Rz. 17
Der Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer kann gem. § 334 BGB, soweit diese Vorschrift nicht – dies ist auch "stillschweigend" durch schlüssiges Verhalten möglich – abbedungen worden ist, alle Einwendungen und Einreden aus dem Dienst- oder Werkvertrag (Deckungsverhältnis) nicht nur seinem Auftraggeber (Versprechensempfänger), sondern auch dem begünstigten Dritten entgegenhalten. Diesem steht aus dem fremden Vertrag grds. kein weiter gehendes Recht zu als dem Versprechensempfänger als Vertragspartner, von dem er seinen Anspruch herleitet; der Schuldner darf nicht deswegen schlechter stehen, weil er nicht an seinen Vertragspartner, sondern an einen Dritten leisten soll. Immer muss die Einwendung oder Einrede des Rechtsanwalts in seinem Deckungsverhältnis mit dem Auftraggeber vor dem Forderungserwerb des Dritten angelegt gewesen sein; nachträgliche Vereinbarungen zulasten des Dritten sind unwirksam, es sei denn, dass sich die Vertragspartner bei Vertragsschluss die Befugnis vorbehalten haben, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern (§ 328 Abs. 2 BGB).
Rz. 18
Der Rechtsberater kann sowohl ggü. seinem Auftraggeber als auch ggü. dem Dritten auf der Grundlage des jeweiligen Dienst- oder Werkvertrages (§ 675 Abs. 1 BGB) insb. geltend machen,
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der Vertrag sei nichtig, angefochten oder in sonstiger Weise rückgängig gemacht; |
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die Haftung sei gem. §§ 51a, 59m Abs. 2 BRAO, §§ 67a, 72 Abs. 1 StBerG, §§ 54a, 56 Abs. 1 WPO beschränkt worden; |
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ein Anspruch auf Ersatz eines bestimmten Schadens – des Dritten oder des Mandanten – sei verjährt; |
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er – der Rechtsberater – habe ein Zurückbehaltungsrecht aus §§ 273, 274 BGB, aus §§ 320 bis 322 BGB oder aus § 50 BRAO. |
Rz. 19
Wichtige Einwendungen ergeben sich aus Leistungsstörungen des Mandanten als Versprechensempfänger. Kommt er als Auftraggeber mit seiner Vertragspflicht zur Zahlung der fälligen Vergütung in Verzug, kann der Rechtsberater Ersatz eines Verzögerungsschadens (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB; vgl. § 3 Rdn 29 f.) und unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen (vgl. § 3 Rdn 13 ff.); in diesem Falle kommt auch ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag neben einem Schadensersatzanspruch (§§ 323, 325 BGB; vgl. § 1 Rdn 125) oder zur Kündigung des Vertrages in Betracht (§§ 626 bis 628 BGB; vgl. § 1 Rdn 80 ff.). Hat der Mandant die Vertragsleistung des Rechtsberaters allein oder weit überwiegend schuldhaft unmöglich gemacht (§ 275 Abs. 1 bis 3 BGB; vgl. § 3 Rdn 31 ff.) oder tritt die Unmöglichkeit infolge eines vom Berater nicht zu vertretenden Umstandes zu einer Zeit ein, in welcher der Mandant im Annahmeverzug ist, wird der Berater von seiner Leistungspflicht frei (§ 275 BGB; vgl. § 3 Rdn 32), behält aber grds. seinen Vergütungsanspruch (§ 326 Abs. 2 BGB). Weitere Rechte eines Rechtsberaters gegen den Auftraggeber als Versprechensempfänger können sich aus Sonderregelungen des Dienst- oder Werkvertragsrechts – jeweils i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB – ergeben (z.B. §§ 615, 616, 627, 628 BGB – §§ 644, 645 BGB; vgl. § 2 Rdn 420).
Rz. 20
Hat der Dritte das ihm zugewandte Recht nicht gem. § 333 BGB zurückgewiesen (vgl. Rdn 11), hat er wegen seiner abgespaltenen Gläubigerstellung ebenfalls für Leistungsstörungen ggü. dem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer (Schuldner) einzustehen. Bei Annahmeverzug hat der Dritte dem Schuldner die Mehraufwendungen zu ersetzen (§ 304 BGB). Bei einer Verpflichtung zur Abnahme der Leistung kann auch ein Schuldnerverzug des Dritten mit der Verpflichtung zum Ersatz des Verzögerungsschadens in Betracht kommt (§ 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB). Ist eine Unmöglichkeit der Leistung des Schuldners vom Dritten zu vertreten oder wird diese während seines Annahmeverzuges unmöglich, wird der Schuldner von seiner Verpflichtung frei (§ 275 BGB) und kann vom Versprechensempfänger (Mandanten) die Gegenleistung verlangen (§ 326 Abs. 2 BGB). Auch für die Verletzung von Schutzpflichten haftet der Dritte dem Schuldner (vgl. § 3 Rdn 28).
Rz. 21
Einem Schadensersatzanspruch des Mandanten (Versprechensempfängers) oder des Dritten kann der Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer (Schuldner und Versprechender) gem. § 334 BGB ein Mitverschulden des Geschädigten entgegenhalten (§ 254 BGB), es sei denn, dass diese Bestimmung von den Vertragspartnern abbedungen wurde. Der Auftraggeber muss sich ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und seiner Erfüllungsgehilfen wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§§ 254, 278 BGB); dies gilt auch ggü. dem – gegen den Schuldner gerichteten – Schadensersatzanspruch einer Person, zu deren Gunsten ein fremder Vertrag geschlossen worden ist. Da der Dritte bei einem solchen Vertrag einen Teil der Gläubigerstellung einnimmt (§ 328 Abs. 1 BGB), darf ihm der Schuldner (Rechtsberater) nach dem Rechtsgedanken des – abdingbaren – § 334 BGB ein Mitverschulden des Versprechensempfängers (M...