Detlef Burhoff, Michael Eggers
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Der (zulässige) Inhalt einer Absprache/Verständigung ist nicht (besonders) bestimmt. |
2. |
Im Mittelpunkt der Verfahrensabsprachen im EV werden i.d.R. die Einstellungen des Verfahrens nach den §§ 153, 153a oder der Verfahrensbeschränkung nach den §§ 154, 154a, aber ggf. auch die – nicht zu unterschätzende – Verfahrenserledigung durch Strafbefehl stehen. |
3. |
Geht man davon aus, dass die Vereinbarung/Absprache im EV i.d.R. eine Verständigung im Strafverfahren vorbereiten wird, muss man für den zulässigen Inhalt auf § 257c Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 zurückgreifen und davon ausgehen haben, dass das, was nicht Gegenstand einer Verständigung i.e.S. sein kann, auch nicht im EV zwischen den Verfahrensbeteiligten vorbereitend vereinbart werden darf. |
4. |
In § 257c Abs. 2 ist im Einzelnen festgelegt, was Gegenstand einer Verständigung sein kann und was nicht. |
5. |
Nicht zugesagt werden darf vom Gericht eine bestimmte Punktstrafe. Umstr. ist i.Ü., ob nach § 257c Abs. 3 das Gericht zwingend auch einen Strafrahmen anzugeben hat oder ob die isolierte Angabe einer Strafober- oder Strafuntergrenze ausreicht. Es ist darauf zu achten, dass sich nicht die "Sanktionsschere" zu weit öffnet. |
6. |
Nach § 257c Abs. 2 S. 1 kann auch das "Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten" Gegenstand einer Verständigung sein. |
7. |
Als Inhalt einer Absprache/Verständigung ist vonseiten des Angeklagten z.B. die Zusage denkbar, auf bestimmte Rechte zu verzichten. |
8. |
Nach § 257c Abs. 2 S. 2 soll Gegenstand jeder Verständigung ein Geständnis sein. |
9. |
In § 257c Abs. 2 S. 3 ist bestimmt, was nicht Inhalt einer Verständigung sein kann. |
Rdn 159
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Absprachen/Verständigung, Allgemeines, Teil A Rdn 126.
Rdn 160
1. Der (zulässige) Inhalt einer Absprache/Verständigung ist für das EV nicht (besonders) bestimmt: Die auf dem sog. Opportunitätsprinzip beruhenden Vorschriften zur Einstellung des Verfahrens gem. den §§ 153, 153a, 154, 154a und der für die StA aus § 161 folgende Grundsatz der freien Gestaltung des EV lassen aber gerade auch im EV – unter Beachtung der in den Vorschriften genannten Voraussetzungen – Absprachen zur Beendigung bzw. Verkürzung des Verfahrens zu (zur "abgesprochenen" Einstellung nach § 170 Abs. 2 Meyer-Goßner/Schmitt, § 170 Rn 14 m.w.N.). Allerdings ist auch schon in diesem Verfahrensstadium darauf zu achten, dass jeder Eindruck von "Kungelei und Mauschelei" verhindert wird und die getroffenen Absprachen öffentlich gemacht werden (zum Öffentlichkeitsgebot in der HV [schon] BGHSt 43, 195; 50, 40 und jetzt ausdrücklich die Regelungen in §§ 257c, 243 Abs. 4, 273; auch BVerfG NStZ 2016, 422 und Beschl. v. 4.2.2020 – 2 BvR 900/19, StV 2020, 357; BGH NJW 2016, 513, 517; NStZ 2012, 347; NStZ 2017, 244).
Rdn 161
2.a) Im Mittelpunkt der Verfahrensabsprachen im EV werden i.d.R. die Einstellungen des Verfahrens nach den §§ 153, 153a oder der Verfahrensbeschränkung nach den §§ 154, 154a, aber ggf. auch die – nicht zu unterschätzende – Verfahrenserledigung durch Strafbefehl stehen. Wegen der Einzelh. insoweit ist zu verweisen auf → Einstellung des Verfahrens nach § 153 wegen Geringfügigkeit, Teil E Rdn 2098; → Einstellung des Verfahrens nach § 153a nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen, Teil E Rdn 2128; → Einstellung des Verfahrens nach § 153b bei Absehen von Strafe, Teil E Rdn 2168; → Einstellung des Verfahrens nach § 154 bei Mehrfachtätern, Teil E Rdn 2182; → Einstellung des Verfahrens nach § 154a zur Beschränkung der Strafverfolgung, Teil E Rdn 2210, sowie schließlich auf → Strafbefehlsverfahren, Teil S Rdn 4382. Dort sind die mit diesen unterschiedlichen Verfahrenserledigungen zusammenhängenden Fragen im Einzelnen dargestellt.
Rdn 162
b) Grds. zulässig ist eine Verständigung dahin, das Verfahren nach § 154 Abs. 2 einzustellen (u.a. BVerfG NStZ 2016, 422 m. Anm. Deutscher StRR7/2016, 9; BGH NStZ 2011, 107; 2017, 56 [Bindungswirkung]; OLG Frankfurt am Main NStZ-RR 2011, 49; OLG Nürnberg StraFo 2017, 456; eingehend Eckstein NStZ 2017, 609; s.a. Teil A Rdn 189 f.). Sog. "Gesamtlösungen" oder ein "Package-Deal" sind, da sie über das konkrete Verfahren hinausgehen, als Inhalt einer Verständigung unzulässig (BVerfG NJW 2013, 1058, 1064; NStZ 2016, 422 m. Anm. Deutscher StRR 7/2016, 9; BGHSt 61, 92; BGH NWJ 2016, 513; Beschl. v. 1.8.2019 – 4 StR 477/18, StV 2021, 11; Beschl. v. 19.10.2022 – 3 StR 310/21, StV 2023, 579; H. Schneider NStZ 2014, 192, 196; Knauer NStZ 2013, 433; Krawczyk/Schüler StRR 2014, 284, 285; Mosbacher NZWiSt 2013, 201; Trück ZWH 2013, 169, 173; Bittmann NStZ 2015, 551; Eckstein, a.a.O.; Nötzel/Klauck NStZ 2021, 577, 580 f.; KK/Moldenhauer/Wenske, § 257c Rn 15; Meyer-Goßner/Schmitt, § 257c Rn 13; Pauka/Armenat StraFo 2019, 5; s.a. Teil A Rdn 189 f.). Maßgeblich für die Frage, ob eine "Gesamtlösung" vorliegt, ist in erster Linie der Wortlaut des gerichtlichen Verständigungsvorschlags (BGH, Beschl. v. 19.10.2022 – 3 StR 310/21, StV 2023, 579).
☆ Werden (Gesamt)Vereinbarungen getr...