Leitsatz

In dieser Entscheidung hat der BGH sich damit auseinandergesetzt, ob eine Verwirkung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt darin begründet sein kann, dass die Ehefrau ihre Zweifel an der biologischen Vaterschaft des Ehemannes diesem nicht offenbart hat.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten über die Abänderung einer notariellen Urkunde über nachehelichen Unterhalt, der zuletzt 2005 einvernehmlich auf 1.500,00 EUR monatlich abgeändert worden war.

Der Kläger begehrte den Wegfall seiner Verpflichtung ab November 2006, da die Beklagte ihren 1984 geborenen Sohn außerehelich gezeugt und es auch im Scheidungsverfahren unterlassen habe, ihn darauf hinzuweisen.

Ein gerichtlich eingeholtes Abstammungsgutachten hatte ergeben, dass die Vaterschaft des Ehemannes ausgeschlossen war. Die Ehefrau hatte keine positive Kenntnis von der anderweitigen Vaterschaft.

Das AG hat der Klage nach Einholung des Abstammungsgutachtens stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Unterhalt lediglich herabgesetzt und i.H.v. monatlich 400,00 EUR ab November 2006 bestehen lassen.

Hiergegen wandten sich beide Parteien mit ihrer jeweiligen Revision, mit der der Kläger eine vollständige Versagung des Unterhalts und die Beklagte die Abweisung der Klage weiterverfolgte.

Die Rechtsmittel beider Parteien blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG.

Die Revision des Klägers sei unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats könne sich die Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung nicht aus dem Entscheidungstenor, sondern auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2003 - XII ZR 109/01, FamRZ 2004, 612 Rz. 7 und BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rz. 10 f. jeweils m.w.N.).

Das Berufungsgericht habe die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob die Rechtsausübungssperre weitergehende Ausnahmen zulassen, als sie bislang von der Rechtsprechung des BGH anerkannt worden seien. Hierbei handele es sich zwar um eine Rechtsfrage, auf die für sich genommen die Revisionszulassung nicht beschränkt werden könne. Etwas andere gelte aber, wenn sich die Rechtsfrage auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehe, auf den auch die Revision beschränkt werden könnte (vgl. BGH BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rz. 11 m.w.N. und BGHZ 153, 358, 360 ff. = FamRZ 2003, 590 f.).

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die vom Berufungsgericht zugelassene Ausnahme von der Rechtsausübungssperre des § 1599 Abs. 1 BGB beschwere nur die Beklagte und betreffe einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes. Von der Klärung der Rechtsfrage sei nur die Herabsetzung des Unterhalts von monatlich 1.500,00 EUR auf 400,00 EUR abhängig. Die vom Kläger darüber hinaus erstrebte vollständige Versagung des Unterhalts sei dagegen vom Berufungsgericht ohne Rücksicht auf die fragliche Ausnahme von der Rechtsausübungssperre abgelehnt worden.

In der Sache selbst kam der BGH zu dem Ergebnis, der Ehebruch der Beklagten alleine führe nicht dazu, dass ihr Unterhaltsanspruch gemäß § 1579 Nr. 7 BGB verwirkt sei. Ein solcher Ehebruch begründe erst bei Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten Verhältnisses eine grobe Unbilligkeit. Von einer solchen sei auch dann auszugehen, wenn über den Ehebruch hinaus weitere, dem Berechtigten unzumutbare Umstände vorlägen.

Letzteres hat der BGH für den Fall als erfüllt angesehen, dass die Ehefrau das Kind beim Ehebruch gezeugt und ihren Mann in dem Glauben gelassen habe, er allein komme als Vater des Kindes in Frage. Allein das Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stelle ein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten dar, soweit wenigstens bedingter Vorsatz vorliege. Ein solcher reiche aus, d.h. die Ehefrau müsse lediglich mit der Nichtvaterschaft des Ehemannes gerechnet haben.

Die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme über die Abstammung des Sohnes sei nicht zu beanstanden. Die Sperrwirkung nach § 1599 Abs. 1 BGB betreffe nur das materielle Recht, nicht aber das Beweisverfahren als solches.

Unschädlich sei, dass der Kläger die Vaterschaft in einem Statusverfahren nicht angefochten habe und weiterhin rechtlicher Vater des Kindes sei. Sei die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann unstreitig, könne die Geltendmachung der fehlenden leiblichen Abstammung im Rahmen des Härtegrundes gemäß § 1579 BGB berücksichtigt werden. Dies gelte ebenso, wenn die leibliche Vaterschaft des Ehemannes in zulässiger Weise durch übliche Beweisaufnahme ausgeschlossen worden sei.

Die feststehende rechtliche Vaterschaft stelle keinen Hinderungsgrund für die Aufklärung der biologischen Abstammung dar. Der Gesetzgeber habe das so genannte Abstammungsklärungsverfahren nach § 1598a BGB eingeführt, das von dem rechtlichen Status unabhängig sei. Das Gesetz räume damit dem Familienfrieden und einer bewusst nicht aufgeklärten biologischen Abstammung nicht mehr den Vorrang ein. Voraussetzung sei aber, dass der rechtliche Vater als einer der Klärungsberechtigten ...

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