Alexander C. Blankenstein
Die Regelung des § 640 Abs. 2 BGB hat in seiner seit 1. Januar 2018 geltenden Fassung zunächst folgenden Wortlaut: "Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis hat in Textform zu erfolgen."
Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
Das Werk muss fertiggestellt sein
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist von einer Fertigstellung dann auszugehen, "wenn das Werk nach der vertraglichen Vereinbarung der Parteien als "fertig" anzusehen ist. Dies ist der Fall, wenn die im Vertrag genannten Leistungen abgearbeitet beziehungsweise erbracht sind – unabhängig davon, ob Mängel vorliegen oder nicht." Von einer Fertigstellung ist also letztlich dann auszugehen, wenn die Wohnanlage und die Sondereigentumseinheiten entsprechend der Baubeschreibung errichtet sind.
Angemessene Fristsetzung
Der Unternehmer muss den Erwerbern eine angemessene Frist zur Abnahme des Werks gesetzt haben. Die Angemessenheit der Frist dürfte wie bei den bis 31. Dezember 2017 abgeschlossenen Bauverträgen zu beurteilen sein. Insoweit dürfte als angemessen eine Frist von 12 Werktagen gelten. Des Weiteren gilt diese Frist auch dann, wenn der Unternehmer eine kürzere Frist gesetzt hat.
Keine Abnahmeverweigerung
Verweigert der Erwerber lediglich die Abnahme pauschal, treten die Rechtsfolgen der fiktiven Abnahme ein, auch wenn die Erklärung fristgemäß erfolgt. Im Übrigen genügt die Nennung eines konkreten Mangels, um die Rechtsfolgen der fiktiven Abnahme nicht eintreten zu lassen. Die Abnahmefiktion tritt also ein, wenn
Benennt der Erwerber einen konkreten Mangel, kann er selbstverständlich weitere Mängel später noch reklamieren. Den konkreten Mangel muss er auch nicht im Detail beschreiben.
Mangel muss nicht wesentlich sein
Um die Rechtsfolgen einer fiktiven Abnahme nicht eintreten zu lassen, genügt nach dem Wortlaut des Gesetzes schlicht die Verweigerung der Abnahme unter Benennung wenigstens eines Mangels. Der Wortlaut setzt also nicht das Vorliegen eines wesentlichen Mangels voraus. Insoweit kann also die Abnahme auch dann verweigert werden, wenn ein unwesentlicher Mangel vorliegt.
Zu beachten ist freilich § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB, der auch für alle ab dem 1. Januar 2018 geschlossenen Bauverträge gilt. Hiernach kann die Abnahme nicht bei Vorliegen lediglich unwesentlicher Mängel verweigert werden. Insoweit liegt die Annahme nicht fern, der Gesetzgeber beziehe sich hinsichtlich der fiktiven Abnahme letztlich auf diese Bestimmung.
Indes verzichtet der Gesetzgeber bewusst auf eine entsprechende Differenzierung. Er ist der Auffassung, eine entsprechende Unterscheidung sei im Einzelfall schwierig und oftmals erst im gerichtlichen Verfahren festzustellen. Damit würde Unklarheit über den Eintritt der Abnahmefiktion entstehen. Gebe der Besteller nur offensichtlich nicht bestehende oder eindeutig unwesentliche Mängel an, könne dies allerdings rechtsmissbräuchlich sein.
Gesetzgeberisches Ziel mit der Neuregelung zur fiktiven Abnahme war gerade der Schutz des Auftragnehmers vor unberechtigter Abnahmeverweigerung. Ob dieses Ziel allerdings mit der Neuregelung verwirklicht wird, scheint zweifelhaft.
Unwesentlicher Mangel
Entgegen der Baubeschreibung sind im Bereich des Eingangspodests keine grauen Platten verlegt, sondern anthrazitfarbene. Aus diesem Grund verweigert ein Erwerber die Abnahme und Zahlung der Schlussrate. Der Bauträger erhebt Zahlungsklage gegen ihn.
Von einem Mangel wird man hier ausgehen können. Da lediglich eine optische Veränderung vorliegt, handelt es sich jedoch um einen unwesentlichen Mangel. Auch wenn die Abnahme nach der Vorschrift des § 640 Abs. 1 Satz 2 WEG wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigert werden darf, löst die Behauptung eines unwesentlichen Mangels die Abnahmefiktion des § 640 Abs. 2 BGB nicht aus.
Abnahmefiktion umfasst auch wesentliche Mängel
Vorteilhaft ist die Neuregelung für den Auftragnehmer freilich vor dem Hintergrund, dass die Abnahmefiktion auch dann eintritt, wenn tatsächlich wesentliche Mängel vorhanden sind. Reagiert also der Erwerber nicht auf ein Abnahmeverlangen des Bauträgers, so gelten Sonder- und Gemeinschaftseigentum als abgenommen, auch wenn wesentliche Mängel vorhanden sind. Freilich wirkt diese Abnahmefiktion bezüglich des Gemeinschaftseigentums wiederum nur zwischen dem jeweiligen Erwerber und dem Bauträger.
Aufklärungspflicht gegenüber Verbraucher...