Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Geschätzte Heizkostenverteilung nach Defekt eines Messgeräts im Abrechnungszeitraum
Normenkette
§ 23 WEG, § 242 BGB, § 9a Abs. 1 HeizkostenV
Kommentar
1. Eigentümer sind nicht gehindert, bereits bestandskräftig, beschlussgenehmigte Jahresabrechnungen dann im Wege eines Zweitbeschlusses zu korrigieren, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass Heizkosten wegen eines fehlerhaft eingebauten Messgeräts in einer Einheit bisher unrichtig erfasst wurden. Ein solcher Folgebeschluss, der denselben Gegenstand wie ein früherer Beschluss betrifft und der die durch den Erstbeschluss betroffene Regelung ändert, ist als so genannter abändernder Zweitbeschluss grundsätzlich zulässig (vgl. auch Bärmann/Pick/Merle, 8. Auflage 2000, § 23 Rn. 66, 190). Allerdings kann jeder Eigentümer nach § 21 Abs. 3 und 4 WEG verlangen, dass der Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses berücksichtigt (vgl. BGHZ 113, 197, 200). Eine Verletzung schutzwürdiger Belange kommt allerdings insbesondere nur dann in Betracht, wenn ein Eigentümer durch den abändernden Zweitbeschluss einen rechtlichen Nachteil im Verhältnis zur Regelung des Erstbeschlusses erleidet; dies bedeutet jedoch nicht, dass durch einen abändernden Beschluss etwaige tatsächliche Vorteile erhalten bleiben müssen, die ein Eigentümer nach dem Erstbeschluss gehabt hätte (vgl. auch OLG Saarbrücken, WE 98, 69, 71).
Wurden einem Eigentümer zu geringe Heizkosten belastet, muss ein solcher Vorteil dem Begünstigten zu Lasten der Gemeinschaft (Vertrauensschutz) nicht erhalten bleiben. Geschäftsgrundlage für die Verteilung der Heizkosten war in der bestandskräftig genehmigten früheren Abrechnungen die Annahme der Eigentümer, dass Basis der Berechnung - wie gesetzlich in § 4 HeizkostenV vorgeschrieben - die zutreffende Erfassung des tatsächlichen Verbrauchs durch die vorhandenen und abgelesenen Messeinrichtungen war. Aus diesem Grund wird ein Eigentümer durch eine entsprechende Anpassung und Korrektur der Heizkostenverteilung im Wege eines Zweitbeschlusses nicht in einer Treu und Glauben widersprechenden Weise benachteiligt (insbesondere aufgrund des hier auffallend geringen Differenzbetrages).
2. Hierin liegt auch keine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels. Bezüglich der in Rede stehenden Heizkostenperiode konnten korrekte Verbrauchswerte wegen des Fehlers am Messgerät nicht ermittelt werden. Dies rechtfertigt es - wie § 9a Abs. 1 HeizkostenV in diesen Fällen vorsieht - den in der Wohneinheit des Eigentümers betreffenden Verbrauch auf der Grundlage des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum zu ermitteln. Diesem Ergebnis trugen die neuerlichen Genehmigungsbeschlüsse als Zweitbeschlüsse Rechnung.
Was die Vergleichbarkeit betrifft, kann ein bestimmtes Heizverhalten für fragliche Abrechnungsperioden nicht objektiviert werden. Die vom Erstbeschwerdegericht gebilligte Schätzung nach %-Anteilen war ebenso wenig in Frage zu stellen wie die durch die Reduzierung der Anteile nach Zählerumbau in den betreffenden Heizungsperioden. Denn zum einen sieht § 9a Abs. 1 HeizkostenV die Berücksichtigung künftiger Heizperioden für die Kostenverteilung in solchen Sonderfällen nicht vor; zum anderen zeigt hier auch die geringe %-Differenz, dass auch der mit einem intakten Wärmeerfassungsgerät ermittelte Verbrauchsanteil Schwankungen unterliegt. Schließlich liegt es auch nicht fern, dass ein Eigentümer nach Umbau des Heizkostenmessgeräts sparsamer geheizt hat.
3. Keine Erstattung außergerichtlicher Kosten bei Wert des Beschwerdegegenstandes "bis DM 4.000,-".
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.03.2000, 3 Wx 414/99)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer