Das Wichtigste in Kürze:

1. Bei der Abstandsmessung kommen unterschiedliche technische Verfahren zum Einsatz, insbesondere Brückenabstandsmessverfahren oder Video-Nachfahrsysteme.
2. Als standardisierte Messverfahren anerkannt sind deutschlandweit VKS 3.0 und VKS 3.01 sowie manche ländereigenen Vorgehensweisen (bspw. "VAM", "VAMA", "ViBrAM").
3. Abstandsermittlungen mit Video-Nachfahrsystem erfolgen händisch durch das Auswertepersonal, stellen daher kein standardisiertes Messverfahren dar und sind in jedem Einzelfall auf Korrektheit zu prüfen.
 

Rdn 81

 

Literaturhinweise:

Burhoff, Messfehler beim Einsatz der Videostoppuhr CG-P50E – Auswirkungen in der Praxis, VRR 2007, 329

Diezel/Wowra, Fallbeispiel: Rechtswidrige Bußgeldverfahren im Land Brandenburg, VRR 2010, 14

Grün, Abstandsmessungen einmal anders – das ursprünglich "standardisierte Messverfahren ES 3.0" wird zur Abstandsmessung bei Lkw eingesetzt, StRR 2011, 301

Holtkötter, ProViDa – Neue Auswertehilfe – nicht nur für kritische Fälle, VRR 2011, 255

Jäger/Märtens, Zur Messunsicherheit der Videoabstandsmessverfahren VAM und VAMA bei der amtlichen Verkehrsüberwachung, PTB-Bericht 1997

Krumm, Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen mit dem Verkehrskontrollsystem, DAR 2007, 129

s. auch die Hinw. bei → Abstandsmessung, Allgemeines, Rdn 67.

 

Rdn 82

1. Bei der Abstandsmessung kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz.

Hauptsächlich werden Abstandsmessungen mit speziell auf diese Vorgänge "zugeschnittenen" Messgeräten, etwa Verkehrskontrollsystemen, durchgeführt. Die jeweiligen Messgeräte besitzen für die Abstandsermittlung eine entsprechende Bauartzulassung und werden daher von der Rechtsprechung bei zweckbestimmten Einsätzen als sogenannte "standardisierte Messverfahren" betrachtet.
Auch Abstandsermittlungen mit Video-Nachfahrsystemen (etwa ProViDa 2000 Modular), deren Bauartzulassung auf die Geschwindigkeitsermittlung begrenzt ist und sich damit nicht auf die Abstandsauswertung erstreckt, machen einen nicht unerheblichen Teil der angezeigten Abstandsverstöße aus.
In der Praxis kommen zudem auch "unkonventionelle" Verfahren zum Einsatz, so etwa die Abstandsmessung mittels eines handelsüblichen Camcorders oder einer (Spiegelreflex-)Kamera (vgl. Diezel/Wowra VRR 2010, 14).
Nicht zuletzt wird insbesondere bei Abstandsverstößen durch Lkw auch gänzlich auf jede Art von Dokumentation verzichtet und sich mit einer reinen Zeugenaussage begnügt. Die scheinbare Leichtigkeit, eine Geschwindigkeit von 50 km/h und einen Abstand von weniger als 50 m nachweisen zu können, lässt den möglichen Kontext dieser Verkehrssituation (z.B. das vorherige Einscheren in den Abstand des angezeigten Lkws) gerne vergessen.
 

Rdn 83

Da die Ahndung der Abstandsunterschreitung auch von der gefahrenen Geschwindigkeit abhängig ist (bei Lkw über 3,5 t ab 50 km/h, bei Pkw erfolgt die Einteilung nach > 80 km/h, > 100 km/h und > 130 km/h; vgl. a. → Abstandsmessung, Allgemeines, Rdn 70), geht mit der Abstandsüberwachung auch eine Geschwindigkeitsermittlung einher. Diese kann ohne festgestellte Abstandsunterschreitung auch direkt zur Ahndung einer etwaigen Geschwindigkeitsüberschreitung herangezogen werden (→ Geschwindigkeitsüberschreitung, Messverfahren, Video mobil, Rdn 2140).

 

Rdn 84

2.a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung war lange Zeit ausschließlich das Videoabstandsmessverfahren VAMA (NRW) als "standardisiertes Messverfahren" anerkannt (OLG Hamm, Beschl. v. 15.3.2004 – 2 Ss OWi 162/04, Burhoff VA 2003, 153 ff.). Das OLG Dresden (Beschl. v. 8.7.2005 – Ss [OWi] 801/04) hat allerdings auch das Verkehrskontrollsystem VKS 3.01, das OLG Bremen (Beschl. v. 28.10.2010 – 2 SsBs 70/10) das VKS 3.0, das OLG Stuttgart das in Baden-Württemberg eingesetzte Video-Brücken-Abstandsmessverfahren ViBrAM-BAMAS (OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.8.2007 – 4 Ss 23/07), das OLG Bamberg das "bayerische Brückenabstandsmessverfahren" (OLG Bamberg, Beschl. v. 16.11.2009 – 2 Ss OWi 1215/09; OLG Bamberg, Beschl. v. 4.8.2015 – 3 Ss OWi 874/15) und das OLG Saarbrücken das Saarländische VAM (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.2.2010 – Ss (B) 107/09VRS 118, 268) anerkannt. Bei all diesen Systemen handelt es sich um Messaufbauten, die auf Straßenbrücken oder eigens installierten Metallrahmen (VKS 3.01) oberhalb der Fahrbahn positioniert werden. Im Gegensatz dazu sind Abstandsmessungen mit Video-Nachfahrsystemen, also ProViDa 2000 (Modular) bzw. Police-Pilot-System, nicht als standardisierte Messverfahren anerkannt (vgl. zu "PPS" bzw. ProViDa OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.6.2000 – 2 b Ss (OWi) 95/00; OLG Hamm, Beschl. v. 15.3.2004 – 2 Ss OWi 162/04 und OLG Jena, Beschl. v. 22.4.2010 – 1 Ss 355/09).

 

Rdn 85

b) Die folgenden als Abstandsmessgeräte einsetzbaren (und auch tatsächlich in Deutschland zum Einsatz kommenden) Messsysteme haben eine Zulassung der PTB erhalten.

 

Übersicht: Abstandsmessgeräte mit Zulassung der PTB

Messgerät Hersteller Zertifikatsnummer Datum des Zertifikats/Version (Zulassungsnachtrag)
CG-P50E (Charaktergenerator) V...

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