Leitsatz
Die seit dem Jahre 1970 nach altem Recht geschiedenen Parteien stritten sich um die Abänderung eines Urteils zum nachehelichen Ehegattenunterhalt. Der Ehemann war seit dem Jahre 1970 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verpflichtet. Der Titel war in der Folgezeit mehrfach angepasst worden. Die Ehefrau beantragte Abänderung des zuletzt zum nachehelichen Unterhalt ergangenen Urteils des OLG Hamm aus dem Jahre 1995 wegen geänderter Einkommensverhältnisse und deswegen, weil ihre eigenen Renteneinkünfte nach der geänderten Rechtsprechung des BGH als Surrogat ihrer früheren Haushaltstätigkeit und Kindererziehung im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen seien.
Sachverhalt
Die Ehe der Parteien wurde im Jahre 1970 nach altem Eherecht aus Verschulden des Beklagten geschieden. Seither war er zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verpflichtet. Der Unterhaltstitel wurde in den Folgejahren mehrfach angepasst.
Zuletzt wurde der Ehemann durch Urteil des OLG Hamm vom 28.11.1995 zur Zahlung nachehelichen Unterhalts ab Mai 1995 i.H.v. 365,00 DM verurteilt. Dabei ging das Gericht von einem allein eheprägenden Einkommen des Beklagten und dem sich daraus ergebenden Bedarf der Klägerin aus. Hierauf rechnete es eigene Einkünfte der Klägerin voll bedarfsdeckend an. Die Klägerin bezog seit Mai 1999 Erwerbsunfähigkeitsrente und erhielt seit November 2001 Altersrente i.H.v. 1.087,51 DM nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Der Beklagte erhielt seit September 2001 eine Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 2.634,80 DM nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Zusätzlich erzielt er seit Februar 2002 eine Rente der VBL i.H.v. 328,85 EUR.
Die Klägerin beantragte Abänderung des Urteils des OLG Hamm wegen geänderter Einkommensverhältnisse und deswegen, weil ihre eigenen Renteneinkünfte nach der geänderten Rechtsprechung des BGH als Surrogat ihrer früheren Haushaltstätigkeit und Kindererziehung im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen seien. Das AG hat den Beklagten unter Abänderung des früheren Unterhaltstitels und unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in gestaffelter Höhe, zuletzt i.H.v. monatlich 420,98 EUR verurteilt.
Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG die Klage vollständig abgewiesen und die Revision wegen der Frage zugelassen, ob die geänderte Rechtsprechung des Senats zur Bewertung der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe auch auf Unterhaltsansprüche nach § 58 EheG anwendbar ist.
Die Revision hatte im Umfang der Anfechtung Erfolg und führte insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
Entscheidung
In seiner Entscheidung führt der BGH unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung zu § 58 EheG aus, dass der Begriff der ehelichen Lebensverhältnisse i.S.d. § 58 EheG mit demjenigen in § 1578 Abs. 1 BGB identisch ist. Dieser Wertung stehe auch der Wortlaut des § 58 EheG nicht entgegen. Soweit die frühere Rechtsprechung Unterhaltsansprüche nach § 58 EheG im Wege der Anrechnungsmethode ermittelt hat, beruhe dies nicht auf zwingenden Vorgaben des früheren Rechts, sondern auf der seinerzeit allgemein vorherrschenden Auslegung des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse. Auch die grundsätzlichen Unterschiede zum Unterhaltsanspruch nach § 58 EheG zum nachehelichen Ehegattenunterhalt nach den §§ 1569 ff. BGB hindern eine einheitliche Bewertung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht, weil sie sich im Wesentlichen auf die Anspruchsvoraussetzungen beschränken und deswegen keine zwingende Rückschlüsse auf die Rechtsfolgen zulassen. Der BGH weist in seiner Entscheidung ferner darauf hin, dass zur Bestimmung des Bedarfs die Differenz-Additionsmethode bei beiderseitigen Einkommensverhältnissen anzuwenden ist. Außerdem habe die Gleichwertigkeit von beruflicher Tätigkeit einerseits und Haushaltsführung sowie Kindererziehung andererseits, die die rechtfertigende Grundlage zur Surrogatslösung darstelle, nach dem Verständnis des Art. 3 Abs. 2 GG bereits zuzeiten des § 58 EheG gegolten.
Hinsichtlich der Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse führt der BGH aus, dass nacheheliche Entwicklungen nicht eheprägend seien und deshalb in die Bedarfsbestimmung nicht einfließen. In dem zu entscheidenden Fall bezog sich dies auf eine VBL-Rente des unterhaltspflichtigen Ehemannes, die erst aufgrund einer Beschäftigung nach Eintritt der Rechtskraft der Ehescheidung erlangt wurde. Gleiches gilt für die Rentenanteile aus Kindererziehungszeiten der unterhaltsberechtigten Ehefrau für ein Kind, das nach Rechtskraft des Ehescheidungsurteils geboren wurde.
Hinweis
Die Anwendung der Differenz-Additionsmethode auf "Alt-Unterhaltsfälle" des § 58 EheG dürfte wegen des zwischenzeitlichen Zeitablaufs seit In-Kraft-Treten des 1. EheRG kaum noch Bedeutung haben.
Von praktischer Bedeutung dürften allerdings die Ausführungen des BGH zur Bestimmung der Einkommensverhältnisse bei nicht vorh...