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Sehr geehrte/r Herr/Frau _________________________,
1. Was ist ein Widerspruchsverfahren?
Nach der bundesgesetzlichen Regelung für den Verwaltungsprozess ist bei Vorgehen gegen einen (belastenden) Verwaltungsakt oder auf Erlass eines (begünstigenden) Verwaltungsaktes zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Nach fristgerecht erhobenem Widerspruch hat die Behörde die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes zu prüfen. Erst wenn dieses Vorverfahren erfolglos beendet ist, ist eine Klage zulässig.
2. Was bedeutet die Gelegenheit zur Anhörung?
Vor Erlass eines belastenden oder ablehnenden Bescheides muss die Behörde den Beteiligten Gelegenheit geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Anhörung ist gesetzlich vorgeschrieben. Meist geschieht sie in der Form, dass dem Bürger ein Entwurf des beabsichtigten Verwaltungsaktes mit der Aufforderung zur Stellungnahme binnen einer bestimmten Frist zugesendet wird. Ist Ihre Anhörung unterblieben, ist der Verwaltungsakt damit fehlerhaft. Die Anhörung kann allerdings bis zum Abschluss der I. Instanz nachgeholt und der Fehler so noch geheilt werden.
3. Besonderheiten im NRW-Landesrecht
In NRW ist seit 2007 das verwaltungsrechtliche Widerspruchsverfahren weitgehend abgeschafft. Jetzt kann und muss ein Betroffener beispielsweise gegen die Versagung einer bau-, gaststätten- oder gewerberechtlichen Genehmigung direkt klagen. Erhalten bleibt das Widerspruchsverfahren in NRW nur noch in Ausnahmefällen, wenn etwa Bundesrecht oder EU-Recht das Vorverfahren vorschreiben; ferner bei der Bewertung von Leistungen im Rahmen berufsbezogener Prüfungen sowie bei Verwaltungsakten, die von Schulen erlassen werden. Schließlich gibt es noch ein Widerspruchsverfahren beim BAföG und bei den Gebühren der GEZ. Außerdem wurde das Widerspruchsverfahren 2015 wieder eingeführt für Kommunalabgaben- und Grundsteuerbescheide sowie einige seltenere Arten von Bescheiden. In anderen Bundesländern gelten wieder andere Regelungen, sodass für jedes Bundesland eine Prüfung stattfinden muss.
4. Beamtenrecht
Für Bundesbeamte ist für alle Klagen aus dem Beamtenverhältnis ein Vorverfahren vorgeschrieben. Für Beamte des Landes NRW ist dagegen nur in den Fällen ein Vorverfahren erforderlich, bei denen es um Leistungsbewertungen im Rahmen berufsbezogener Prüfungen oder um Geldleistungen geht.
5. Fristen und Kostenerstattung
Die Widerspruchsfrist beträgt kraft Gesetzes einen Monat, ansonsten wird der Bescheid bestandskräftig. Eine Anhörungsfrist wird dagegen von der Behörde festgesetzt. Es ist wichtig, die gesetzte Stellungnahmefrist einzuhalten. Ansonsten kann die Behörde nach Aktenlage entscheiden. Es kann durchaus vorkommen, dass die Behörde den Sachverhalt nicht richtig erfasst hat, ein Gesetz oder eine Verordnung falsch auslegt oder ihr Ermessen gar nicht oder nicht richtig ausübt. In diesen Fällen ist es wichtig, den Sachverhalt zu korrigieren oder ein Rechtsgespräch mit der Behörde zu führen. Dies kann dazu führen, dass die Behörde die beabsichtigte Entscheidung korrigiert. So kann ein Klageverfahren vermieden werden. Ein Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren gegen die Behörde besteht im Anhörungsverfahren allerdings nicht. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch ist nur im Rahmen von Widerspruchsverfahren und Klageverfahren vorgesehen.
Mit freundlichen Grüßen
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(Rechtsanwalt)