Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Verteidiger hat in jedem Verfahrensstadium ein Akteneinsichtsrecht (AER) gem. § 147 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1.
2. Dem Betroffenen ist im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde selbst Akteneinsicht (AE) zu gewähren, § 49 Abs. 1. Nach Abgabe der Akten an die StA bzw. das Gericht hat der Betroffene selbst kein AER.
3. Der Verletzte hat ein Recht zur AE nach § 406e StPO i.V.m. § 46 Abs. 1. Dieses Recht kann nur durch einen Rechtsanwalt ausgeübt werden.
4. Ein AER von nicht am Verfahren beteiligten Personen kann sich aus den §§ 474 ff. StPO i.V.m. § 49b ergeben. Für eine Privatperson kann dieses Recht nur ein Rechtsanwalt wahrnehmen.
 

Rdn 157

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Akteneinsicht, Allgemeines, Rdn 144.

 

Rdn 158

1.a) Der Verteidiger des Betroffenen hat ein AER gem. § 147 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1. Er nimmt dabei jedoch ein Recht des Betroffenen wahr, in dessen Verteidigungsinteresse die Befugnis gegeben ist (OLG Schleswig StV 1989, 95; Krekeler NStZ 1989, 146, 149). Verteidiger ist der Rechtsanwalt als Wahlverteidiger i.S.d. § 138 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 und als Pflichtverteidiger i.S.d. § 141 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 (→ Pflichtverteidigung im OWi-Verfahren, Rdn 2888).

 

Rdn 159

b) Das AER des Verteidigers besteht bereits in der sog. Anbahnungsphase, in welcher der Rechtsanwalt vor der Übernahme des Mandats (→ Übernahme des Mandats, Allgemeines, Rdn 3673) erst prüft, ob er das Mandat übernehmen will (Meyer-Goßner/Schmitt, § 147 Rn 9). Er muss in diesem Fall aber die Aufforderung des Betroffenen, die Vertretung zu übernehmen, vorweisen (KMR/Müller, § 147 Rn 1).

 

☆ Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist nicht erforderlich (u.a. BVerfG, Beschl. v. 18.2.2022 – 1 BvR 305/21, NJW 2022, 1441 = VRR 5/2022, 30 = StRR 5/2022, 14 [verwaltungsgerichtliches Verfahren]; VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschl. 28.1.2021 – VGH B 71/20, zfs 2021, 173 m. Anm. Burhoff StRR 3/2021, 27; BGH StraFo 2010, 339; OLG Jena VRS 108, 276; OLG Köln StRR 2011, 479; AG Nauen VRR 2013, 235; vgl. auch KK/ Willnow , § 147 Rn 3; OLG Jena VRS 108, 276; vgl. OLG München StV 2008, 127; LG Chemnitz StraFo 2009, 207; s. wohl auch BVerfG NJW 2012, 141 m. Anm. Burhoff StRR 2011, 426). Es genügt die Anzeige des Rechtsanwalts, dass er bevollmächtigt ist (so schon LG Cottbus StraFo 2002, 233; LG Oldenburg StV 1990, 59). Bei Zweifeln an der Bevollmächtigung des Verteidigers muss ein unverzüglicher Hinweis durch die Verwaltungsbehörde, die StA oder das Gericht erfolgen (vgl. OLG Jena, a.a.O.).Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist nicht erforderlich (u.a. BVerfG, Beschl. v. 18.2.2022 – 1 BvR 305/21, NJW 2022, 1441 = VRR 5/2022, 30 = StRR 5/2022, 14 [verwaltungsgerichtliches Verfahren]; VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschl. 28.1.2021 – VGH B 71/20, zfs 2021, 173 m. Anm. Burhoff StRR 3/2021, 27; BGH StraFo 2010, 339; OLG Jena VRS 108, 276; OLG Köln StRR 2011, 479; AG Nauen VRR 2013, 235; vgl. auch KK/Willnow, § 147 Rn 3; OLG Jena VRS 108, 276; vgl. OLG München StV 2008, 127; LG Chemnitz StraFo 2009, 207; s. wohl auch BVerfG NJW 2012, 141 m. Anm. Burhoff StRR 2011, 426). Es genügt die Anzeige des Rechtsanwalts, dass er bevollmächtigt ist (so schon LG Cottbus StraFo 2002, 233; LG Oldenburg StV 1990, 59). Bei Zweifeln an der Bevollmächtigung des Verteidigers muss ein unverzüglicher Hinweis durch die Verwaltungsbehörde, die StA oder das Gericht erfolgen (vgl. OLG Jena, a.a.O.).

 

Rdn 160

Das AER erlischt mit dem Ende des Mandatsverhältnisses (Meyer-Goßner/Schmitt, § 147 Rn 9). Es entfällt daher bei:

Erlöschen der Vollmacht des Wahlverteidigers,
Zurücknahme der Bestellung, § 143 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1,
Zurückweisung nach § 146a Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1,
Tod des Betroffenen.
 

☆ Ist der Rechtsanwalt selbst Betroffener , so wird er wie jeder andere Betroffene behandelt (s. Rdn 161 ). Er hat grds. kein AER gem. § 147 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 (BVerfGE 53, 207, 214; AG Bayreuth, Beschl. v. 19.8.2013 – 2 OWi 149 Js 3321/13). Nach einer Entscheidung des LG Hamburg (NJW 1993, 3152) kann ihm gleichwohl in einfach gelagerten Fällen, bei nur wenigen Aktenseiten, die Akte an seine Kanzlei zur kurzfristigen Einsichtnahme zugesandt werden, wenn die AE auf der Geschäftsstelle aus praktischen Gründen nicht in Betracht kommt.Rechtsanwalt selbst Betroffener, so wird er wie jeder andere Betroffene behandelt (s. Rdn 161). Er hat grds. kein AER gem. § 147 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 (BVerfGE 53, 207, 214; AG Bayreuth, Beschl. v. 19.8.2013 – 2 OWi 149 Js 3321/13). Nach einer Entscheidung des LG Hamburg (NJW 1993, 3152) kann ihm gleichwohl in einfach gelagerten Fällen, bei nur wenigen Aktenseiten, die Akte an seine Kanzlei zur kurzfristigen Einsichtnahme zugesandt werden, wenn die AE auf der Geschäftsstelle aus praktischen Gründen nicht in Betracht kommt.

 

Rdn 161

2.a) Im EV vor der Verwaltungsbehörde ist dem Betroffenen selbst – unter Aufsicht – AE zu gewähren (§ 49 Abs. 1). Die frühere Ermessensregelung wurde durch eine...

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