Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um die Abänderung eines Unterhaltstitels. Der Kläger berief sich im Wesentlichen auf die neue Rechtslage ab dem 1.1.2008 und begehrte einen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab März 2008. Er berief sich u.a. darauf, dass er sich nunmehr auf eine ehevertragliche Regelung des Unterhalts berufen könne. Zudem sei die Beklagte nunmehr zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet, aus der sie ihren konkreten Bedarf decken könne. Ehebedingte Nachteile habe sie nicht erlitten.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 27.4.1995 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1995 und 1998 geborene Kinder hervorgegangen, die im Haushalt ihrer Mutter lebten. Die Parteien trennten sich im Mai 2003 und waren seit Januar 2007 rechtskräftig geschieden.
Der Kläger begehrte den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab März 2008.
Aufgrund des Urteils des OLG vom 7.2.2007 war er auf der Basis einer konkreten Bedarfsberechnung zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 1.156,00 EUR verpflichtet. Dass diesem Vortitel zugrunde liegende Einkommen erzielte die Beklagte seinerzeit und gegenwärtig aus einer halbschichtigen Tätigkeit als Flugbegleiterin bei der Lufthansa. Die bedarfsdeckende Anrechnung eines Wohnwertes i.H.v. monatlich 1.400,00 EUR hatte ihren Grund darin, dass sie nach der Trennung mit den Kindern in der ehemaligen Ehewohnung, einem großzügigen Einfamilienhaus, dessen Alleineigentümer der Kläger war, verblieben war und dieses seither - vom Kläger geduldet - unentgeltlich nutzte. Im März 2009 zog die Beklagte mit den Kindern um und bewohnte seit April 2009 eine Mietwohnung.
Das FamG hat den Vortitel dahingehend abgeändert, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau im Umfang des Aufstockungsunterhalts (308,00 EUR) bis zum 31.01.2013 befristet wird. Die weitergehende Klage wurde abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wandten sich beide Parteien mit ihren Berufungen.
Beide Rechtsmittel erwiesen sich nur als teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Beklagte habe weiterhin Anspruch auf nachehelichen Unterhalt mindestens in Höhe des titulierten Betrages von monatlich 1.156,00 EUR. Ausgenommen sei die Zeit von März 2008 bis einschließlich März 2009. Für diesen Zeitraum sei der Unterhaltsanspruch auf monatlich 630,00 EUR abzusenken.
Der Unterhaltsanspruch ergebe sich aus § 1570 BGB (Betreuungsunterhalt), soweit die Beklagte aufgrund der Kinderbetreuung an einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert sei und wegen der Differenz zwischen ihrem angemessenen Bedarf und dem Einkommen, das sie aus einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in ihrem Beruf erzielen könnte, aus § 1573 Abs. 2 BGB (Aufstockungsunterhalt).
Der Kläger könne sich auch nach den ab 1.1.2008 geltenden Änderungen im Unterhaltsrecht nicht auf eine ehevertragliche Regelung des nachehelichen Unterhalts berufen, die dem festgesetzten Unterhalt entgegenstehe.
Die Unterhaltsregelungen in § 3 des Ehevertrages vom 27.4.1995 könnten sein Abänderungsbegehren nicht stützen, weil sie gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig seien. An der in dem abzuändernden Titel (Vortitel) festgestellten Nichtigkeit der Regelungen ändere sich durch die ab 1.1.2008 geltenden Änderungen im Unterhaltsrecht nichts.
Ein bei seiner Vornahme sittenwidriges Rechtsgeschäft werde durch einen Wertungswandel nicht ibso jure gültig. Es bedürfe vielmehr einer Bestätigung, die hier nicht vorliege.
Der im Vortitel festgestellte konkrete Bedarf der Beklagten i.H.v. insgesamt 2.900,00 EUR gelte zunächst für die streitbefangene Zeit ab März 2008 fort. Eine Änderung des Bedarfs ergebe sich durch den Umzug in eine Mietwohnung ab April 2009. Von diesem Zeitpunkt an sei von einem konkreten Wohnbedarf i.H.v. monatlich rund 1.000,00 EUR auszugehen, der i.H.v. rund 200,00 EUR durch die in dem Kindesunterhalt enthaltenen Wohnkostenanteile gedeckt sei.
Das OLG errechnete ein durchschnittliches monatliches Einkommen der Beklagten i.H.v. 1.712,83 EUR, das um Steuerstattungen i.H.v. monatlich ca. 62,00 EUR im Wege der Schätzung zu erhöhen sei. Ein höheres Erwerbseinkommen sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Eine Obliegenheit zur vollschichtigen Ausweitung ihrer Tätigkeit, wie der Kläger unter Verweis auf § 1570 BGB fordere, bestehe derzeit nicht.
Eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit über das tatsächliche ausgeübte Maß hinaus ständen kind- und elternbezogene Gründe i.S.d. § 570 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 BGB entgegen.
Auch eine Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts gemäß § 1578 BGB kam nach Auffassung des OLG derzeit nicht in Betracht. Eine Befristung scheide bereits wegen einer nicht hinreichend klaren Prognose über den Umfang einer künftigen Erwerbsobliegenheit aus, die vom Umfang der notwendigen Kinderbetreuung abhängig sei. Weiterhin sei gegenwärtig nicht hinreichend sicher absehbar, ob infolge der Kindererziehung und Betreuung ehebedingte Nachteile eingetreten seien oder noch eintreten würden.
Auch eine Herabsetzung des Unterh...