Rz. 45
Die Ehe von M und F1 wurde geschieden. Die Ehe dauerte fünf Jahre. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. M ist nunmehr mit F2 verheiratet. Aus der neuen Ehe ist das zweijährige Kind K hervorgegangen. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.500 EUR. Die geschiedene Ehefrau F1 hat aus einer Teilzeittätigkeit ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 500 EUR. F1 kann keine Vollzeitstelle erlangen. Die neue Ehefrau F2 ist wegen Betreuung des Kindes nicht berufstätig und hat kein Einkommen. F1 möchte Unterhalt von M.
I. Kindesunterhalt
Rz. 46
Der Bedarf von Kindern richtet sich nach der Düsseldorfer Tabelle (DT). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 (siehe § 1 Rdn 1 ff.) verwiesen.
Rz. 47
M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.500 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 1 (bis 1.900 EUR) zur Anwendung. Es sind 3 Unterhaltsberechtigte vorhanden. Eine Herabstufung ist aber nicht möglich, da ohnehin die niedrigste Einkommensgruppe (Mindestunterhalt) zur Anwendung kommt.
Rz. 48
Kind K ist 2 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen. Der Unterhalt für K beträgt somit 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).
II. Ehegattenunterhalt für F1
Rz. 49
Der eben bestimmte Kindesunterhalt (nicht Tabellenbetrag) ist nunmehr vom Einkommen des M abzuziehen.
1.500 EUR (Einkommen M) – 286,50 EUR (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 1.213,50 EUR
1. Bedarf
Rz. 50
Die Ermittlung des Bedarfs ist entbehrlich, da M bezüglich des Ehegattenunterhalts (offensichtlich) leistungsunfähig ist.
2. Leistungsfähigkeit
Rz. 51
Bereits nach Abzug des Kindesunterhalts ist der Ehegattenmindestselbstbehalt von 1.280 EUR unterschritten (zum Ehegattenmindestselbstbehalt vgl. Nr. 21.4 der im Einzelfall anzuwendenden Leitlinien bzw. der SüdL, Anhang Nr. 3).
K ist vorrangig.
§ 1609 BGB Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter
Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:
1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
[…]
Rz. 52
Da der Bedarf von K ohnehin nur der ersten Einkommensgruppe der DT (Mindestunterhalt) entnommen wurde, können auch durch eine Herabstufung des Kindesunterhalts keine Mittel für die Ehefrauen freigesetzt werden. Für F1 (und F2) sind keine Mittel vorhanden.
III. Zahlungspflicht
Rz. 53
Die Unterhaltspflicht des M gegenüber F1 beläuft sich auf 0 EUR.
IV. Hinweise
Rz. 54
Ob das Kind aus der zweiten Beziehung des M vor oder nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe von M und F1 geboren wurde, ist bei der vorliegenden Fallgestaltung unerheblich, da diese Frage nur für die Bestimmung des Bedarfs der ersten Ehefrau von Bedeutung wäre, die hier entbehrlich ist. Der Mindestunterhalt des vorrangigen Kindes ist in jedem Fall zu erfüllen.