Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten sich um die Höhe des von der Ehefrau zu zahlenden nachehelichen Unterhalts, der zuletzt im Wege der Abänderungsklage i.H.v. monatlich 697,00 EUR zugunsten des Ehemannes tituliert worden war. Infolge der Titulierung war das von dem Ehemann bis dahin bezogene Arbeitslosengeld II, das in dem Urteil subsidiär behandelt und in die Unterhaltsberechnung nicht einbezogen worden war, entfallen und damit auch die ihm bis dahin bewilligte Krankenversicherung. Seit dem 1.4.2005 zahlte er einen Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 122,94 EUR und machte diesen Betrag im Wege der (Zusatz-) Klage ab Mai 2005 gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau geltend.
Die von ihm für den beabsichtigten Klageantrag beantragte Prozesskostenhilfe wurde nicht gewährt. Zur Begründung führte das erstinstanzliche Gericht aus, der Kläger habe seinerzeit den vollen Unterhaltsbedarf geltend gemacht und sei nunmehr an der Erhebung von Zusatz- und Nachforderungsklagen gehindert. Der verlangte Krankenversicherungsunterhalt sei als unselbständiger Teil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs zu werten.
Die hiergegen von dem Kläger eingelegte Beschwerde hatte beim OLG in der Sache vorläufig Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an die Vorinstanz.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Kläger im Vorverfahren den vollen ihm zustehenden Unterhalt geltend gemacht und nicht etwa nur Teilklage erhoben hatte. Aufgrund dessen könne er nunmehr nicht im Wege der ergänzenden Erstklage weitere Teile des ihm nach seiner Behauptung zustehenden Unterhalts geltend machen. Dies gelte auch für den Vorsorgeunterhalt, der als unselbständiger Teil des einheitlichen Unterhaltsanspruch zu bewerten sei. Für "vergessenen" Vorsorgeunterhalt sei anerkannt, dass dessen nachträgliche Geltendmachung auch nicht die Voraussetzungen einer Abänderungsklage erfülle, wohl aber könne er, wenn eine Abänderungsklage aus anderen Gründen veranlasst und zulässig sei, in diesem Verfahren erstmalig geltend gemacht werden. Vorliegend ergäbe sich jedoch eine abweichende Beurteilung daraus, dass der verlangte Krankenvorsorgeunterhalt erst nach Erlass des Urteils im Vorprozess entstanden ist. In einem solchen Fall begründe diese nachträgliche Veränderung selbst die Voraussetzungen einer Abänderungsklage. Nachdem der Kläger im Beschwerdeverfahren ausdrücklich klargestellt habe, dass er für diesen Fall die Klage umstellen werde, hierdurch keine schützenswerten Belange der Beklagten verletzt würden und auch im Übrigen alle Prozessvoraussetzungen für eine Abänderungsklage vorlägen, stehe dies der Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Klägers nicht entgegen.
Es komme - entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts - auch nicht darauf an, ob der Kläger zum maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess hätte voraussehen können und müssen, dass ein solcher Krankenvorsorgebedarf entstehen könnte. Die Prognose gleichbleibender Verhältnisse nehme an der Bindungswirkung der Urteilselemente für ein späteres Abänderungsverfahren nicht teil. Maßgehend hierfür sei nicht, was vorhersehbar war, sondern was vorhergesehen worden sei. Vorliegend sei außer Zweifel, dass weder Gericht noch Parteien vorhergesehen haben, dass als Folge des zugesprochenen Unterhalts und Wegfall der subsidiären Sozialleistungen Krankenvorsorgebedarf entstehen werde.
Hinweis
Der Praktiker im Unterhaltsprozess muss daran denken, ausdrücklich zu erklären, dass es sich bei dem im Prozess geltend gemachten Anspruch nur um eine Teilforderung handelt, wenn er sich die Möglichkeit der Erhebung einer Nachforderungsklage erhalten will. Hiervon wird in der Praxis selten Gebrauch gemacht, obgleich sich dieser Weg anbietet, wenn man als Prozessvertreter nicht einschätzen kann, ob man alle Möglichkeiten und Notwendigkeiten ausgeschöpft und gesehen hat.
Die Erhebung einer Teilklage beinhaltet kein Risiko und hält für die Zukunft alle Möglichkeiten offen.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.04.2006, 2 WF 110/06