Leitsatz
Die Parteien stritten über das Sorgerecht für ihre beiden Kinder. Sie waren nicht miteinander verheiratet und hatten zwei im Oktober 1997 und September 2001 geborene gemeinsame Kinder. Bis zu ihrer Trennung im September 2004 lebten die Parteien mit ihren Kindern in Italien. Im Dezember 2004 trafen sie eine privatschriftliche Vereinbarung, wonach der Mutter das Sorgerecht für die minderjährigen Kinder zustehen sollte.
Im Jahre 2005 heiratete die Mutter ihren jetzigen Ehemann. Im März 2006 leitete sie ein Verfahren vor dem Jugendgericht in Italien ein. Während des dort laufenden Verfahrens verzog sie mit den Kindern nach Deutschland. Im Januar 2007 übertrug das Jugendgericht in Italien dem Vater vorläufig die elterliche Sorge und gab der Mutter auf, die Kinder sofort nach Italien zurückzubringen. Der Vater beantragte im Februar 2007 beim AG Celle die Rückführung der Kinder nach Art. 12 HKÜ sowie die sofortige Vollstreckung der in Italien getroffenen Rückführungsentscheidung nach der Brüssel IIa-VO. In der Beschwerdeinstanz hat das OLG Celle den Rückführungsbeschluss des AG Celle aufgehoben und den Rückführungsantrag zurückgewiesen. Noch vor dieser Entscheidung beantragte die Mutter Ende Februar 2007 bei einem FamG in Deutschland, ihr die elterliche Sorge für die beiden Kinder zu übertragen. Diesem Antrag wurde durch Beschluss des AG Meppen vom 13.8.2007 stattgegeben.
Zwischenzeitlich hatte der Vater in Italien eine Sorgerechtsentscheidung herbeigeführt und zu deren Vollstreckung ein neues Verfahren nach der Brüssel IIa-VO beim AG Celle eingeleitet. Dieser Antrag ist der Mutter, die inzwischen mit den Kindern nach Schleswig-Holstein gezogen war, an ihrem neuen Wohnsitz zugestellt worden. Das AG Celle hat sich daraufhin für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das AG Flensburg verwiesen. Das AG Flensburg hat die Sache gemäß §§ 10, 12 IntFamRVG an das AG Schleswig abgegeben. Der Vater wandte sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des AG Meppen, mit dem die elterliche Sorge auf die Mutter übertragen worden war.
Das Rechtsmittel führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abgabe an das AG Schleswig als das nach § 13 Abs. 1 IntFamRVG zuständige Gericht.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das AG Meppen habe im August 2007 als örtlich unzuständiges Gericht entschieden. Nach Auffassung des OLG hätte es das Sorgerechtsverfahren nach § 13 Abs. 3, Abs. 1 IntFamRVG an das AG Celle von Amts wegen abgeben müssen.
Die komplexen Sonderregelungen der örtlichen Zuständigkeiten in §§ 12, 13 IntFamRVG konzentrierten in den Verfahren nach §§ 11, 10 IntFamRVG die örtliche Zuständigkeit bei einem AG pro LG-Bezirk, dem sog. Konzentrationsgericht.
Soweit § 13 Abs. 3 IntFamRVG eine Abgabepflicht für ein anderes nach § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO befasstes FamG postuliere, sei diese Vorschrift auch im Beschwerdeverfahren zu beachten, und zwar in der Weise, dass § 13 Abs. 3 IntFamRVG§ 621e Abs. 4 ZPO insoweit verdränge.
Die Zuständigkeit des Konzentrationsgerichts sei von Amts wegen auch in der Beschwerdeinstanz zu beachten, denn Zweck der Konzentration sei es, eine einheitliche Zuständigkeit des Konzentrationsgerichts für alle das Kind betreffenden FGG-Verfahren zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen sowie eine zügige Bearbeitung durch einen umfassend informierten Richter mit besonderer Fachkunde für Rechtsfälle mit Auslandsbezug zu gewährleisten.
Soweit im vorliegenden Fall ein weiterer Antrag nach § 10 IntFamRVG beim AG Schleswig anhängig sei, sei § 13 IntFamRVG dahin auszulegen, dass in einem solchen Kollisionsfall das Rechtsmittelgericht die Sache an das für den neuen Wohnsitz nach §§ 12,13 Abs. 1 IntFamRVG zuständige AG abzugeben habe.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 27.11.2007, 2 UF 110/07