Leitsatz
Ist die Zusammenarbeit zwischen zwei Geschäftsführern einer GmbH wegen eines unheilbaren Zerwürfnisses nicht mehr sachgerecht möglich, kann derjenige abberufen werden, der durch sein nicht notwendigerweise schuldhaftes Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat.
Sachverhalt
Die Beklagte, eine Zweipersonen-GmbH, betrieb eine Seniorenresidenz. Der Kläger, ein Rechtsanwalt, war als Geschäftsführer mit den wirtschaftlich/kaufmännischen Aufgaben der GmbH betraut. Seine Gegenspielerin, eine Krankenschwester, betreute, ebenfalls als Geschäftsführerin, die technisch/fachliche Seite. Die beiden waren die einzigen Gesellschafter, die Beklagte mit einem Anteil von 65 % .In der Gesellschafterversammlung vom 10.7.2006 wurde der Kläger aus wichtigem Grund als Geschäftsführer abberufen. Sein Geschäftsführervertrag wurde fristlos gekündigt. Begründung: Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten.
Hiergegen klagte der Abberufene. Das LG Potsdam wies seine Klage ab. Das OLG gab dem Kläger Recht und lies eine Revision nicht zu. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das OLG zurück. Nach dem Vortrag der Beklagten hatte der Kläger seine Buchführungspflichten gröblich verletzt und Jahresabschlüsse nicht beim Finanzamt eingereicht. Auch habe er es unterlassen, innerhalb der handelsrechtlichen Frist den Jahresabschluss dem Verpächter des Firmengrundstücks vorzulegen. Die Verpflichtung hierzu ergab sich aus dem Pachtvertrag, wonach die Höhe des Pachtzinses von der Höhe des Abschlusses abhängig war. Die Nichtvorlegung habe die Kündigung des Pachtvertrags verursacht.
Diesem Sachvortrag der Beklagten hätte das Berufungsgericht nach Auffassung des BGH unbedingt nachgehen müssen.
- Die Nichterfüllung der Buchführungspflichten bzw. die verspätete Vorlage der Jahresabschlüsse stellen hiernach eine schwerwiegende Verletzung der Geschäftsführerpflichten dar. Sollte es hierfür Gründe gegeben haben, so hätte der Kläger diese mit seiner Mitgeschäftführerin erörtern müssen.
- Auch eine fehlende Dialog- und Kooperationsbereitschaft kann ein Fehlverhalten darstellen, das wesentlich zu einem Zerwürfnis beitragen kann.
Im Ergebnis hat das Berufungsgericht durch die nicht hinreichende Würdigung des entscheidungserheblichen Sachvortrags der Beklagten gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen.
Hinweis
Ein wichtiger Grund für einen Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters liegt vor, wenn die Person oder das Verhalten des auszuschließenden Gesellschafters die Erreichung des Gesellschaftszwecks erheblich gefährdet oder sogar unmöglich macht und der Verbleib des Gesellschafters im Rahmen einer Gesamtwürdigung untragbar erscheint.
Als personenbedingte Gründe kommt z.B. bei Familiengesellschaften ein Verlust der Familienzugehörigkeit als wichtiger Grund in Betracht.
Verhaltensbedingte Gründe können z.B. schwere Treuepflichtverletzungen, viele kleinere Pflichtverstöße, die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses oder eine treuwidrige Konkurrenztätigkeit sein. Keine wichtigen Gründe sind hingegen regelmäßig
- private Verhaltensweisen
- vereinzelten Überschreitungen von Gesellschafterrechten
- eine unternehmerische Fehlentscheidung oder
- die gerichtliche Geltendmachung von Gesellschafterrechten oder Forderungen gegen die GmbH.
Ein Ausschluss kommt nur als Ultima Ratio in Frage. Eine andere, gleich erfolgreiche Maßnahme darf zur Lösung des Konflikts also nicht möglich sein. Als mildere Mittel kommen z.B. in Betracht:
- die Übertragung des Gesellschaftsanteils auf einen Treuhänder,
- der Entzug von Sonderrechten oder
- die Einziehung eines anteiligen Gesellschaftsanteils zur Vermeidung einer querulatorisch ausgeübten Sperrminorität in Frage.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss v. 12.1.2009, II ZR 27/08.