1. Grundsätzliches
Rz. 58
Ob und unter welchen Voraussetzungen der Vorerbe vom Nacherben für die Dauer der Vorerbschaft Aufwendungen ersetzt verlangen kann, bestimmt sich nach den §§ 103, 2124–2126 BGB.
Die Kosten- und Lastenverteilung beruht auf dem Grundsatz, dass dem Vorerben die Nutzungen (§ 100 BGB) des Nachlasses gebühren (§ 2111 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Vorerbe erwirbt die Nutzungen zu seinem eigenen Vorteil, es findet keine Surrogation statt. Allerdings kann der Erblasser das Fruchtziehungsrecht (§ 99 BGB) des Vorerben auf einen monatlichen Festbetrag aus den Reinerträgnissen beschränken.
Rz. 59
Der die Nutzungen ziehende Vorerbe muss allerdings die Aufwendungen i.S.d. §§ 2124–2126 BGB, wie Erhaltungs- und Verwaltungskosten für die Instandhaltung des Nachlasses im Rahmen seiner Verpflichtung zur ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 2120 S. 1 BGB) aufbringen, anderenfalls kann er dem Nacherben zum Schadensersatz verpflichtet sein (§§ 2130 Abs. 1, 2131 BGB).
Zu unterscheiden sind gewöhnliche und außergewöhnliche Erhaltungskosten (§ 2124 BGB) und Lasten (§ 2126 BGB) sowie sonstige Verwendungen (§ 2145 BGB). Der Erblasser kann den Vorerben von diesen Aufwendungen nicht befreien (§ 2136 BGB). Die Verteilung von Früchten bestimmt sich nach den §§ 101, 102 BGB.
2. Nutzungen eines Unternehmens
Rz. 60
Als Nutzungen eines Unternehmens wird der nach Abzug der Steuern verbleibende Reingewinn angesehen, wie er sich aus der nach kaufmännischen Grundsätzen zu errichtenden jährlichen Handelsbilanz darstellt. Der Erblasser kann durch Verfügung von Todes wegen Erweiterungen oder Einschränkungen anordnen. Nutzungen eines Personengesellschaftsanteils sind zunächst der auf den Anteil gemäß Gesetz und Gesellschaftsvertrag entfallende entnahmefähige Gewinn, bezogen auf die Nutzungszeit. Unabhängig davon hat der Vorerbe gem. § 122 Abs. 1 HGB das Recht zur Entnahme von 4 % seines für das letzte Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils; dies gilt gem. § 169 HGB jedoch nicht für den Vorerben-Kommanditisten. Gesellschaftsvertragliche Gewinnentnahmebeschränkungen binden auch den Vorerben. Thesaurierte Gewinne gebühren dem Nachlass und stehen dem Nacherben zu. Soweit die Bildung von Gewinnrücklagen nicht kaufmännisch geboten ist, kann dem Vorerben jedoch gegenüber dem Nacherben ein Ausgleichsanspruch zustehen, denn was dem Vorerben im Verhältnis zum Nacherben gebührt, richtet sich nach § 2111 Abs. 1 BGB und nicht nach dem Gesellschaftsvertrag. Als Nutzungen einer Kapitalgesellschaft stehen dem Vorerben die auf seine Beteiligung entsprechend den Ergebnisverwendungsbeschlüssen entfallenden Gewinnanteile oder Dividenden zu. Dies gilt nach zutreffender Ansicht allerdings nicht für den Gewinn aus der Auflösung stiller Reserven, die bereits vor dem Erbfall gebildet wurden.
3. Gewöhnliche Erhaltungskosten und Lasten
Rz. 61
Gewöhnliche Erhaltungskosten und Lasten hat der Vorerbe selbst zu tragen (§§ 2124 Abs. 1, 103 BGB). Gewöhnliche Erhaltungskosten (§ 2124 Abs. 1 BGB) sind alle Kosten, die nach den rechtlichen und wirtschaftlichen Umständen des Nachlasses regelmäßig aufgewendet werden müssen, um das Vermögen in seinen Gegenständen tatsächlich und rechtlich zu erhalten. Hierzu können etwa Verschleißreparaturen oder Instandsetzungsarbeiten zählen. Nach h.M. ist es unerheblich, ob die gewöhnlichen Erhaltungskosten aus den Nutzungen der Vorerbschaft gedeckt werden können. Gewöhnliche Lasten sind beispielsweise Versicherungsprämien, Grundsteuern ebenso wie laufende Betriebsausgaben eines zur Erbschaft gehörenden Unternehmens, wie u.a. Löhne und Werbungskosten.
4. Andere Aufwendungen
Rz. 62
Andere Aufwendungen, wie beispielsweise Kosten für den Einbau einer modernen Heizungsanlage (außergewöhnliche Erhaltungskosten) oder die Erbschaftsteuer (außergewöhnliche Last), sind aus der Substanz des Nachlasses zu tragen und belasten damit den Nachlass (§§ 2124 Abs. 2 S. 1, 2126 BGB). Sofern der Vorerbe "andere Aufwendungen", die er für erforderlich halten durfte, aus seinem eigenen Vermögen bestritten hat, so steht ihm gegenüber dem Nacherben mit Eintritt des Nacherbfalls ein Ersatzanspruch zu (§ 2124 Abs. 2 S. 2, 2126 BGB). Auch ka...