.B. Verbrennung) aufgehoben ist, sowie der zu wissenschaftlichen Zwecken zerlegte menschliche Körper, solange die Absicht einer gemeinsamen Bestattung der einzelnen Teile in der herkömmlichen Weise" besteht. Auch wenn der menschliche Leichnam als Sache i.S.d. § 90 BGB angesehen wird, können an ihm weder Eigentum noch sonstige dingliche Rechte begründet werden. Daher ist weder der Leichnam noch seine Asche Bestandteil des Nachlasses. Es ist lediglich möglich, an einem Leichnam Gewahrsam zu begründen, und hieraus resultiert auch zugleich die Pflicht, für dessen ordnungsgemäße Verwahrung und Bestattung zu sorgen. Ansonsten aber ist der Leichnam, wie auch die Leichenteile, dem Rechtsverkehr entzogen.
Rz. 116
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird allerdings darin gesehen, dass es das Familienrecht in seiner Ganzheit den Angehörigen nicht nur gestattet (und sie auch verpflichtet), den Leichnam ordentlich zu bestatten, sondern auch, Einwirkungen Dritter auf den Leichnam auszuschließen und notfalls abzuwehren. Dieses Recht, Einwirkungen Dritter auszuschließen und abzuwehren, ist ein privatrechtliches Recht, das im ordentlichen Rechtsweg, z.B. im Wege der Unterlassungs- oder Herausgabeklage, durchgesetzt werden kann. Die Angehörigen können also insbesondere die Herausgabe des Leichnams von jedem Dritten verlangen, der ihnen den Leichnam widerrechtlich vorenthält (analog zu § 1632 BGB). Will der Dritte hiergegen Einwendungen vorbringen, so kann er sich lediglich auf den "deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Verstorbenen" stützen.
2. Recht an Teilen des Leichnams
Rz. 117
Die Frage, ob und wer ein Aneignungs- und/oder Verfügungsrecht an Teilen des Leichnams hat oder begründen kann, wurde im Hinblick auf Zahngold wie auch hinsichtlich der Aneignung von Herzschrittmachern, Hüftgelenken und ähnlichen fest mit dem Körper verbundenen Bestandteilen, vorwiegend im Rahmen von Strafverfahren, diskutiert.
Gegenstände, die nicht fest mit dem Leichnam verbunden sind, wie z.B. abnehmbare Prothesen, Hörgeräte, fallen in den Nachlass und stehen den Erben zu.
Rz. 118
Gegenstände, die fest mit dem Leichnam verbunden sind, wie insbesondere Hüftgelenke und Herzschrittmacher, aber auch Zahngold und nicht abnehmbare Prothesen, folgen dem Recht am Leichnam. Sie erhalten daher mit dem Tod Sachqualität. Es ist sicherlich richtig, sowohl die Trennung von mit der Leiche fest verbundenen Gegenständen wie auch die weitere Verwendung von der Zustimmung des Totenfürsorgeberechtigten abhängig zu machen. Diesen steht ein vorrangiges Aneignungsrecht zu, was eine Aneignung durch Dritte regelmäßig ausschließt. Fehlt es an einer gesonderten Anweisung des Totenfürsorgeberechtigten, so ist das Zahngold zusammen mit der Asche in der Urne zu überreichen. Das Bestimmungsrecht über konserviertes Sperma geht nicht auf den Erben über, sondern soll den nächsten Angehörigen zustehen, die allerdings aufgrund des Verbotes der Verwendung nach dem Tod des Spenders gem. § 4 Abs. 1 Nr. 3 ESchG nur noch begrenzte Entscheidungsmöglichkeiten haben.
3. Obduktion
Rz. 119
Bestehen Zweifel an der Todesursache, wird durch die Staatsanwaltschaft, oft aber auch durch die Angehörigen des Verstorbenen, eine Autopsie der Leiche gefordert. Die Obduktion (auch Autopsie genannt) der Leiche kann entweder von der Staatsanwaltschaft beauftragt werden oder von dem Totenfürsorgeberechtigten genehmigt bzw. beauftragt werden. Liegt weder die Zustimmung des Verstorbenen noch des Totenfürsorgeberechtigten vor, sind weder Ärzte noch das Krankenhaus zur Obduktion berechtigt.
Rz. 120
Da in der Regel die untersuchten und zuvor dem Körper entnommenen Organe wieder in den Körper zurückgelegt werden, kann dieser im Anschluss an die Obduktion vollständig bestattet werden.