Rz. 53
Der Herausgabeanspruch (§ 2130 BGB) verjährt nach 30 Jahren ab Entstehung des Anspruchs (§ 200 BGB), d.h. ab Eintritt des Nacherbfalls (§§ 2100, 2106 BGB), § 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Rz. 54
Zum herauszugebenden Nachlass (§ 2130 BGB) gehören abgesehen von den durch den Erbfall zum Nachlass gehörenden Gegenständen auch alle Gegenstände, die durch Surrogation (§ 2111 BGB) Nachlassgegenstand geworden sind. Nach dem Grundsatz der Surrogation gehört sowohl bei dem befreiten als auch bei dem nicht befreiten Vorerben zur Erbschaft auch das, was der Vorerbe aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, sofern ihm nicht der Erwerb als Nutzung gebührt. Wenngleich der Nacherbe nach dem Grundsatz der Surrogation im Zweifel auch an den Erweiterungen der Erbschaft nach dem Vorerbfall partizipiert (§§ 2110 Abs. 1, 2111 BGB), wie beispielsweise aufgrund Wegfalls eines Miterben (§ 1935 BGB), Anwachsung (§ 2094 BGB) oder Ersatzberufung (§ 2096 BGB), kann der Vorerbe im Zweifel ein Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) bei Eintritt des Nacherbfalls behalten und muss den voraus vermachten Gegenstand nicht nach § 2130 BGB an den Nacherben herausgeben (§ 2110 Abs. 2 BGB). Im Erbschein ist ein dem alleinigen Vorerben zugewandtes Vorausvermächtnis anzugeben (§ 352b Abs. 1 FamFG). Im Rückschluss aus § 2136 BGB ist eine Befreiung vom Surrogationsgrundsatz nicht möglich. Zum Erbschaftskauf siehe § 2373 BGB.
Rz. 55
Nicht herauszugeben sind die dem Vorerben gebührenden Nutzungen (§§ 2111 Abs. 1 S. 1, 2133 BGB i.V.m. § 100 BGB). Die Nutzungen des Nachlasses gehören in das freie Vermögen des Vorerben, sofern er diese nicht aufgrund von Auflagen oder Vermächtnissen herauszugeben hat (§ 2111 Abs. 1 S. 1 BGB). Allerdings kann der Erblasser verfügen, dass der Vorerbe (einen Teil der) Nutzungen an den Nacherben oder einen Dritten herauszugeben hat.
Rz. 56
Ebenso darf der Vorerbe Einrichtungen, mit denen er eine zur Erbschaft gehörende Sache versehen hat und die nicht wesentlicher Bestandteil (§§ 93 ff. BGB) geworden sind, wegnehmen (§ 2125 Abs. 2 BGB). Es besteht ein dinglicher Anspruch gegen den Nacherben auf Gestattung der Wegnahme (§ 258 S. 1 BGB). Unter dem Begriff der Einrichtung ist eine Sache zu verstehen, die mit einer anderen körperlich verbunden ist und deren wirtschaftlichem Zweck dient, wie beispielsweise auch ein Inventarstück, selbst wenn dieses wesentlicher Bestandteil der Nachlasssache geworden ist, wie beispielsweise ein Einbauschrank, ein Ofen oder die Beleuchtungsanlage.
Rz. 57
Auch wenn der Vorerbe zur Wegnahme von Einrichtungen nicht verpflichtet ist, hat er gleichwohl die Nachlasssache wieder in den ursprüngliche Zustand zu versetzen (§ 258 S. 1 BGB), anderenfalls trifft ihn eine Schadensersatzpflicht. Der Nacherbe kann seine Ersatzpflicht für vom Vorerben getätigte erforderliche Aufwendungen zur Erhaltung des Nachlasses nach den §§ 2124, 2125 Abs. 1 BGB nicht zurückweisen, indem er den Vorerben auf sein Wegnahmerecht (§ 2125 Abs. 2 BGB) verweist.
Praxishinweis
Ob das Wegnahmerecht auch die durch Surrogation zum Nachlass gelangten Sachen erfasst (§ 2111 Abs. 2 BGB), ist streitig. Soweit der Vorerbe die Inventarstücke mit eigenen Mitteln angeschafft hat, ist von einem Wegnahmerecht jedenfalls dann auszugehen, wenn alternativ keine Ersatzansprüche nach den §§ 2124, 2125 Abs. 1 BGB bestehen.