Das Wichtigste in Kürze:

1. Das "Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2021 hat ein Auskunftsverlangen betreffend Postsendungen eingeführt.
2. Die Ermächtigungsgrundlage für das Auskunftsverlangen der Ermittlungsbehörden über Postsendungen ist in § 99 Abs. 2 ist enthalten.
3. Für eine Auskunftsverlangen ist ebenso wie für die Postbeschlagnahme nach § 99 Abs. 1 kein besonderer Tatbestandskatalog und/oder eine Eingriffsschwelle vorgesehen.
4. Der erforderliche Inhalt des Auskunftsverlangens ist in § 99 Abs. 2 S. 2 u. 3 bestimmt.
5. Das Verfahren des Auskunftsverlangens ist ebenso wie das Verfahren bei der herkömmlichen Postbeschlagnahme in § 100. Auch für Rechtsmittel und BVV gelten dieselben regeln wie bei der Postbeschlagnahme.
 

Rdn 740

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Beschlagnahme, Allgemeines, Teil B Rdn 892, bei → Postbeschlagnahme, Teil B Rdn 3870, bei → Rechtsmittel im Ermittlungsverfahren, Teil R Rdn 3951, und bei → Telefonüberwachung, Begriff, Teil T Rdn 4282.

 

Rdn 741

1.a) Bis zu den Änderungen durch das "Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2021 (BGBl I, S. 2099) war in § 99 a.F. (nur) die → Postbeschlagnahme, Teil P Rdn 3869 ff., geregelt. Die richtet(e) sich nach § 99 S. 1 u. 2 a.F. allein darauf, den Postdienstleister zur Auslieferung von solchen Postsendungen (und Telegrammen) zu verpflichten, die sich im Zeitraum der Anordnung der Maßnahme in seinem Gewahrsam befinden. Diese können dann ggf. nach Maßgabe von § 100 geöffnet und nach Bewertung ihres Inhalts ggf. beschlagnahmt werden (wegen der Einzelh. → Postbeschlagnahme, Teil P Rdn 3869 ff.).

 

Rdn 742

Nach überwiegender Ansicht (u.a. BGH NJW 2017., 680; vgl. LR-Menge, § 99 Rn 29 ff.; KK-Greven, § 99 Rn 11; Meyer-Goßner/Schmitt, § 99 Rn 14; Weisser wistra 2016, 387, jew. m.w.N.) bestand daneben die Befugnis, als milderes Mittel zur physischen Beschlagnahme in einem eingeschränkten Umfang – vor allem betreffend die äußeren Merkmale einer Postsendung – Auskunft bei den Postdienstleistern über jene Sendungen zu verlangen, die sich in ihrem Gewahrsam befinden. Nachdem lange Zeit davon ausgegangen worden ist, dass sich dieser Auskunftsanspruch auch auf Postsendungen bezieht, die zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens der Strafverfolgungsbehörden bereits ausgeliefert worden waren (LR-Menge u. KK-Greven, jew. a.a.O.), hatte der BGH das inzwischen aber unter Hinweis darauf, dass gesetzliche Eingriffsbefugnisse dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit genügen müssen und es zudem für eine analoge Anwendung des § 99 StPO a.F. an der erforderlichen Regelungslücke fehle, abgelehnt (u.a. BGH NJW 2017, 680).

 

Rdn 743

b) Diese (angebliche) "Lücke" ist durch das "Gesetz zur Fortentwicklung der StPO u.a." v. 25.6.2021 (BGBl I, S. 2099) durch die (Neu)Regelung in § 99 Abs. 2 "mit Blick auf das im Grundgesetz verankerte Gebot der effektiven Strafverfolgung" und unter Hinweis auf "ein unabweisbares Bedürfnis der ­Ermittlungsbehörden, zu Zwecken der Strafverfolgung nicht nur auf physisch bei den Post­dienstleistern vorhandene Sendungen Zugriff erlangen zu können, sondern unter denselben Voraussetzungen auch im Umfang, wie bislang schon als Minusmaßnahme zur physischen Beschlagnahme anerkannt eine Auskunft über noch nicht oder nicht mehr vorhandene Sendung verlangen zu können" (BT-Drucks 19/27654, S. 66), geschlossen werden (zur Kritik BRAK-Stellungnahme von November 2020, S. 7). Insbesondere für den Fall des Versandes von inkriminierten Gegenständen (z.B. Betäubungsmitteln, Waffen, Hehlerware usw.) über das besonders abgeschottete sog. Darknet, würden sich die Postdienstleister aus Ermittlersicht oftmals als entscheidende "Schnittstelle" von digitaler und analoger Welt darstellen, bei der sich Ermittlungsansätze zur Identifizierung von Tatverdächtigen ergeben, ­namentlich Informationen dazu, wann, wo und von wem ein Paket mit mutmaßlich illegalem Inhalt ­ausgeliefert wurde bzw. bereits (online) aufgegeben, aber vom Versender noch nicht beim Postdienstleister abgegeben wurde (BT-Drucks 19/27654, S. 66).

 

☆ Dazu ist zunächst die amtliche Überschrift von § 99 um die neue Befugnis Auskunftsverlangen ergänzt worden.amtliche Überschrift von § 99 um die neue Befugnis "Auskunftsverlangen" ergänzt worden.

Sodann ist der frühere Wortlaut des § 99 S. 1 u. 2 a.F., welche die herkömmliche Postbeschlagnahme betrafen, zu § 99 Abs. 1 geworden. Die Regelungen sind unverändert geblieben. Insoweit wird auf → Postbeschlagnahme Teil P Rdn 3869 ff. verwiesen

Im neuen § 99 Abs. 2 ist dann das Auskunftsverlangen der Ermittlungsbehörden über Postsendungen geregelt worden.

 

Rdn 744

2. Die Ermächtigungsgrundlage für das Auskunftsverlangen der Ermittlungsbehörden über Postsendungen ist in § 99 Abs. 2 ist enthalten. Ebenso wie die in § 99 Abs. 1 geregelte → Postbeschlagnahme, Teil P Rdn 3869, stellt das Auskunftsverlangen einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 10 GG geschützte Brief, Post- und Fernmeldegeheimnis dar.

 

Rdn 745

Die eigentliche B...

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