Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Rdn 549
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Ausschluss der Öffentlichkeit, Allgemeines, Teil A Rdn 520.
Rdn 550
1. Bei zu erwartendem größeren Publikumsandrang kann der Vorsitzende des Gerichts anordnen, dass Einlasskarten ausgegeben und nur Personen mit einer Einlasskarte der Zutritt zum Sitzungssaal gestattet wird (zur Zulässigkeit der Vergabe von Sitzplätzen an Vertreter von ausländischen Medien in einem Verfahren mit weitragender Bedeutung [NSU-Verfahren], BVerfG NJW 2013, 1293 m. Anm. Burhoff StRR 2013, 181 u. Kühne StV 2013, 417; zur Poollösung EGMR NJW 2013, 521 und auch BVerfG NJW 2014, 3013 m. Anm. Arnoldi StRR 2014, 385 u. Artkämper StRR 2015, 21). Zulässig ist auch die Anordnung, dass Besucher sich ausweisen müssen, wenn die Sicherheit im Gerichtsgebäude nicht ohne Weiteres gewährleistet ist und mit einer Störung der HV gerechnet werden muss (BGHSt 27, 13, 16; Kissel/Mayer, § 169 GVG Rn 39 m.w.N.; § 176 Rn 16). Es kann des Weiteren die Registrierung der Besucher angeordnet werden (s.a. – Kontaktdatenerfassung wegen der Coronapandemie zulässig – OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.5.2020 – OVG 11 S 43/20; OVG Lüneburg, Beschl. v. 5.11.2020 – 9 LA 115/20, NJW 2021, 650; s. aber – ggf. unzulässig bei offenen Listen – VerfGH Sachsen, Beschl. v. 23.4.2021 – Vf.1374-IV-20, StRR 7/2021, 10). Möglich ist es auch, dass die Personalausweise während der Dauer der HV oder solange sich die Besucher im Zuhörerraum aufhalten, einbehalten werden (Einzelh. Kissel/Mayer, § 176 GVG Rn 40 m.w.N.; Lesch StraFo 2014, 353 ff.). Dadurch wird der Grundsatz der Öffentlichkeit nicht verletzt (Kissel/Mayer, § 176 GVG Rn 24 ff.; → Ausschluss der Öffentlichkeit, Allgemeines, Teil A Rdn 520). Auch das Anordnen eines Corona-Schnelltests vor Zutritt zur Sitzung soll uneingeschränkt zulässig sein (OLG Celle, Beschl. v. 02.08.2021 – 2 Ws 230/21 u. 2 Ws 234/21). Es verstößt zudem auch nicht gegen § 169 GVG, wenn ein Gerichtspräsident aufgrund seines Hausrechts aus verständlichen Gründen Zugangsmodalitäten für das Gerichtsgebäude festlegt, deren Befolgung ohne weiteres möglich und zumutbar ist und die nicht zu einem tatsächlichen Zugangshindernis für das Publikum insgesamt oder für einzelne Personen(gruppen) führen (BVerfG NJW 2012, 1863 m. Anm. Schmidt StRR 2012, 376 für das Untersagen von "Motorradkutten"; zur Maskentragepflicht wegen Corona-Ansteckungsgefahr BVerfG, Beschl. v. 18.8.2020 – 1 BvR 1918/20, NJW 2020, 3166; AG Reutlingen, Urt. v. 14.8.2020 – 9 OWi 29 Js 9730/20, DAR 2021, 45 m. Anm. Deutscher StRR 10/2020, 32; weit, Nachw. → Sitzungspolizei, Teil S Rdn 3018). Schließlich kann nach § 175 Abs. 1 GVG unerwachsenen Personen – was den pauschalen Ausschluss von Personen unter 16 Jahren rechtfertigt – und solchen, die in einer der Würde des Gerichts nicht entsprechenden Weise erscheinen, der Zutritt versagt werden (dazu BGH NStZ 2006, 652).
☆ Die Entscheidung über die Zugänglichkeit zu Gerichtsverhandlungen, die Reservierung einer bestimmten Anzahl von Plätzen für Medienberichterstatter und auch die Verteilung knapper Sitzplätze an dieselben obliegt grds. der Prozessleitung des Vorsitzenden (BVerfG NJW 2013, 1293; → Verhandlungsleitung , Teil V Rdn 3502 ).Prozessleitung des Vorsitzenden (BVerfG NJW 2013, 1293; → Verhandlungsleitung, Teil V Rdn 3502).
Rdn 551
2. Der Vorsitzende kann darüber hinaus anordnen, dass nur solche Personen in den Sitzungssaal eingelassen werden, die mit einer Kontrolle und Durchsuchung auf Waffen und/oder anderer zur Störung geeigneter Sachen, wie z.B. Transparente, Geräte zur Lärmerzeugung usw., einverstanden sind (BVerfG NJW 1978, 1048; OLG Koblenz NJW 1975, 1333). Solche Durchsuchungsanordnungen können grds. hinsichtlich aller Verfahrensbeteiligten ergehen (Kissel/Mayer, § 176 GVG Rn 18; wegen der Besonderheiten beim Verteidiger → Verteidiger, Durchsuchung des Verteidigers, Teil V Rdn 3858; s.a. BVerfG NJW 2006, 1500). Werden zur Störung geeignete Gegenstände gefunden, kann der Vorsitzende die betreffende Person wegen der erkennbaren Störungsabsicht zurückweisen oder die Sachen sicherstellen lassen.
☆ Hat das Gericht durch Anordnung der vorherigen Durchsuchung von Zuhörern selbst bewirkt, dass sich deren Zutritt zum Sitzungssaal verzögert, darf es mit der Verhandlung erst beginnen , wenn den rechtzeitig erschienenen Personen der Zutritt gewährt worden ist. Anderenfalls ist der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt (BGH NJW 1995, 3196). Der Eintritt von Personen, die erst nach dem für den HV-Beginn ursprünglich festgesetzten Zeitpunkt erscheinen, braucht hingegen nicht abgewartet zu werden (BGHSt 28, 341).Verhandlung erst beginnen, wenn den rechtzeitig erschienenen Personen der Zutritt gewährt worden ist. Anderenfalls ist der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt (BGH NJW 1995, 3196). Der Eintritt von Personen, die erst nach dem für den HV-Beginn ursprünglich festgesetzten Zeitpunkt erscheinen, braucht hingegen nicht abgewartet zu werden (BGHSt 28, 341).
Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist i.Ü. a...