I. Anwendbarkeit neuen Rechtes auf Altbeschlüsse
1. Beschlüsse kraft gesetzlicher Öffnungsklausel
Rz. 6
§ 48 Abs. 1 WEG ordnet auch für vereinbarungsändernde Beschlüsse, die vor Inkrafttreten des neuen Rechts gefasst oder durch Gerichtsentscheidung ersetzt wurden, die Anwendbarkeit von §§ 5 Abs. 4, 7 Abs. 2 und 10 Abs. 3 WEG an. Für Beschlüsse, die kraft gesetzlicher Öffnungsklausel gefasst wurden, bleibt es somit bei der fortgeltenden Wirksamkeit gegen Sonderrechtsnachfolger. Denn für sie gilt § 10 Abs. 3 S. 2 WEG, wonach sie ohne Eintragung in das Grundbuch gegen Sonderrechtsnachfolger wirken. Dies gilt unabhängig davon, ob die gesetzliche Öffnungsklausel in das neue Recht übernommen wurde. Auch Beschlüsse nach §§ 16 Abs. 4, 21 Abs. 7 WEG a.F. gelten fort.
2. Beschlüsse kraft vereinbarter Öffnungsklausel
Rz. 7
Für Beschlüsse kraft vereinbarter Öffnungsklausel kommt dagegen grundsätzlich § 10 Abs. 3 S. 1 WEG zur Anwendung. Ihre Wirksamkeit setzt somit die Eintragung in das Grundbuch voraus. Für die Abgrenzung zum Beschluss kraft gesetzlicher Öffnungsklausel gilt über die Verweisung auf §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 3 WEG das zum neuen Recht Gesagte entsprechend: Das Grundbuchamt hat somit zu prüfen, ob sie kraft einer im alten Recht geltenden gesetzlichen Öffnungsklausel hätten gefasst werden können oder nur aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel. Nach demselben Maßstab richtet sich ihre Fortgeltung gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 WEG.
II. Befristete Fortgeltung
Rz. 8
Für Beschlüsse kraft vereinbarter Öffnungsklauseln räumt § 48 Abs. 1 S. 2 WEG eine Übergangsfrist ein. Demnach gelten sie auch ohne Eintragung in das Grundbuch fort, wenn die Sonderrechtsnachfolge bis zum 31.12.2025 eintritt. Diese Übergangsfrist soll die Eintragung der Altbeschlüsse in das Grundbuch ermöglichen. Ihre Fortgeltung nach § 48 Abs. 1 S. 2 WEG setzt aber nicht die (beabsichtigte) Antragstellung beim Grundbuchamt voraus. Sie bleiben kraft Gesetzes wirksam. Ohne Eintragung in das Grundbuch erlischt ihre Wirkung, wenn Sonderrechtsnachfolge nach Ablauf des 31.12.2025 eintritt.
III. Eintragung
1. Anwendbarkeit der Regeln für neu gefasste Beschlüsse
Rz. 9
Für die Eintragung von Altbeschlüssen kraft vereinbarter Öffnungsklausel gelten aufgrund der Verweisung des § 48 Abs. 1 S. 1 WEG auf §§ 5 Abs. 4, 7 Abs. 2 und 10 Abs. 3 WEG. Antragsbefugt sind sowohl die vom Verwalter vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 WEG als auch die einzelnen Wohnungseigentümer gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 GBO.
Rz. 10
Praxistipp
Die eigene Antragsbefugnis der einzelnen Wohnungseigentümer gewinnt hier besondere Bedeutung, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. ihr Verwalter untätig bleiben. Einem gerichtlichen Vorgehen gegen sie dürfte deswegen das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da dem einzelnen Wohnungseigentümer mit seinem Antragsrecht aus § 13 Abs. 1 S. 2 GBO ein einfacherer Weg zur Rechtsdurchsetzung zur Verfügung steht.
2. Anwendbarkeit von § 7 Abs. 2 S. 1 WEG
Rz. 11
Auf die Eintragungsbewilligung aller Wohnungseigentümer kann verzichtet werden, wenn der Beschluss durch eine gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §§ 7 Abs. 2 S. 1, 26 Abs. 4 WEG qualifizierte Niederschrift nachgewiesen wird. Das kann einerseits durch eine vorhandene Niederschrift geschehen, die diesen Anforderungen genügt, weil sie etwa bereits seinerzeit zum Nachweis der Verwalterbestellung benötigt wurde. Andererseits kann die Niederschrift, wie die Gesetzesmaterialien implizit erkennen lassen, aber auch neu in der Form des § 7 Abs. 2 S. 1 WEG gefertigt werden, sofern die Unterzeichner gemäß § 24 Abs. 6 WEG noch greifbar sind.
IV. Anspruch auf Neufassung
1. Zu weiter Wortlaut der Vorschrift
Rz. 12
§ 48 Abs. 1 S. 3 WEG gibt seinem Wortlaut nach jedem Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf, dass ein Altbeschluss nach § 48 Abs. 1 S. 1 WEG erneut gefasst wird. Dieser Wortlaut ist in zweifacher Hinsicht zu weit. Da der Anspruch ausweislich der Gesetzesmaterialien eine Erleichterung für den Fall schaffen soll, dass die zur Beglaubigung nach § 24 Abs. 6 WEG erforderlichen Personen nicht mehr zur Verfügung stehen, existiert der Anspruch jedenfalls mangels Rechtsschutzbedürfnisses nicht, wenn die Beglaubigung noch möglich ist. Dann kann der Wohnungseigentümer die Eintragung unproblematisch selbst beantragen. Zum anderen erfasst er über die Verweisung in § 48 Abs. 1 S. 3 WEG auf § 10 Abs. 3 WEG auch Beschlüsse kraft gesetzlicher Öffnungsklausel. Hierfür besteht indessen kein Bedarf, da sie ohnehin nach § 10 Abs. 3 S. 2 WEG fortgelten.
2. Voraussetzungen
Rz. 13
Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs aus § 48 Abs. 1 S. 3 WEG ist neben der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 7 Abs. 2 S. 1 WEG das Vorliegen eines wirksamen Altbeschlusses. Dies schließt lediglich nichtige Beschlüsse aus; die Anfechtbarkeit spielt nach der Bestandskraft keine Rolle. Auch im weiteren Verfahren kann die Anfechtbarkeit nicht erneut im Verfahren nach § 44 Abs. 1 WEG geltend gemacht werden, da allein die Wirksamkeit des Altbeschlusses bereits zum Anspruch auf Neufassung führt. Dies entspricht auch dem Sinn der Vorschrift, da der Anspruch aus § 48 Abs. 1 S. 3 WEG nur die fehlenden Vorauss...