Das Wichtigste in Kürze:

1. Die Überprüfung der Darstellungsanforderungen einer Verurteilung wegen Unterschreitung des gebotenen Sicherheitsabstandes setzt die Erhebung einer Sachrüge voraus.
2. Bei der Darstellung der Urteilgründe stellen u.a. fehlende Angaben zur Betroffeneneinlassung, unvollständige bzw. widersprüchliche Feststellungen zu Elementen des objektiven und subjektiven Tatbestandes sowie nicht zuletzt zum Rechtsfolgenausspruch erfolgversprechende Angriffspunkte für die Rechtsbeschwerde dar.
 

Rdn 108

 

Literaturhinweise:

Bull, Sind Video-Verkehrskontrollen "unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar"? NJW 2009, 3279

Burhoff, Abstandsmessung – Worauf Verteidiger besonders achten müssen, VA 2003, 153

ders., Verurteilung wegen Abstandsunterschreitung: So überprüfen Sie das Urteil, VA 2003, 165

ders., Messfehler beim Einsatz der Videostoppuhr CG-P50E – Auswirkungen in der Praxis, VRR 2007, 329 = VA 2007, 167

ders., Praktische Fragen zu Abstandsverstößen im verkehrsrechtlichen Mandat, ZAP, Fach 9, S. 945

Cierniak, Prozessuale Anforderungen an den Nachweis von Verkehrsverstößen, zfs 2012, 664; Cierniak/Niehaus, Akteneinsichts- und Offenlegungsrechte im Bußgeldverfahren, DAR 2014, 2

Elsner, Video- und Bildaufnahmen zur Abstandsmessung im Straßenverkehr – nicht ohne eine Rechtsgrundlage, DAR 2010, 164

Förste, Unterschreitung des Mindestabstands für Lkw auf BAB, NZV 1998, 39

Fromm, Zu den Anforderungen an die schriftlichen Urteilsgründe in Bußgeldsachen, DAR 2013, 665

Gercke/Wollschläger, Videoaufzeichnungen und digitale Daten als Grundlage des Urteils – Revisionsrechtliche Kontrolle in den Grenzen des Rekonstruktionsverbots, StV 2013, 106

Gramberg-Danielsen/Holtz, Zur Überwachung des Sicherheitsanstandes von Kraftfahrzeugen auf Autobahnen, MDR 1983, 534

Gutt/Krenberger, Abstandsverstöße im Verkehrszivil- und Bußgeldrecht, zfs 2015, 664

Krumm, Geschwindigkeitsmessung und Abstandsfeststellung durch Polizeibeobachtung ohne technisches Gerät, DS 2004, 324

ders., Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen mit dem VAMA-Verfahren, DAR 2005, 55

ders., Geschwindigkeitsmessung und Abstandsfeststellung durch Nach- oder Vorausfahren ohne weiteres technisches Gerät, NZV 2004, 377

ders., Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen mit dem Verkehrskontrollsystem, DAR 2007, 129

ders., Fachanwaltsklausur: Zum VAMA-Verfahren, VRR 2007, 21

ders., Verteidigung bei Abstandsverstößen, NJW 2016, 3642

Löhle, Aktuelle Fragen zum VKS-Abstands- und Geschwindigkeitsmessverfahren, DAR 2016, 161

Prell/Kuchenbauer, Problematik des Abstands nach § 4 Abs. 1 StVO in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, DAR 1999, 49

Rausch, Kameraüberwachungsmaßnahmen im Straßenverkehr – eine Zwischenbilanz, zfs 2010, 302

Rebler, Polizeiliche Messverfahren für Geschwindigkeit und Abstand im Straßenverkehr, SVR 2013, 208

Roggan, Rechtsgrundlage für bildgebende Messverfahren in der Verkehrsüberwachung? NJW 2010, 1042

s. auch die Hinw. bei → Abstandsmessung, Allgemeines, Rdn 67 und → Abstandsmessung, Messverfahren, Allgemeines, Rdn 80.

 

Rdn 109

1. Bußgeldverfahren sind auf eine "verwaltungsrechtliche Pflichtenmahnung“' angelegte Massenverfahren des täglichen Lebens. Deshalb entspricht es auch dem Zweck des Bußgeldverfahrens, dass hinsichtlich der Abfassung der Urteilsgründe keine übertrieben hohen Anforderungen zu stellen sind. Die Rechtsprechung betont diesen nach dem Willen des Gesetzgebers auf Straffung und Vereinfachung des Bußgeldverfahrens angelegten Verfahrenszweck häufig und gerne gerade für das "entkriminalisierte" Verkehrsrecht, wenn es darum geht, Abstriche gegenüber sonst gültigen verfahrensrechtlichen und sachlich-rechtlichen Standards in Bußgeldsachen argumentativ zu rechtfertigen (BGHSt 39, 291, 299; 43, 22, 26 f. = NJW 1997, 1862; 58, 243, 252 f. = DAR 2013, 477 = NJW 2013, 2837; ferner BayObLG, Beschl. v. 20.2.2023 – 202 ObOWi 1584/22; OLG Bamberg DAR 2017, 89 = VA 2017, 48 m. Anm. Peglau, jurisPR-StrafR 8/2017 Anm. 5 u. Anm. Krenberger, jurisPR-VerkR 13/2017 Anm. 4; zfs 2013, 290 = VM 2013, Nr. 30 = VRR 2013, 111 [Deutscher]; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.1.2023 – 4 ORbs 31 SsBs 17/23; OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.3.2017 – 2 Ss (OWi) 40/17). Gleichwohl kann für den Inhalt des Urteils in Bußgeldsachen prinzipiell nichts anderes als für Urteile in Strafsachen gelten (→ Urteil, Allgemeine Feststellungen, Rdn 3739). Denn auch im Bußgeldverfahren bilden die Urteilsgründe die alleinige Grundlage für die sachlich-rechtliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht (BeckOK StVR/Lay OWiG § 71 Rn 323). Die Urteilsgründe müssen deshalb nach § 71 i.V.m. § 267 Abs. 1, Abs. 3 StPO auch in Bußgeldsachen so beschaffen sein, dass ihnen das Rechtsbeschwerdegericht entnehmen kann, welche Feststellungen der Tatrichter zu den objektiven und subjektiven Tatbestandselementen getroffen hat und welche tatrichterlichen Erwägungen der Bemessung der Geldbuße und der Anordnung oder dem Absehen von Nebenfolgen (Fahrverbot) zugrunde liegen. Dies gilt auch für die Beweiswürdigung, weil das Rechtsbesc...

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