Das Wichtigste in Kürze:

1. Der Verteidiger darf sich Auszüge oder Ablichtungen aus den Akten oder Abschriften von Aktenteilen fertigen.
2. Der Umfang des Aktenauszugs bestimmt sich nach dem jeweiligen Einzelfall. I.d.R. wird der Verteidiger die gesamte Akte kopieren (lassen) dürfen.
3. M.E. sind auch die Kosten eines zweiten Aktenauszugs für den Beschuldigten erstattungsfähig.
4. Der Pflichtverteidiger hat die Möglichkeit nach § 46 Abs. 2 bzw. nach § 47 RVG vorzugehen.
 

Rdn 241

 

Literaturhinweise:

Bode, Ist der Verteidiger berechtigt, nach Eröffnung des Hauptverfahrens dem Angeklagten einen Aktenauszug zu überlassen?, MDR 1981, 287

Burhoff, Vorschuss aus der Staatskasse (§ 47 RVG), RVGreport 2011, 327

Elberling/Schaar, Rettet den Wald – ein Plädoyer für eine Reform der Nr. 7000 VV RVG n.F., StraFo 2014, 195

Klüsener, Dokumentenpauschale für eingescannte Dokumente?, JurBüro 2016, 2

Peter, Die Kostenerstattung der umfangreichen elektronisch überlassenen Akte, PStR 2017, 12

Schlesinger, Die elektronische Hilfsakte – das Modell aus Hamburg, StraFo 2018, 59

­Reckin, Aktenscans: Gesetzgeber ein Umweltsünder?, AnwBl. 2015, 59

Zieger, Verpflichtung von Strafverteidigern nach der Verschlußsachenanweisung in Spionageverfahren?, StV 1995, 107

s.a. die Hinw. bei → Akteneinsicht, Allgemeines, Teil A Rdn 226.

 

Rdn 242

1.a)aa) Der Verteidiger darf/muss sich Auszüge oder Ablichtungen aus den Akten oder Abschriften von Aktenteilen fertigen (BGHSt 18, 369, 371; Meyer-Goßner/Schmitt, § 147 Rn 7; KK-Willnow, § 147 Rn 6, jeweils m.w.N.; s. auch § 19 BORA; zur elektronischen Hilfsakte Schlesinger StraFo 2018, 59). Bei der Anfertigung des Auszugs aus den Akten darf sich der Verteidiger zur technischen Durchführung seines Büropersonals, nicht aber des Beschuldigten und grds. auch nicht eines Dritten, bedienen (→ Akteneinsicht, Behandlung der Akten, Teil A Rdn 262; → Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 530; zur Einsichtnahme bei der elektronischen Akte → Akteneinsicht, elektronische Akte, Teil A Rdn 394).

 

Rdn 243

Der Verteidiger hat grds. keinen Anspruch darauf, dass das Gericht für ihn Ablichtungen fertigt (KK-/Willnow, § 147 Rn 6; a.A. Krekeler wistra 1983, 47). Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen die Aktenüberlassung in die Geschäftsräume oder die Wohnung des Verteidigers abgelehnt worden ist (→ Akteneinsicht, Ort der Durchführung, Teil A Rdn 455). Dann kann der Verteidiger beantragen, dass die StA oder das Gericht Ablichtungen gegen Erstattung der Auslagen fertigen (KK-Willnow, a.a.O., m.w.N.). Etwas anderes gilt ggf. auch hinsichtlich der AE in die Bänder einer TÜ (OLG Frankfurt am Main StV 2001, 611). Reicht das Vorspielen dieser Bänder zur Information nicht aus, hat der Verteidiger einen Anspruch auf die Herstellung einer amtlich gefertigten Kopie. Der Verteidiger kann nicht verpflichtet werden, von ihm zur Einsichtnahme überlassene TÜ-Protokolle keine Ablichtungen zu fertigen bzw. diese nach Beendigung des Verfahrens zu vernichten (OLG Köln StV 2009, 686 [Ls.]).

 

☆ Die mit der Überlassung von Kopien von Akten(bestandteilen) zusammenhängenden Fragen hatten/haben vor allem im Bußgeldverfahren erhebliche Bedeutung, wenn es um die Einsicht in Bedienungsanleitungen von Messgeräten, sog. Lebensakten, Messunterlagen usw. geht. Die Fragen sind zusammenhängend dargestellt bei → Bußgeldverfahren , Besonderheiten, Akteneinsicht , Teil B Rdn  1532  ff.; dort finden sich auch Lit.-Hinweise).Bußgeldverfahren erhebliche Bedeutung, wenn es um die Einsicht in Bedienungsanleitungen von Messgeräten, sog. Lebensakten, Messunterlagen usw. geht. Die Fragen sind zusammenhängend dargestellt bei → Bußgeldverfahren, Besonderheiten, Akteneinsicht, Teil B Rdn 1532 ff.; dort finden sich auch Lit.-Hinweise).

 

Rdn 244

bb) Inzwischen werden die Akten häufig eingescannt. Das ist dem Verteidiger erlaubt. Das Einscannen der Akten ist sicherlich bei umfangreichen Akten eine Alternative, die es erspart, "Aktenberge mitzuschleppen". Zudem ermöglicht das Einscannen häufig ein einfacheres Umgehen mit den Akten durch Ausnutzen der Suchfunktionen der verwendeten Software. Bis zu den Änderungen der Nr. 7000 VV RVG durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013 war die obergerichtliche Rspr. weitgehend der Auffassung, dass die dadurch entstehenden Kosten später zu erstatten sind (vgl. u.a. OLG Bamberg StV 2007, 485; LG Dortmund RVGreport 2010, 108; LG Kleve RVGreport 2012, 31). Nach den Änderungen durch das 2. KostRMoG – Ersetzung der Formulierung "Ablichtung" durch "Kopie" wird das anders gesehen (dazu aus der Rspr. KG NStZ-RR 2016, 63 m. Anm. Burhoff StRR 2015; RVGreport 2016, 147; LG Berlin, AGS 2015, 374; AG Hannover AGS 2014, 273; dazu dann Elberling/Schaar StraFo 2014, 195 mit dem Ruf nach der "Reform der Reform"; Reckin AnwBl. 2015, 59; Klüsener JurBüro 2016, 2; Peter PStR 2017, 12). Die damit zusammenhängenden Fragen können hier nicht dargestellt werden. Insoweit wird verwiesen auf die eingehenden Ausführungen bei Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Nr. 7000 VV Rn...

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