Rz. 95
§ 10 RVG Berechnung
(1) Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Der Lauf der Verjährungsfrist ist von der Mitteilung der Berechnung nicht abhängig.
(2) In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags.
(3) Hat der Auftraggeber die Vergütung gezahlt, ohne die Berechnung erhalten zu haben, kann er die Mitteilung der Berechnung noch fordern, solange der Rechtsanwalt zur Aufbewahrung der Handakten verpflichtet ist.
1. Allgemeines
Rz. 96
Wenn es um das Erstellen einer Vergütungsberechnung geht, müssen Sie verschiedene Begrifflichkeiten unterscheiden:
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der Vergütungsanspruch entsteht, |
▪ |
der Vergütungsanspruch wird fällig, |
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der Vergütungsanspruch wird einforderbar. |
Rz. 97
Der Vergütungsanspruch des RA entsteht mit seiner ersten Tätigkeit nach Übernahme des Auftrags. Er kann die Vergütung dann aber noch nicht einfordern, weil die Vergütung noch nicht fällig ist. Deshalb gibt der Abschluss des Anwaltsvertrags dem RA gleichzeitig das Recht (und nach meiner Auffassung auch die Pflicht), die Zahlung eines angemessenen Vorschusses gem. § 9 RVG vom Auftraggeber zu verlangen.
Rz. 98
Fällig wird die Vergütung nach den Vorgaben in § 8 Abs. 1 RVG.
Rz. 99
§ 8 RVG Fälligkeit, Hemmung der Verjährung (verkürzte Darstellung)
(1) Die Vergütung wird fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird die Vergütung auch fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht.
(…)
Rz. 100
Damit der RA die Vergütung auch einfordern kann (im Zweifel auch mit Einschaltung gerichtlicher Organe), ist es erforderlich, dass der RA dem Auftraggeber eine Berechnung seiner Vergütung übermittelt.
2. Bezeichnung der Rechnung
Rz. 101
Wie der RA seine Rechnung nennt, gibt das Gesetz entgegen vieler Meinungen nicht vor. Zulässig ist es, die Rechnung etwa mit Vergütungsberechnung, Vergütungsrechnung, Gebührenberechnung, Kostenberechnung, Honorarrechnung, Honorarnote u.v.m. zu bezeichnen. Ich bevorzuge die Bezeichnung "Vergütungsberechnung", aber das ist die Macht der Gewohnheit. Letztlich kann der RA seine Rechnung auch einfach nur "Anwaltsrechnung" nennen.
3. Formerfordernis an die Vergütungsberechnung
Rz. 102
Der Gesetzgeber hat die Formvorschriften an die Anwaltsrechnung aufgestellt, damit für den Auftraggeber eine Nachprüfbarkeit gegeben ist. Dies ist natürlich dem juristisch nicht versierten Auftraggeber nicht möglich, was im Büroalltag zuweilen zu äußerst amüsanten Begebenheiten führt. Nicht selten werden Sie es erleben, dass der Auftraggeber auf eine Rechnung in voller Verzweiflung ausführt:
"Der RA hat doch nur einmal geschrieben und dafür soll ich jetzt so viel zahlen", oder aber: "Der RA hat im Termin doch gar nichts gesagt, warum erhält er dann trotzdem eine Gebühr". Oder "Ich dachte, das erste Schreiben eines Anwalts kostet nichts"…. Notieren Sie sich diese Begebenheiten, weil Sie dann ggf. damit anfangen, gleich in der Rechnung bestimmten Einwänden von Auftraggebern zuvor zu kommen.
Rz. 103
Sicher kennen Sie auch diesen Auftraggeber: Egal wie hoch die Rechnung ausfällt, der Auftraggeber hat immer etwas auszusetzen, der zu zahlende Betrag ist ihm immer zu hoch und er ist leidenschaftlicher "Händler". Auch da können Sie vorbeugen und bereits mit Ihren Rechnungsanschreiben dem Auftraggeber die Möglichkeit nehmen (oder seine Möglichkeit beschränken), mit Ihnen zeitintensive Diskussionen über die Höhe des Vergütungsanspruchs zu führen.
Rz. 104
Praxistipp:
Der Auftraggeber hat oft von der möglichen Vergütung und der Zusammensetzung des Gegenstandswertes keine Vorstellung, erläutern Sie dem Auftraggeber doch die geltend gemachten Gebühren in einem gesonderten Anschreiben und fügen diesem Anschreiben nur noch die Kurzrechnung ohne Erläuterung bei. Sie können dann jederzeit darauf verweisen, dass Sie den Vergütungsanspruch erläutert haben. Denn immer wieder kommt es auch vor, dass ein Auftraggeber mit der Überprüfung Ihrer Rechnung einen anderen Anwalt beauftragt. Für diesen ist offensichtlich, wie Sie die Vergütung ermittelt haben, die Angelegenheit ist oft erledigt, ohne dass es einer ausufernden Korrespondenz bedarf.
Ein weiterer Grund für eine begründete Vergütungsberechnung ist die sog. Aktentransparenz. Wenn Sie eine Rechnung erstellt haben, kann ein Dritter (Ihre Kollegin/Ihr Kollege [im weiteren: "die Kollegin"] oder Ihr Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin [im weiteren "Der Arbeitgeber"] nicht ohne Weiteres nachvollziehen, wie Sie zu Ihrem Ergebnis gekommen sind. Oberste Regel: Je schwieriger die Rechnung, umso wichtiger ist z...