Rz. 21

Die Voraussetzungen für den Wertausgleich nach der Scheidung sind zu großen Teilen mit denen des Ausgleichs bei der Scheidung identisch, was sich schon daraus ergibt, dass der Wertausgleich bei der Scheidung die Lücken schließen soll, die sich daraus ergeben, dass bestimmte Anrechte nicht bei der Scheidung ausgeglichen werden können. Hinzu treten weitere Voraussetzungen, die sich zum einen aus dem Lückenfüllungscharakter des Wertausgleichs nach der Scheidung ergeben und zum anderen aus der unterhaltsähnlichen Ausgestaltung dieser Ausgleichsform.

 

Rz. 22

Die Ausgleichsvoraussetzungen müssen jeweils für jedes einzelne Anrecht erfüllt sein. Das kann bedeuten, dass zwar von der einen Seite schon ein Ausgleich nach der Scheidung verlangt werden kann, von der anderen aber noch nicht oder dass der Ausgleich nach der Scheidung nicht für alle Anrechte gleichzeitig geltend gemacht werden kann.

 

Rz. 23

Die Voraussetzungen für den Ausgleich nach der Scheidung sind:

Es müssen die allgemeinen Voraussetzungen für den Versorgungsausgleich vorliegen (siehe dazu Rdn 25 ff.),
es muss ein noch nicht ausgeglichenes Anrecht bestehen (siehe dazu Rdn 30 ff.),
der Ausgleichspflichtige muss eine Versorgung aus dem auszugleichenden Anrecht beziehen (§ 20 Abs. 1 VersAusglG, siehe dazu Rdn 38 ff.),
der Ausgleichsberechtigte muss eine Versorgung beziehen, die Regelaltersgrenze erreicht haben oder die Voraussetzungen für den Bezug einer Versorgung wegen Invalidität erfüllen (§ 20 Abs. 2 VersAusglG, siehe dazu Rdn 42 ff.),
es darf kein Geringfügigkeitsfall vorliegen (§§ 20 Abs. 1 Satz 3, 18 VersAusglG, siehe dazu Rdn 54 ff.) und
der Ausgleich darf auch nicht grob unbillig sein (vgl. § 27 VersAusglG, siehe dazu Rdn 57 ff.).
Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass der Wertausgleich nach der Scheidung nur auf Antrag stattfindet (§ 223 FamFG, siehe dazu Rdn71).
 

Rz. 24

Ein Wertausgleich nach der Scheidung findet also in folgenden Fällen nicht statt:

Auf die Scheidung und damit auch den Versorgungsausgleich findet nicht deutsches Recht Anwendung oder das Heimatrecht beider Ehegatten kennt den Versorgungsausgleich nicht und keiner der Ehegatten stellt einen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs, weil mindestens ein Ehegatte Versorgungsanrechte in Deutschland erworben hat (vgl. Art. 17 Abs. 3 EGBGB, siehe Rdn 26 und außerdem ausführlich oben § 3 Rdn 31 ff.).
Die Ehezeit der beteiligten Eheleute war kurz und keiner der Ehegatten hat im Verfahren über den Ausgleich bei der Scheidung einen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 3 Abs. 3 VersAusglG gestellt (siehe Rdn 28 f.).
Keiner der Ehegatten hat einen noch nicht ausgeglichenen Ehezeitanteil, sodass nichts mehr da ist, was auszugleichen wäre (siehe Rdn 30 ff.).
Die Differenz gleichartiger Anrechte oder der Wert eines einzelnen Anrechts ist gering (vgl. §§ 20 Abs. 1 Satz 3, 18 VersAusglG) und ein Grund, vom grundsätzlichen Ausschluss des Ausgleichs in diesen Fällen abzuweichen, liegt nicht vor (siehe dazu Rdn 54 ff. und ausführlich oben § 8 Rdn 37 ff.).
Der Wertausgleich ist grob unbillig (§ 27 VersAusglG, siehe dazu Rdn 57 ff. und ausführlich oben § 8 Rdn 151 ff.).
Es liegt eine Kombination der verschiedenen vorgenannten Fälle vor.
Die Eheleute haben eine wirksame Vereinbarung geschlossen, durch welche auch der Versorgungsausgleich nach der Scheidung ausgeschlossen wird (§§ 6 bis 8 VersAusglG, siehe dazu § 7 Rdn 27 ff.).

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