Detlef Burhoff, Michael Eggers
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Bestandsdatenauskunft wird in § 100j geregelt. |
2. |
Die sachlichen Voraussetzungen der Bestandsdatenabfrage werden in § 100j Abs. 1 geregelt. |
3. |
Das Verfahren der Auskunftserteilung regelt § 100j Abs. 3. |
4. |
In § 100j Abs. 4 ist eine Benachrichtigung des von der Maßnahme Betroffenen vorgesehen. |
5. |
§ 100j Abs. 5 sieht eine Mitwirkungspflicht der Diensteanbieter vor. |
6. |
Für Rechtsmittel gelten die allgemeinen Regeln. |
7. |
Für Zufallsfunde, die durch eine Auskunft nach § 100j erlangt wurden, gelten die allgemeinen Regeln. |
Rdn 677
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Auskunft über/Erhebung von Telekommunikationsdaten, Allgemeines, Teil A Rdn 771
Rdn 678
1. In § 100j ist die Bestandsdatenauskunft geregelt. Erfasst wird damit die Abfrage von Bestandsdaten (zu den erfassten Daten Teil A Rdn 681), nicht die von Verkehrsdaten (→ Auskunft über/Erhebung von Telekommunikationsdaten, Verkehrsdaten/Vorratsdatenspeicherung, Teil A Rdn 711 ff.). Für die gilt § 100g (Meyer-Goßner/Schmitt, § 100j Rn 1; SSW-StPO/Eschelbach, § 100j Rn 1). Die Vorschrift ist durch das "Gesetz zur Änderung des TKG und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft" v. 20.6.2013 in die StPO eingefügt worden. Dieses war aufgrund des Beschlusses des BVerfG v. 24.1.2012 (1 BvR 1299/05, NJW 2012, 1419), das die Regelung des § 113 Abs. 1 S. 2 TKG a.F. als verfassungswidrig angesehen hatte, erforderlich geworden (zur Neuregelung Bär MMR 2013, 700; Dalby CR 2013, 361; Hauck StV 2014, 360; Burhoff StRR 2015, 8; zur verfassungsrechtlichen Erforderlichkeit der Regelung SSW-StPO/Eschelbach, § 100j Rn 2 ff.). Die Regelung, deren Bedeutung mit Zunahme der modernen Kommunikation erheblich ist (SSW-StPO/Eschelbach, § 100j Rn 5), ist am 1.7.2013 in Kraft getreten und wurde (unwesentlich) geändert mit Wirkung vom 26.11.2019 durch das Gesetz v. 20.11.2019 zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 (BGBl I S. 1724). Durch Beschl. v. 27.5.2020 hat dann das BVerfG auch die Neuregelung des § 113 Abs. 1 TKG, auf den an vielen Stellen der Norm Bezug genommen wird, ein weiteres Mal für teilweise verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Neuregelung bis längstens 31.12.2021 aufgegeben (1 BvR 1873, 13, NJW 2020, 2699; zur Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen der Bestandsdatenauskunft Großmann StV-S 2021, 31). Nach der erfolgten Neuregelung war § 100j a.F. um Auskünfte von Telemediendienstleistern (§ 14 TMG a.F.) erweitert worden. Insbesondere war in dem § 100j a.F. an verschiedenen Stellen auf die ebenfalls vollständig neu gestalteten §§ 15a und b TMG a.F. Bezug genommen worden. Das "Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27.5.2020" (BGBl I 2021, S. 448 ff.) ist am 2.4.2021 in Kraft getreten. Eine weitere Änderung ist durch das "Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2021 (BGBl. I, S. 2099) erfolgt. Seit dem 1.12.2021 gilt die aktuelle, an die Neufassung des TKG und das neue Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) angepasste Vorschrift des § 100j, die insb. auf die Regelungen zum Auskunftsverfahren bei Bestandsdaten der neuen §§ 22 f. TTDSG Bezug nimmt sowie auf die §§ 3, 172, 174, 177 TKG n.F.
Rdn 679
2.a) Die sachlichen Voraussetzungen der Bestandsdatenauskunft werden in § 100j Abs. 1 geregelt. S. 1 regelt eine allgemeine Informationsbeschaffungsbefugnis (Teil A Rdn 680 ff.). S. 2 regelt die Erfassung von Zugangssicherungscodes (dazu Teil A Rdn 683).
☆ Nicht geregelt ist der Zugriff auf extern gespeicherte Daten , wie z.B. einer Cloud. Der heimliche Zugriff auf dort abgelegte/gespeicherte Daten ist also weiterhin unzulässig (SSW-StPO/ Eschelbach , § 100j Rn 10; Dalby CR 2013, 361, 368; Wicker MMR 2014, 298; a.A. offenbar Meyer-Goßner/Schmitt , § 100j Rn 3). Zu Recht weist SSW-StPO/ Eschelbach (a.a.O.) darauf hin, dass der heimliche Zugriff auf Datenwolken oder ähnliche externe Speichermöglichkeiten einer unzulässigen → Online-Durchsuchung , Teil O Rdn 3374 , nahe käme. ist der Zugriff auf extern gespeicherte Daten, wie z.B. einer Cloud. Der heimliche Zugriff auf dort abgelegte/gespeicherte Daten ist also weiterhin unzulässig (SSW-StPO/Eschelbach, § 100j Rn 10; Dalby CR 2013, 361, 368; Wicker MMR 2014, 298; a.A. offenbar Meyer-Goßner/Schmitt, § 100j Rn 3). Zu Recht weist SSW-StPO/Eschelbach (a.a.O.) darauf hin, dass der heimliche Zugriff auf Datenwolken oder ähnliche externe Speichermöglichkeiten einer unzulässigen → Online-Durchsuchung, Teil O Rdn 3374, nahe käme.
Rdn 680
b) Nach Abs. 1 S. 1 Nr. 1 u. 2 muss derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, auf Verlangen der Ermittlungsbehörde eine Auskunft über die nach § 172 TKG erhobenen Daten (§ 174 Abs. 1 S. 1 TKG) erteilen. Erfasst werden also folgende (Hauck StV 2014, 360, 361)
Rdn 681